Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 01.07.2005; Aktenzeichen 324 O 873/04)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 26.02.2008; Aktenzeichen 1 BvR 1602/07, 1 BvR 1606/07, 1 BvR 1626/07)

BGH (Urteil vom 06.03.2007; Aktenzeichen VI ZR 51/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 24, vom 1.7.2005 - 324 O 873/04 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 u. 2 ZPO:

1. Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, drei Fotos, die die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann in St. Moritz bzw. in Zürs im Urlaub zeigen, erneut zu veröffentlichen.

Die Klägerin ist einer breiten Öffentlichkeit als Tochter des ehemaligen F v.M bekannt. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "F i.S". In deren Ausgabe Nr. 19/02 wurde u.a. über den Gesundheitszustand des F v.M. und über den Urlaub der Klägerin berichtet. Illustriert wurde dieser Bericht u.a. mit einer der angegriffenen Fotografien, die die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann in den Skiferien auf der Straße in St. Moritz zeigt. In der Ausgabe Nr. 9/03 wurde erneut über einen Winterurlaub der Klägerin in St. Moritz berichtet, auch dieser Bericht wurde durch eine die Klägerin und ihren Ehemann auf öffentlicher Straße unter vielen Menschen zeigende Fotografie illustriert. In der Ausgabe 12/04 wurde über den bevorstehenden Rosenball in Monaco berichtet, wobei dieser Bericht wiederum u.a. mit einer Aufnahme illustriert wurde, welche die Klägerin und ihren Ehemann in einem öffentlichen, zur Skipiste hin oder von dieser weg führenden Lift zeigt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berichte und der Fotografien wird auf die als Anlagen K1, K 4 und K 7 eingereichten Artikel verwiesen.

Das LG hat zur Begründung seines Urteils ausgeführt, dass die Verbreitung der Fotos nach den §§ 22, 23 KUG unzulässig sei. Bei der Abwägung der zu schützenden Interessen der abgebildeten Person und des vermuteten Informationsinteresses der Öffentlichkeit überwiege der Schutz des Privatlebens, der sich insb. auch aus der Regelung des Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebe. Die deutschen Gerichte hätten die EMRK in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu beachten, auch wenn das BVerfG die Grenzen des Privatsphärenschutzes enger gezogen habe. Die Bindung deutscher Gerichte an die Rechtsprechung des BVerfG aus § 31 Abs. 1 BVerfGG stehe dem nicht entgegen, denn eine Bindung an die Ausführungen des BVerfG bestehe nur insoweit, als dieses Gesetze für verfassungswidrig oder verfassungsgemäß erkläre. Die Rechtsprechung des EGMR zum Umfang des Privatsphärenschutzes (OLG Hamburg vom 24.6.2004; dt. Übersetzung in NJW 2004, 2647 ff.) lasse sich in das Gefüge der von unbestimmten Rechtsbegriffen gekennzeichneten Regelung des Umfangs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, § 23 Abs. 2 KUG, Art. 8 EMRK einfügen; höherrangige Normen, insb. die grundgesetzlich geschützte Informationsfreiheit, stünden dem nicht entgegen. Folglich sei bei der Abwägung des Schutzes des Privatlebens gegen die Presse- und Informationsfreiheit im Rahmen des Bildnisrechts nach der Entscheidung des EGMR (EGMR, a.a.O., Rz. 78) darauf abzustellen, ob die Fotoaufnahmen zu einer öffentlichen Diskussion über eine Frage allgemeinen Interesses beitragen. Da eine solche Frage bei der streitgegenständlichen Berichterstattung nicht im Raum gestanden habe, sei dem Schutz der Privatsphäre der Klägerin der Vorrang einzuräumen.

Die Beklagte bekämpft die Verurteilung mit der form- und fristgemäß eingereichten Berufung und macht insb. geltend, dass die in Frage stehenden Bildveröffentlichungen in Hinblick auf die Regelungen in §§ 22, 23 KUG und die für die Beklagte streitende Pressefreiheit entsprechend der Rechtsprechung des

4 BVerfG zulässig seien. Auch bei unterhaltenden Beiträgen verbiete der Privatsphärenschutz prominenter Personen nach der Rechtsprechung des BVerfG Bildveröffentlichungen nur, wenn der Ort, an dem sich der Prominente bei der Erstellung der Fotografien aufgehalten habe, die Merkmale der Abgeschiedenheit aufgewiesen habe. An diese Rechtsprechung des BVerfG seien die nationalen Gerichte gebunden. Diese Voraussetzungen lägen bei den drei streitgegenständlichen Aufnahmen nicht vor. Die als Anl. K 1 und K 4 eingereichten Fotos beträfen - dies ist unstreitig - Situationen, bei denen sich die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann jeweils auf öffentlicher Straße in allgemein zugänglicher Öffentlichkeit im Urlaubsort St. Moritz befunden habe. Auch mit der als Anlage K 7 eingereichten Aufnahme sei eine Situation dargestellt, in der sich die Klägerin - dies ist wiederum unstreitig - zusammen mit ihrem Ehemann in einem öffentlich betriebe...

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