Entscheidungsstichwort (Thema)

Immobilienerwerb. Kaufvertrag. Darlehensvertrag. Einheit. Darlehen. Empfang

 

Leitsatz (amtlich)

Beim finanzierten Immobilienerwerb liegt grundsätzlich keine wirtschaftliche Einheit zwischen Kauf- und Darlehensvertrag vor. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn beide Verträge durch den gleichen Strukturvertrieb vermittelt wurden. Ist ein Verbraucherkreditvertrag nach dem HTWG widerrufen worden, ist der Darlehensnehmer grundsätzlich auch dann verpflichtet, an den Darlehensgeber die ausgezahlte Valuta zurückzuzahlen, wenn diese auf seine Weisung hin an einen Dritten geflossen ist.

 

Normenkette

HWiG 3; VerbrKrG 9 II

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-7 O 388/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17. Mai 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – Az. 2/7 O 388/01 – abgeändert. Die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau vom 2. August 2001 in Höhe von 23.727,58 DM sowie aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau vom 19. September 2001 in Höhe von 5.718,80 DM, beide betreffend Aktenzeichen 4 O 540/99, wird für unzulässig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung von Höhe von 110% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Die Klägerin wendet sich gegen die Vollstreckung aus zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen, nachdem sie mit einer Gegenforderung auf Rückzahlung eines Darlehens aufgerechnet hat. Es wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. Mai 2002, mit dem die Klage abgewiesen wurde. Gegen dieses ihr am 7. Juni 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Juni 2002 bei Gericht eingegangene und 6. August 2002 begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Darlehensvertrag und der Kaufvertrag über die Wohnung stellten kein verbundenes Geschäft dar. Sie wiederholt hierzu ihr ta tsächliches Vorbringen erster Instanz zum Fehlen der Voraussetzungen eines solchen verbundenen Geschäfts.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau vom 2. August 2001 in Höhe von 23.727,58DM sowie aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau vom 19. September 2001 in Höhe von 5.718,80 DM, beide betreffend Aktenzeichen 4 O 540/99, für unzulässig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das Bestreiten der Beklagten für unwirksam und vertritt die Ansicht, es liege ein verbundenes Geschäft vor.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegen die beiden Kostenfestsetzungsbeschlüsse eine Einwendung zu, die die Zwangsvollstreckung unzulässig macht (§§ 767, 795 ZPO). Die Klägerin hat insoweit wirksam mit einem ihr zustehenden Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta aus dem Darlehensvertrag vom 30. Oktober/ 2. November 1990 aufgerechnet. Ein dahingehender Anspruch steht ihr aus § 3 HTWG zu, nachdem der Vertrag wirksam nach § 1 HTWG widerrufen wurde (Senatsurteil vom 25. Oktober 2000, 9 U 59/00). Dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin steht weder § 9 II 4 VerbrKrG noch ein vergleichbare Regelung des AbzG oder ein allgemeiner Rechtsgedanke aus § 242 BGB entgegen. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Darlehensvertrag und der Kaufvertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung, für den die Darlehenssumme eingesetzt wurde, stellen kein verbundenes Geschäft dar. Beim finanzierten Immobilienerwerb ist nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich keine wirtschaftliche Einheit von Kaufvertrag und Darlehensvertrag anzunehmen, weil auch der rechtsunkundige und unerfahrene Laie merkt, dass Kreditgeber und Verkäufer verschiedene Personen sind (BGH NJW 2000, 3065; Becher, BKR 2002, 931). Der bloße Umstand, dass der Zweck des Darlehens in der Finanzierung des Immobilienerwerbs liegt, führt nicht zu einer Verflechtung im Sinne wirtschaftlicher Einheit. Erforderlich dazu sind vielmehr weitere Umstände, etwa das Überschreiten der Rolle des Finanzierers durch den Kreditgeber (BGH a.a.O.; BGH NJW 1996, 3414 und 3416 „Securenta- Entscheidungen III und IV”). Solche Umstände sind nicht schon darin begründet, dass Immobilienerwerb und Finanzierungsvertrag durch einen Strukturver- trieb vermittelt wurden. Entgegen der Ansicht des Beklagten (die sich auf die Entscheidungen des OLG Karlsruhe BKR 2003, 26,27 und OLG Oldenburg, BKR 2003, 28, 29 stützen kann) folgt aus den Securenta-Entscheidungen des BGH nichts anderes. Dort lag ein verbundenes Geschäft nicht wegen der Verwendung des Darleh...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge