Verfahrensgang

LG Marburg (Entscheidung vom 18.10.2010; Aktenzeichen 7 O 124/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.12.2012; Aktenzeichen VIII ZR 117/12)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 18. Oktober 2010 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Marburg abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Am 21. Juli 2004 erwarb der Beklagte von der Klägerin einen PKW1. Im Zuge dieses Kaufs schlossen die Parteien einen Kaufvertrag über den damaligen PKW des Beklagten PKW2. Die Parteien vereinbarten einen Kaufpreis von 19.000 Euro. In dem "Ankaufsschein für ein gebrauchtes Kraftfahrzeug" ist bei dem vorformulierten Text "Das Fahrzeug hat keine/folgende Unfallschäden erlitten" das Wort "folgende" durchgestrichen und das Wort "keine" unterstrichen.

Der Beklagte hatte das Fahrzeug durch schriftlichen Kaufvertrag vom 14. Mai 2003 (Bd. I Bl. 63 f. d. A.) von dem Autohaus A GmbH & Co. KG gekauft. Am 22. Dezember 2003 hatte der Beklagte mit dem Fahrzeug einen Verkehrsunfall erlitten. Beim Rückwärtsfahren aus einer Parklücke war ein Streifschaden an der rechten hinteren Tür und an der Seitenwand des Fahrzeugs des Beklagten entstanden, als der Unfallgegner während des Passierens des Beklagten seine Fahrzeugtür öffnete. Der Schaden wurde in einem Sachverständigengutachten mit 2.919,12 Euro brutto bewertet. Der Beklagte ließ den Schaden bei dem Autohaus B - nicht fachgerecht - reparieren, wofür ihm 819,89 Euro berechnet wurden. Das Fahrzeug wies augenscheinliche Instandsetzungsspuren auf, nämlich überlackierte Spuren von einer nicht fachgerecht ausgeführten Verschleifung einer Grundierung bzw. Verspachtelung und eine Vielzahl von Schmutzeinschlüssen in der Lackoberfläche. Auf diesen Unfallschaden will der Beklagte den Mitarbeiter der Klägerin, den Zeugen Z1, hingewiesen haben. Außerdem hatte das Fahrzeug zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt einen erheblichen Heckschaden erlitten, der ebenfalls nicht fachgerecht repariert worden war und von dem der Beklagte keine Kenntnis gehabt haben will.

Die Klägerin veräußerte das Fahrzeug durch schriftlichen Kaufvertrag vom 8. März 2005 (Bd. I Bl. 7 d. A.) zum Kaufpreis von 19.500 Euro an einen Herrn C. In dem Formularvertrag sind die Formulierungen "Zahl, Umfang und Art von Mängeln und Unfallschäden lt. Vorbesitzer" und "Dem Verkäufer sind auf andere Weise Mängel und Unfallschäden bekannt" jeweils mit "nein" angekreuzt.

Kurz nach dem Kauf rügte der Käufer C verschiedene Mängel am Fahrzeug sowie Unfallschäden. Vom Landgericht Limburg wurde die Klägerin zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rücknahme des Fahrzeugs verurteilt. Nach Einholung eines ergänzenden Gutachtens wurde die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der Sachverständige war zum Ergebnis gekommen, im vorderen Bereich des Fahrzeugs habe zwar ein Schadensereignis stattgefunden, es liege aber kein erheblicher Unfallschaden vor. Die durchgeführte Lackschichtdickenmessung ergebe aber ein Indiz für eine Nachlackierung der gesamten Karosserie. Von der Instandsetzung einer Eindellung an der Seitenwand hinten rechts sei auszugehen. Außerdem habe das Fahrzeug einen Unfallschaden im Bereich des Fahrzeughecks mit bleibenden Deformationen an der tragenden Karosse erlitten. Die Klägerin nahm das Fahrzeug gegen Zahlung von 19.421,56 Euro auf die Hauptforderung und 5.372,60 Euro auf Zinsen zurück. Die von ihr zu tragenden Kosten des Rechtsstreits belaufen sich auf 16.253,59 Euro.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten nunmehr gegen Rückgabe des Fahrzeugs Zahlung der von ihr an den Käufer C gezahlten Beträge sowie der ihr entstandenen Prozesskosten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, weil es sich davon überzeugt hat, dass der Beklagte bei Veräußerung des Fahrzeugs den Streifschaden arglistig verschwiegen habe. Da es sich nicht um einen Bagatellschaden gehandelt habe, habe eine Aufklärungspflicht bestanden.

Gegen das ihm am 22. Oktober 2010 zugestellte Urteil richtet sich der Beklagte mit seiner am 18. November 2010 eingelegten und nach entsprechender Verlängerung am 21. Januar 2011 begründeten Berufung.

Der Beklagte meint weiterhin, wegen des geringen Reparaturaufwandes habe er auf den Streifschaden nicht hinweisen müssen.

Der Streifschaden habe bei den Kaufverträgen auch keine Rolle gespielt. Der Zustand des Fahrzeugs sei für die Klägerin offenbar unerheblich gewesen. Unabhängig ...

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