Entscheidungsstichwort (Thema)

Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Urteils

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Unwirksamkeit eines Urteils oder einer sonstigen gerichtlichen Entscheidung kann mit der Feststellungsklage geltend gemacht werden, soweit im Einzelfall ein Feststellungsinteresse besteht (Anschluss an BGH NJW 1959, 723).

2. Ein Urteil ist nicht allein deshalb unwirksam, weil das Gericht die Unzulässigkeit der Klage wegen fehlerhafter Bezeichnung der Beklagten übersehen und nicht zu allen notwendigen Streitgenossen entschieden hat. Das Urteil bindet jedenfalls die Streitgenossen, gegen die es ergangen ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 62, 253 Abs. 2 Nr. 1, § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.08.2011; Aktenzeichen 2-13 O 18/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 04.04.2014; Aktenzeichen V ZR 110/13)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 26.8.2011 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abgewiesen wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil des LG ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft B-Straße ... in O1 und Eigentümer benachbarter Wohnungen. Der Beklagte beansprucht eine vor seiner Wohnung liegende, als Terrasse genutzte Dachfläche als Sondereigentum für sich, während die Klägerin die Ansicht vertritt, die Fläche sei dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen und werde vom Beklagten widerrechtlich genutzt. In einem früheren Rechtsstreit (2-13 O 256/08 LG Frankfurt/M. = 1 U 222/09 OLG Frankfurt), an dem u.a. die Parteien beteiligt waren, hat das LG durch Versäumnisurteil vom 9.7.2009 festgestellt, dass die Terrassenfläche Nr. 1, die der gemäß Teilungsplan mit Nr. 34 bezeichneten Wohnung im ... OG vorgelagert ist, im räumlichen Sondereigentum des hiesigen Beklagten steht. Der gegen das Versäumnisurteil gerichtete Einspruch wurde verworfen, die von der Klägerin und der Miteigentümerin A geführte Berufung gegen das zweite Versäumnisurteil durch Beschluss des Senats vom 11.10.2010 zurückgewiesen. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass das Versäumnisurteil vom 9.7.2009 unwirksam ist.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.

Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen.

Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung, das LG habe verkannt, dass sie ein berechtigtes Interesse an einer alsbaldigen Feststellung dazu habe, ob der Beklagte die Terrasse wie ein Sondereigentümer nutzen dürfe oder nicht. Das Versäumnisurteil sei unwirksam gewesen. Hinsichtlich der Feststellungsklage des damaligen Klägers (hiesigen Beklagten) seien die damaligen Beklagten, die übrigen Wohnungseigentümer, notwendige Streitgenossen gewesen; die damalige Klage hätte wegen der teilweise unrichtigen Bezeichnung der damaligen Beklagten als unzulässig abgewiesen werden müssen. Die im Vorprozess nicht beteiligten Wohnungseigentümer seien an das Versäumnisurteil nicht gebunden, weshalb dieses überhaupt nicht in Rechtskraft erwachsen könne. Es erzeuge nur den Rechtsschein eines Staatshoheitsaktes, der auch Jahre später beseitigt werden könne. Das LG habe im Versäumnisurteil zu Unrecht die Zulässigkeit der Klage offen gelassen und zur Sache entschieden. Im vorliegenden Rechtsstreit habe das LG seine Hinweispflicht verletzt.

Die Klägerin beantragt, das landgerichtliche Urteil abzuändern und festzustellen, dass das Versäumnisurteil des LG Frankfurt/M. vom 9.7.2009 - 2-13 O 256/08, unwirksam ist, hilfsweise unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Verfahrens den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des LG Frankfurt/M. zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung kostenpflichtig abzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Die Akte des o.g. Vorprozesses (2-13 O 256/08 LG Frankfurt/M. = 1 U 222/09 OLG Frankfurt) war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

B. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Nämliches gilt für die Klage. Das streitgegenständliche Versäumnisurteil ist nicht unwirksam.

I. Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken. Es ist anerkannt, dass die Unwirksamkeit eines Urteils oder einer sonstigen gerichtlichen Entscheidung mit der Feststellungsklage geltend gemacht werden kann, soweit im Einzelfall ein Feststellungsinteresse besteht (vgl. BGH NJW 1959, 723, 724; OLG Düsseldorf NJW 1986, 1763; MünchKomm/ZPO-Musielak, 4. ...

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