Leitsatz (amtlich)

1. Auch nach neuem Recht zählt eine Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts in aller Regel nicht zu den im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähigen Prozesskosten.

2. Entsprechend handelt es sich bei Abmahnkosten nicht um Kosten des Rechtsstreits, deren Erstattung im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden könnte.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 2400

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 29.11.2004; Aktenzeichen 2-3 O 568/04)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.030,25 Euro.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin macht geltend, dass aufgrund der vorprozessualen Abmahnung durch ihren Rechtsanwalt eine 1,3 Geschäftsgebühr (Nr. 2400 RVG-VV) angefallen sei. Nach hälftiger Anrechnung der Gebühr auf die im gerichtlichen Verfahren entstandene Verfahrensgebühr gem. Vorbemerkung 3, Abs. 4 RVG-VV begehrt die Antragstellerin im Ergebnis die Festsetzung einer 0,65 Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren. Die Rechtspflegerin hat die Geschäftsgebühr nicht als festsetzungsfähig angesehen, da es sich hierbei nicht um Prozess- bzw. Prozessvorbereitungskosten handele. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.

Der Einzelrichter hat gem. § 568 Abs. 2 ZPO die Sache dem Senat zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung übertragen.

II. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache aus den von der Rechtspflegerin bereits zutreffend dargelegten Gründen keinen Erfolg.

Der Senat hatte auf der Grundlage des alten Rechts, vor dem In-Kraft-Treten des RVG, bereits entschieden, dass eine Geschäftsgebühr nach § 118 BRAGO in aller Regel nicht zu den im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähigen Prozesskosten zähle (OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.12.2002 - 6 W 105/02, JurBüro 2003, 201). Bei dieser Einschätzung hat der Senat auch den Zuschnitt des Kostenfestsetzungsverfahrens berücksichtigt, das auf eine zügige, nach vereinfachten und klaren Grundsätzen zu treffende Entscheidung über die Entstehung und die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten ausgerichtet ist. Diese Erwägung spricht auch nach neuem Recht gegen eine Einbeziehung der Geschäftsgebühr, bei der es sich weiterhin um eine Rahmengebühr handelt, in das Kostenfestsetzungsverfahren.

Der Senat verkennt nicht das mit dem In-Kraft-Treten des RVG erheblich gestiegene Interesse an einer vereinfachten Titulierungsmöglichkeit für die Erstattung der Geschäftsgebühr, das darin begründet liegt, dass die Geschäftsgebühr jetzt nur noch teilweise auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet wird.

Das ändert aber nichts daran, dass die Geschäftsgebühr im Regelfall für eine Tätigkeit entsteht, die zunächst und primär der Prozessvermeidung dient. Daher fehlt die erforderliche Prozessbezogenheit (Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 104 Rz. 21 "Außergerichtliche Anwaltskosten"). Eine großzügigere Einbeziehung vorprozessualer Anwaltskosten, die auch Tätigkeiten zur Prozessvermeidung erfasst, erscheint im Hinblick auf die oben angesprochene Funktion und Eignung des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht sachgerecht. Die dem Erstattungsgläubiger damit auferlegten Erschwernisse hält der Senat für hinnehmbar, zumal sich auch der Gläubiger, der nach der Entstehung vorgerichtlicher Anwaltskosten vom Gegner klaglos gestellt wird, in keiner anderen Situation befindet.

Nach dem Gesagten handelt es sich auch bei Abmahnkosten nicht um Kosten des Rechtsstreits, deren Erstattung im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden könnte (Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 12 UWG, Rz. 1.91, m.w.N. auch zur Gegenansicht).

Ob schließlich eine Ausnahme dann gemacht werden kann, wenn der Erstattungsanspruch vom Gegner anerkannt oder nicht bestritten wird, muss im vorliegenden Fall nicht entschieden werden. Der Antragsgegner ist dem Kostenfestsetzungsantrag mit Schriftsatz v. 26.11.2004 entgegengetreten und hat hierbei auch geltend gemacht, dass die mit 1,3 in Ansatz gebrachte Geschäftsgebühr überhöht sei.

Die Antragstellerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hatte.

Gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO war die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die Frage, ob Abmahnkosten im Kostenfestsetzungsverfahren als Kosten des Rechtsstreits erstattungsfähig sind, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten und hat im Hinblick auf die mit dem In-Kraft-Treten des RVG geänderte Rechtslage, insb. zur Anrechenbarkeit der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr, für eine Vielzahl künftiger Fälle erhebliche Bedeutung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1328940

NJW 2005, 759

GRUR 2005, 360

JurBüro 2005, 202

RVGreport 2005, 156

KammerForum 2005, 132

OLGR-West 2005, 732

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