Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 17 O 36/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15. Juni 2000 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Das Rechtsmittel der Beklagten, mit welchem sie ihre Verurteilung zur Zahlung (12.250,00 DM nebst Zinsen) bekämpft, hat Erfolg. Das angefochtene Urteil muss abgeändert und die Klage abgewiesen werden, weil die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 15. Juli 1996 bis 31. Oktober 1996 keinen Mietzins mehr schuldet. Dabei lässt der Senat die unter den Parteien umstrittene, vom Landgericht zu Gunsten der Klägerin beantwortete Frage nach der Haftungsbegründung offen. Selbst wenn trotz der brandbedingten Unbrauchbarkeit der Mietsache im Streitzeitraum der Mietzinsanspruch nicht schon gemäß § 537 Abs. 1 S. 1 BGB untergegangen sein sollte, ist er jedenfalls im Zuge der Kautionsabrechnung durch Erlassvertrag erloschen.

1. Zwischen den Parteien ist im Juni/Juli 1999 ein Erlassvertrag (§ 397 BGB) über die hier umstrittene Forderung aus dem Jahre 1996 zustande gekommen, und zwar als Bestandteil der Kautionsabrechnung, die die Parteien als „endgültige Abrechnung” (GA 78) betrachtet und anerkannt haben.

a) Auf der Grundlage des Abrechnungsangebots der Klägerin vom 12. April 1999 (GA 78) ist allerdings zunächst kein Vertrag geschlossen worden, weil das Angebot von der Beklagten innerhalb angemessener Annahmefrist (§ 147 Abs. 2 BGB), also noch innerhalb des Monats April 1999, nicht angenommen worden ist Das aus Rechtsgründen erloschene Angebot (§ 146 BGB) gilt allerdings als neues Angebot, wenn es verspätet angenommen wird, § 150 Abs. 1 BGB. So verhält es sich hier, nachdem die Beklagte das Schreiben am 22. Juni 1999 unterzeichnet an die Klägerin (bzw. ihren rechtsgeschäftlichen Vertreter) zurückgesandt hatte. Die Annahme des Angebots durch die Klägerin erfolgte konkludent, nämlich durch die Auszahlung des Abrechnungsbetrags (in zwei Teilbeträgen) an die Beklagte im. Juli 1999.

b) Der erlassvertragliche Bestandteil der Vereinbarung ergibt sich zwar nicht aus deren Wortlaut. Er ergibt sich aber aus den Umständen (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung der von den Parteien ersichtlich verfolgten Absichten. Der Mietvertrag war bereits zum Jahresende 1998 einverständlich beendet worden. Zweck der Abrechnung war es, alle bekannten oder jedenfalls für möglich gehaltenen gegenseitigen Ansprüche einzubeziehen. Das ergibt sich aus der Vorrede und den Abrechnungsposten im Schreiben vom 12. April 1999. Daraus lässt sich erschließen, dass die Parteien in der zurückliegenden Zeit über noch bestehende Ansprüche der Beklagten (auch aus dem Brandereignis von 1996) verhandelt hatten, ohne schon eine Einigung erzielt zu haben. Auch wenn die hier umstrittenen Ansprüche nicht ausdrücklich Verhandlungsgegenstand gewesen sein dürften, so war doch beiden Parteien bekannt gewesen, dass die Beklagte in dem streitigen Zeitraum keine Miete gezahlt hatte. Gleichwohl strebte die Klägerin die „endgültige Abrechnung” der Kaution an, wie es auch im Mietvertrag (§ 11 Abs. 8) vorgesehen war. In Satz 1 der Vertragsklausel heißt es, dass die Kaution erst nach „vollständiger Abwicklung der Geschäftsverbindung” erstattet werde. Die von der Klägerin formulierte und von der Beklagten aufgegriffene Formulierung im Abrechnungsschreiben diente deshalb nach dem Verständnis aus der Sicht eines mit den Verhältnissen vertrauten objektiven Beobachters einer endgültigen Auseinandersetzung jedenfalls aller bekannten Positionen. Die bekannte offene Mietposition machte die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht als Gegenforderung geltend, obwohl deren Höhe schon allein den Kautionsanspruch zum Erlöschen gebracht hätte. Aus der Sicht eines objektiven Betrachters wollte die Klägerin diesbezüglich endgültig keine Ansprüche geltend machen, zumal das Brandereignis in der Abrechnung berücksichtigt worden ist („zzgl. Versicherungszahlung Brandschaden”).

Dabei kommt es auf den im Schrifttum herrschenden Streit darüber, ob die bloße vorbehaltlose Rückzahlung der Kaution bereits den Verzichtswillen belege (so Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Nr. III Rn. 254; ders. Mietrecht aktuell, 3. Aufl. Rn 1351; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl. Rn. 1229; Fritz, Gewerberaummietrecht, 3. Aufl. Rn. 440, vgl. auch OLG München NJW-RR 1990, 20; kritisch dazu Lützenkirchen/Horst, Anwaltshandbuch Anm. K 390 und Bub/Treier/Scheuer, Handbuch der Wohn- und Geschäftsraummiete, 3. Aufl. Anm. V B Rn. 293) nicht an, weil hier eine ausdrückliche Erklärung zur Endgültigkeit abgegeben worden ist.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Rechtsstreit gibt dem Senat keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, § 546 ZPO.

Berufungsstreitwert (zugleich Beschwer der Klä...

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