Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Abschluss- und Stornogebühren bei Kündigung einer Kapitallebensversicherung

 

Normenkette

RBerG Art. 1 § 1; VVG § 172 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 14.05.2004)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.5.2004 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 9.264,89 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins auf 1.169,74 EUR ab dem 1.2.2002, auf weitere 4.243,25 EUR ab dem 1.4.2003 und auf weitere 3.851,89 EUR ab dem 19.7.2002 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist bundesweit als gemeinnütziger Verbraucherschutzverein auf dem Gebiet des Versicherungswesens tätig. Er hat die Beklagte in Prozessstandschaft für drei seiner Mitglieder, die ehemaligen Versicherungsnehmer der Beklagten R.H., A.P. und J.T., auf Auszahlung der Rückkaufswerte aus bei ihr abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen in Anspruch genommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er sodann Abtretungserklärungen von H. und T. vorgelegt. Eine Abtretungserklärung von P. hat er mit (nicht nachgelassenem) Schriftsatz vom 25.4.2005 nachgereicht.

Den Verträgen mit der Beklagten lagen deren Versicherungsbedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung zugrunde, und zwar bei H. des Gewinnverbands FD (LC 4.96), P. des Gewinnverbands FD (LC 7.95) und T. des Gewinnverbands FD (LC 5.00). Die jeweiligen Klauseln § 5 Nr. 2, § 6 Nr. 2 und § 17 ALB, die die beitragsfreie Versicherung, die Kündigung und die Ausgleichung der Abschlusskosten betreffen, waren nach den (in Prozessen mit anderen Versicherern ergangenen) Urteilen des BGH vom 9.5.2001 (BGH, Urt. v. 9.5.2001 - IV ZR 138/99, MDR 2001, 1057 = BGHReport 2001, 546 m. Anm. Hefermehl = VersR 2001, 839; Urt. v. 9.5.2001 - IV ZR 121/00, MDR 2001, 1055 = BGHReport 2001, 542 = VersR 2001, 841) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam. Deswegen wollte die Beklagte die Bestimmungen im Treuhänderverfahren nach § 172 Abs. 2 VVG durch inhaltsgleiche, aber leichter verständliche Bedingungen ergänzen bzw. ersetzen. Sie beauftragte einen Rechtsanwalt als Treuhänder mit der Überprüfung der von ihr neu konzipierten Regelungen. Dieser bestätigte ihr im August 2001 die Angemessenheit der verschiedenen Bedingungswerke. Darüber unterrichtete die Beklagte H. und T. unter dem 26.10.2001, wobei aber für H. Bedingungen beigefügt waren, die nicht für zum Gewinnverband FD (LC 4.96) gehörende Verträge bestimmt sind. In der Folge haben P. (30.11.2001), T. (1.5.2002) und H. (9.12.2002) ihre Versicherungsverträge gekündigt. P. hat behauptet, keine Benachrichtigung über die Neufassung der Bedingungen erhalten zu haben, und ist deshalb von der Beklagten darüber (erst- oder nochmals) mit der Klageerwiderung unterrichtet worden (loser Hefter C7). Ebenso hat die Beklagte dem Schriftsatz v. 28.2.2005 die für den Vertrag von H. gedachten neuen Bedingungen beigefügt. Bei der Berechnung der Rückkaufswerte, die die Beklagte außergerichtlich gezahlt hat (H.: 7.376,53 Euro, P.: 1.941,104 EUR und T.: 111,42 Euro, GA 94), hat sie - unter Berufung auf die neu gefassten Bestimmungen - die Abschlusskosten nach § 4 DeckRV "gezillmert" und einen Stornoabzug nach § 176 Abs. 4 VVG vorgenommen.

Das hält der Kläger nicht für gerechtfertigt, weil auch die neuen Bedingungen unwirksam seien. Abschlusskosten könne die Beklagte daher mangels wirksamer Vereinbarungen nur pro rata temporis verrechnen. Das Treuhänderverfahren sei nur für Risikolebensversicherungen vorgesehen und finde bei bereits gekündigten Versicherungsverträgen ohnehin keine Anwendung. Davon abgesehen verstoße § 172 Abs. 2 VVG gegen den im GG verankerten Grundsatz der Privatautonomie und gegen EG-Recht. Die von der Beklagten vorgenommene Abrechnung sei auch nicht durch ergänzende Vertragsauslegung zu rechtfertigen, da es dafür an einer Regelungslücke fehle. Schließlich seien auch die geänderten Bestimmungen (weiterhin) intransparent und unangemessen i.S.v. § 9 Abs. 2 AGBG a.F. und § 307 Abs. 2 BGB n.F.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.264,89 EUR zzgl. Jahreszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinsatz aus 4.243,25 EUR seit dem 1.4.2003, aus 1.169,74 EUR seit dem 1.2.2002 und aus 3.851,13 EUR seit dem 19.7.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, die zunächst unwirksamen Klauseln seien durch hinreichend transparente und wirksame neue Bestimmungen ersetzt worden. Das Treuhänderverfahren finde in allen Sparten der ...

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