Leitsatz (amtlich)

1. Die in der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 12 Abs. 2 EGBGB vorgesehene Rückwirkung ist auf den 1.1.2002 begrenzt, so dass die am 15.12.2004 in Kraft getretene 10-jährige Verjährungsfrist für Einlageforderungen erst ab diesem Zeitpunkt läuft.

2. Läuft die 30-jährigeVerjährungsfrist nach §§ 195, 198 BGB a.F. vor der am 1.1.2002 in Lauf gesetzten 10-Jahresfrist ab, so führt die entsprechende Anwendung des Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 2 EGBGB dazu, dass die Verjährung hiermit beendet ist.

 

Normenkette

GmbHG § 19 Abs. 6; EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4; EGBGB § 12

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Beschluss vom 09.09.2005; Aktenzeichen 11 O 48/05)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des LG Wuppertal vom 9.9.2005 abgeändert:

Dem Antragsteller wird für die beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt S. aus S. beigeordnet.

 

Gründe

Die gem. §§ 127 Abs. 2 S. 3, 567, 569 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet.

1. Die beabsichtigte Klage hat hinreichende Aussicht auf Erfolg.

1.1. Zu Recht wendet sich der Antragsteller gegen die Annahme des LG, die streitgegenständliche Einlageforderung sei nach dem am 15.12.2004 in Kraft getretenen § 19 Abs. 6 GmbHG verjährt, so dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung mit Blick auf die vom Antragsgegner erhobene Einrede der Verjährung keine Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO habe. Das LG hat insoweit verkannt, dass die in der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 12 Abs. 2 S. 2 EGBGB vorgesehene Rückwirkung auf den 1.1.2002 begrenzt ist.

1.1.1. Nach dem Verjährungsanpassungsgesetz verjähren Ansprüche gegen Gesellschafter auf Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in 10 Jahren ab ihrer Entstehung. Durch diese Regelung, die am 15.12.2004 in Kraft getreten ist, wollte der Gesetzgeber den Wertungswiderspruch beheben, der durch die Umstellung der Regelverjährung von 30 Jahren auf drei Jahre im Zuge der Schuldrechtsreform zum 1.1.2002 ggü. dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung entstanden war (vgl. nur BT-Drucks. 15/3653, 11, 16 re. Sp. unten).

Art. 229 § 12 EGBGB sieht insoweit vor, dass noch nicht verjährte Ansprüche, deren Verjährung sich nach Massgabe des bis zum 14.12.2004 geltenden Rechts nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem BGB bestimmt hat und für die durch das Gesetz zur Anpassung der Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts längere Verjährungsfristen bestimmt werden, nach den durch dieses Gesetz eingeführten Vorschriften verjähren. Für am 14.12.2004 noch nicht verjährte Einlageforderungen bedeutet dies gem. Art. 229 § 12 Abs. 1 S. 1 letzter HS. EGBGB, dass für sie nicht mehr die drei-, sondern die 10-jährige Verjährungsfrist gilt. Insoweit handelt es sich um eine Ausnahme zu Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB, nach dem im Falle des In-Kraft-Tretens einer längeren Verjährungsfrist die Verjährung grundsätzlich mit dem Ablauf der kürzeren Frist vollendet sein soll.

Art. 229 § 12 Abs. 2 S. 2 EGBGB sieht allerdings ergänzend vor, dass der vor dem 15.12.2004 abgelaufene Zeitraum in die Verjährungsfrist mit einzurechnen ist. Dabei ist indessen zu berücksichtigen, dass die Verjährung vor diesem Datum nach dem bis dahin geltenden Recht lief. Nach Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB galt die kurze Regelverjährung (§§ 195, 199 BGB) in den Fällen, in denen die alte 30-Jahresfrist (§ 195 BGB a.F.) am 1.1.2002 noch nicht abgelaufen war und auch bis zum 31.12.2004 nicht abgelaufen wäre. Diese Dreijahresfrist wurde frühestens ab dem 1.1.2002 berechnet und lief dementsprechend frühestens am 31.12.2004 ab. Schon von daher kann dann auch die 10-Jahresfrist erst ab dem 1.1.2002 berechnet werden. Dem entspricht auch der Wille des Gesetzgebers, der die - zu kurze - Verjährungsfrist des Anspruchsinhabers auf das erwünschte Gesamtmaß verlängern und in der Sache damit die Anpassung vornehmen wollte, wie sie schon bei der Einführung des neuen Verjährungsrechts hätte erfolgen können (BT-Drucks. 15/3653, 11, 16 re. Sp. unten; ebenso Thiessen, NJW 2005, 2120; i.E. ebenso: Wagner, ZIP 2005, 558 [560]; Sontheimer, DStR 2005, 834 [837 f.]). Jedes andere Verständnis würde auf einen vom Gesetzgeber nicht gewollten rückwirkenden Verjährungseintritt für all die Ansprüche hinauslaufen, in denen der vor dem 15.12.2004 verstrichene Zeitraum zehn oder mehr Jahre beträgt.

Allerdings darf der Gläubiger hierdurch nicht günstiger stehen, als er ursprünglich auf Grund der Verjährung nach §§ 195, 198 BGB a.F. stand. Daher muss in analoger Anwendung des Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 2 EGBGB ein Vergleich des Verjährungseintritts nach der am 1.1.2002 in Lauf gesetzten 10-Jahresfrist mit dem nach §§ 195, 198 BGB a.F. vorgenommen werden (s. a. Wagner, ZIP 2005, 558 [561]; Thiessen, NJW 2005, 2120 f.; Mansel/Budzikiewicz, NJW 2005, 321 [328]). Läuft die 30-Jahresfrist früher ab, so ist hiermit die Verjährung beendet.

1.1.2. Unter Anwendung dieser Grundsätze g...

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