Leitsatz (amtlich)

Eine Bank ist auch dann verpflichtet, den Anleger über ihr zugeflossene Rückvergütungen aufzuklären, wenn sich aus dem Prospekt über das Anlageobjekt (hier Medienfonds) ergibt, dass an eine mit der Bank nicht identische Vertriebsgesellschaft Provisionen für die Eigenkapitalvermittlung erhält. Dies gilt auch dann, wenn die Vertriebsgesellschaft - im Prospekt offen ausgewiesen - berechtigt ist, auch Dritte als Vertriebspartner einzusetzen.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 09.07.2009; Aktenzeichen 8 O 183/07)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 08.12.2011; Aktenzeichen 1 BvR 2514/11)

BGH (Beschluss vom 24.08.2011; Aktenzeichen XI ZR 191/10)

BGH (Beschluss vom 19.07.2011; Aktenzeichen XI ZR 191/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird das am 9.7.2009 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Hannover teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt,

a) an die Klägerin 26.250 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.7.2007 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung des Anteils in Höhe des Nominalbetrages von 25.000 EUR an der ... fonds ... x1 GmbH & Co. KG des Herrn Dr. J. F.,..., sowie

b) an die Klägerin weitere 14.875 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.7.2007 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung des Anteils in Höhe des Nominalbetrages von 25.000 EUR an der ... fonds x2 GmbH & Co. KG des Herrn Dr. J. F.,...

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin mit gleicher Fälligkeit den Betrag zu zahlen, der der Höhe nach der Schuld des Zedenten Dr. J. F. hinsichtlich der vorstehend unter Nr. 1. b) bezeichneten Beteiligung × aus dem Darlehensvertrag mit der Y-Bank, Darlehenskonto ..., spätestens zum 30.11.2014 entspricht.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.550 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.7.2007 sowie aus weiteren 1.550 EUR seit 15.4.2008 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 20 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes, Dr. J. F., auf Rückabwicklung der teilweise kreditfinanzierten Beteiligungen an zwei verschiedenen Film- und Medienfonds - dem ... fonds x1 GmbH & Co KG (im Folgenden x1 oder Fonds) und dem ... fonds x2 GmbH & Co KG (im Folgenden x2 oder Fonds) - und auf Schadensersatz in Anspruch.

Gegenstand der beiden als "Garantiefonds" beworbenen Fonds war die Finanzierung von Filmproduktionen und deren Vermarktung. Die Fondsgesellschaften sollten insoweit, jeweils vertreten durch ihre Komplementärin, Produktionsdienstleister mit der Durchführung der Filmherstellung beauftragen. Für jeden zu produzierenden Film sollte ein Lizenzvertrag mit einer Vertriebsgesellschaft (dem Lizenznehmer) abgeschlossen werden. Die Vergabe der Lizenzen sollte an eine Minimum-Garantie geknüpft werden, d.h. die Lizenznehmer sollten neben dem Vertrieb der Filmrechte eine Verpflichtung zur Erbringung einer Schlusszahlung an die Fondsgesellschaften übernehmen. Um diese Schlusszahlungen zu sichern, war jeweils eine Schuldübernahme einer Bank mit schuldbefreiender Wirkung für die Lizenznehmer vorgesehen. Voraussetzung für das Zustandekommen der Schuldübernahmeverträge mit den Banken war, dass diese von den Lizenznehmern mit einem Barwert unterlegt wurden. Zur Sicherstellung der vertragsgemäßen Verwendung und Auszahlung des Kommanditkapitals beauftragten die Fondsgesellschaften jeweils eine Steuerberatungsgesellschaft als unabhängigen Mittelverwendungskontrolleur, der die Freigabe von Mitteln, die die beitretenden Gesellschafter eingezahlt hatten, überwachen sollte.

In dem Verkaufsprospekt zu x1 (S. 68 f.) heißt es unter dem Punkt "Eigenkapitalvermittlungsvertrag": "Die Fondsgesellschaft hat die x-AG (im Folgenden x-AG) mit der Organisation und Abwicklung der Eigenkapitalvermittlung für die Eigenkapitalvermittlung beauftragt (...). Die x-AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen (...). Hierfür erhält die x-AG eine Vergütung i.H.v. 8,9 % des Kommanditkapitals. Das von den beitretenden Kommanditisten zu erbringende Agio i.H.v. 5 % ist eine zusätzliche Vergütung für die Eigenkapitalvermittlung (...)" Eine ähnliche Formulierung findet sich im Verkaufsprospekt zu x2 (S. 91). Weiter ist dort ausgeführt: "Für die Vermittlung der Anteile erhält die x-AG eine Vergütung in Höhe 4,9 % des platzierten Kommanditkapitals sowie das Agi...

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