Leitsatz (amtlich)

1. Ein Wertpapierhandelsunternehmen ist verpflichtet, Kunden über Rückvergütungen (kick-back Zahlungen), die dem Unternehmen durch den Verkauf einer Fondsbeteiligung zufließen, aufzuklären. Dies gilt auch beim Vertrieb konzerneigener Anlageprodukte.

2. Hat ein Anleger, etwa durch eine Fondsbeteiligung, besondere, außergewöhnlich hohe Steuervorteile erzielt, so sind diese auf den erlittenen Schaden vorerst anzurechnen. Der (möglichen) Versteuerung der Schadensersatzleistung kann durch die Feststellung Rechnung getragen werden, dass die Schadensersatzpflicht den Ausgleich etwaiger auf der Ersatzleistung beruhender, künftiger steuerlicher Nachteile umfasst.

 

Normenkette

BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 10.10.2008; Aktenzeichen 13 O 30/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 04.03.2010; Aktenzeichen XI ZR 228/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 10.10.2008 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des LG Hannover teilweise geändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.698,50 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 4,8 % für die Zeit vom 9.6.2001 bis zum 27.11.2007 sowie i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab dem 28.11.2007 zu zahlen,

Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus dem Besserungsschein der A. GmbH, M.-Straße, D.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, der aus steuerlichen Belastungen resultiert, die ihre Ursache in den aufgrund des vorliegenden Rechtsstreits zu erbringenden Schadensersatzleistungen der Beklagten haben.

3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 2.879,80 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 28.11.2007 zu zahlen.

4. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

7. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die beklagte Bank wegen eines behaupteten Anlageberatungsfehlers auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.

Durch Beitrittserklärung vom 9.6.2001 beteiligte sich der Kläger als Kommanditist mit einem Aufwand von 89.250 EUR (Beteiligung i.H.v. 85.000 EUR zzgl. 5 % Agio) an dem im Jahr 2001 von der Y. Fondsbeteiligungsgesellschaft mbH herausgegebenen Y. Fonds Nr. aaa. Zwischen der Herausgeberin des Beteiligungsangebots, bei der es sich um eine mittelbare Tochter der Beklagten handelt, und der Beklagten bestand eine Vereinbarung über die Vermittlung von Kommanditkapital. § 2 Nr. 1 dieser Vereinbarung bestimmt, dass die Y. der Beklagten für die im Rahmen dieses Vertrages übernommene Kommanditkapitalvermittlung eine Vergütung i.H.v. 5 % des vermittelten Kommanditkapitals gewährt. Durch Garantievertrag vom 21.2.2001, in dem die Beklagte die Platzierung der Fondsbeteiligungen verbindlich zugesichert hatte, war darüber hinaus vereinbart, dass die Y. der Beklagten hierfür eine Vergütung i.H.v. 3 % der Garantiesumme zahlte. Darüber hinaus kamen nach § 2 des Kapitalvermittlungsvertrages zusätzliche Vermittlungsgebühren für die jeweiligen Gebietszentralen der Beklagten bei Erfüllung vorgegebener Quoten in Betracht (vgl. Anlagen B 11, B 12). Deren Berechnung und Höhe ist zwischen den Parteien streitig.

Der Fonds, dessen Aufgabe es war, Filmprojekte zu finanzieren, schüttete in den Folgejahren keine Erträge aus. Auf das Angebot der A. GmbH, einer 100%igen Tochtergesellschaft der X.-Leasing und Immobilien AG (vgl. Angebotsschreiben Anlage B 13), veräußerte der Kläger dieser seinen Anteil für 22,7 % des eingesetzten Kommanditkapitals, mithin 19.295 EUR. Hierneben erhielt er von der A. GmbH einen Besserungsschein, der den Kläger an etwaigen künftigen Erlösen des Fonds beteiligt.

Der Kläger, der als langjähriger Kunde der Beklagten zwar in verschiedenen Formen Geldanlagen getätigt und der bereits im Jahr 1998 im Rahmen eines strukturierten Beratungsgesprächs seine Anlagestrategie als wachstumsorientiert bezeichnet hatte, was der vierthöchsten von insgesamt fünf Risikoklassen entsprach (vgl. Anlage B 9), begründet den von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruch mit der Behauptung, dem insoweit für ihn tätigen Berater der Beklagten L. sei bekannt gewesen, dass er eine zur Sicherung seiner Alterseinkünfte geeignete Anlage gesucht habe. Der Berater habe ihm gesagt, der streitgegenständliche Medienfonds sei eine sichere Anlage, der Kläger müsse nichts befürchten. Darüber hinaus stützt der Kläger seine Ansprüche darauf, dass ihn die Beklagte nicht über die Pro...

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