Leitsatz (amtlich)

§ 16 VI WEG ist nicht auf einen Eigentümer anwendbar, der trotz grundsätzlicher Zustimmungspflicht nach §§ 22 I, 14 Nr. 1 WEG einer bestandskräftig genehmigten baulichen Änderung nicht zugestimmt hat.

 

Verfahrensgang

AG München (Urteil vom 23.09.2010; Aktenzeichen 483 C 487/10 WEG)

 

Tenor

I. Das Urteil des Amtsgerichts München vom 23.09.2010, Az.: 483 C 487/10 WEG, wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

V. Die Revision wird bezüglich der Frage zugelassen, ob § 16 VI WEG auf einen Eigentümer anwendbar ist, der trotz grundsätzlicher Zustimmungspflicht nach §§ 22 I, 14 Nr. 1 WEG einer bestandskräftig genehmigten baulichen Änderung nicht zugestimmt hat.

VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.802,46 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts München vom 23.09.2010 (Bl. 25/34).

1. Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete WEG, die von der Beigeladenen verwaltet wird.

Auf der Eigentümerversammlung vom 07.11.2007 beschlossen die Eigentümer unter TOP 4 (16.2007) mehrheitlich, dass das gemeinschaftliche Schwimmbad saniert und zugleich durch Hinzunahme eines Teils der ehemaligen Hausmeisterwohnung erweitert werden sollte.

Unter TOP 4 (17.2007) beschlossen die Eigentümer sodann, dass zur Finanzierung eine Sonderumlage über 40.000 EUR erhoben werden soll, die nach Miteigentumsanteilen umgelegt werden solle; darüber hinausgehende Kosten sollten aus der Instandhaltungsrücklage entnommen werden.

Der Kläger hat bei beiden Beschlüssen nicht mitgestimmt. Er war auf der Versammlung nicht anwesend und auch nicht durch Vollmacht vertreten. Die Beschlüsse sind bestandskräftig.

Die beschlossene Maßnahme wurde in der Folgezeit durchgeführt, die Kosten von insgesamt 68.024,60 EUR (35.180,49 EUR Lohnkosten, 32.844,11 EUR Materialkosten) wurden in der Jahresabrechnung 2009 auf alle Eigentümer entsprechend ihrem Miteigentumsanteil umgelegt. Der auf den Kläger entfallenden Anteil beträgt demnach 8.617,99 EUR (4.457,51 EUR Anteil an Lohnkosten, 4.161,48 EUR Anteil an Materialkosten). Die Jahresabrechnung wurde am 20.04.2010 durch Beschluss Nr. 01.2010 genehmigt.

2. Gegen diesen Beschluss wandte sich der Kläger mit seiner Anfechtungsklage vom 19.05.2010 und hat beantragt, den Beschluss Nr. 01.2010 vom 20.04.2010 insoweit für ungültig zu erklären, als in den Einzeljahresabrechnungen 2009 die Positionen „Lohnkosten – Rep. Schwimmbad” sowie „Materialk. – Rep. Schwimmbad” genehmigt wurden. Der Kläger ist der Meinung gewesen, dass er nicht mit den Kosten, die auf die Schwimmbaderweiterung entfallen, belastet werden dürfe. Denn insoweit liege eine bauliche Änderung vor, der er nicht zugestimmt habe, so dass er gemäß § 16 VI WEG von der Kostentragungspflicht befreit sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägervertreters in der ersten Instanz verwiesen.

3. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben Klageabweisung beantragt. Sie sind der Meinung gewesen, dass die Kostentragungspflicht des Klägers schon daraus folge, dass durch den Beschluss vom 07.11.2007, Nr. 16.2007 die Verteilung der Kosten auf alle Eigentümer entsprechend ihren Miteigentumsanteilen endgültig und bestandskräftig beschlossen worden sei. Im übrigen sei § 16 VI WEG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Norm betreffe nämlich nur den Eigentümer, der von einer baulichen Maßnahme nicht betroffen werde und der deswegen gemäß § 22 I 2 WEG nicht zustimmungspflichtig gewesen sei. Der Kläger werde aber durch die Schwimmbaderweiterung in Sinne des § 14 Nr. 1 WEG betroffen und hätte also der baulichen Änderung gemäß § 22 I 1 WEG zustimmen müssen. Folglich sei § 16 VI WEG auf ihn nicht anwendbar. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagtenvertreters in der ersten Instanz verwiesen.

4. Das Amtsgericht hat am 14.09.2010 mündlich verhandelt. Mit Urteil vom 23.09.2010, dem Beklagtenvertreter zugestellt am 29.09.2010, hat es der Klage stattgegeben. Zur Begründung führte das Amtsgericht insbesondere aus, dass § 16 VI WEG auf einen Miteigentümer anwendbar sei, wenn dieser der baulichen Veränderung nicht zugestimmt habe, unabhängig davon, ob er nach § 22 I WEG zustimmungspflichtig gewesen wäre oder nicht. Auf das Urteil wird verwiesen (Bl. 25/34).

5. Gegen dieses Urteil legten die Beklagten über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 11.10.2010, Eingang am 12.10.2010, Berufung zum Landgericht München I ein.

Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag und weisen insbesondere darauf hin, dass der Finanzierungsbeschluss vom 07.11.2007, Nr. 17.2007, ihrer Meinung nach eine endgültige Kostenverteilung beinhalte. Ferner könne § 16 VI WEG nicht auf einen Eigentümer angewandt werden, der nach § 22 I WEG...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge