Tenor

  • 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 10.100,00 nebst Zinsen in Höhe von 4% p.a. vom 27.12.2006 bis zum 31.10.2008 und ab dem 01.11.2008 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, Zug um Zug gegen Übereignung des Lehman Brothers Zertifikats mit der ISIN zum Nennwert von EUR 10.000,00 zu zahlen.

  • 2.

    Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 genannten Zertifikats im Annahmeverzug befindet.

  • 3.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 837,52 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.02.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • 4.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  • 5.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der beklagten S. Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten im Rahmen einer Anlageberatung über den Erwerb von Zertifikaten der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers.

Der Kläger ist pensionierter Lehrer. Er verfügt über eine gewisse Erfahrung im Bereich der Geldanlage, hat jedoch in der Vergangenheit - bis auf den Erwerb einer Anleihe der niederländischen R. und einer Weihnachtszinsanleihe der D. Bank - eine als konservativ zu bezeichnende Anlagestrategie verfolgt, d.h. er hat sein Geld überwiegend festverzinslich oder in Immobilienfonds angelegt. Daneben verfügt er über einige Aktien der D. AG. Ende 2006 wurde ein Betrag von EUR 40.000,00, den der Kläger zuvor festverzinslich angelegt hatte, zur Wiederanlage frei. Davon ließ der Kläger EUR 20.000,00 seinem Sohn zukommen und legte EUR 10.000,00 festverzinslich an. Für weitere EUR 10.000,00 zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von EUR 100,00 erwarb der Kläger auf Empfehlung einer Kundenberaterin der Beklagten im Dezember 2006 Zertifikate der Investmentbank Lehman Brothers, die in Deutschland in größerem Umfang u.a. von der Beklagten vertrieben wurden.

Bei dem vom Kläger erworbenen Zertifikat handelt es sich um die so genannte "ProtectExpress"-Anleihe. Emittentin dieses Zertifikats ist die niederländische Lehman Brothers T. Co. B.V. mit Sitz in A.. Diese Gesellschaft ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Lehman Brothers U. H. (D.) Inc. Dieses Unternehmen wiederum befindet sich im 100% igen Anteilsbesitz der Muttergesellschaft des Lehman-Konzerns, der Lehman Brothers H. Inc., N.. Die Kreditwürdigkeit der Lehman Brothers H. Inc. wurde zum Emissionszeitpunkt des streitgegenständlichen Zertifikats im November 2006 von allen bekannten Rating- Agenturen als gut im Sinne einer hohen Bonität beurteilt (S. & P.: A+, M.: A1, F.: A+). Da die Emittentin, die Lehman Brothers T. Co. B.V., über kein eigenes Rating verfügte, übernahm die Lehman Brothers H. Inc. gegenüber allen Inhabern der Schuldverschreibung eine Garantie für die Rückzahlung der Anleihe.

Dem Erwerb des Wertpapiers durch den Kläger liegt ein Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zugrunde. Die Beklagte hatte die streitgegenständliche ProtectExpress- Anleihe ihrerseits zuvor selbst von der Emittentin Lehman Brothers T. Co. B.V. gekauft, und über ihren Eigenbestand an den Kläger weiter veräußert. Sie hat dabei das wirtschaftliche Risiko der Platzierung der Anleihe sowie das Risiko eines Wertverlusts der Anleihe zwischen Ankauf und Weiterveräußerung übernommen. Das streitgegenständliche Zertifikat wurde - wie es bei variabel verzinslichen Anleihen und Zertifikaten die Regel ist - von der Emittentin im Einvernehmen mit der Beklagten strukturiert. Für den Fall, dass die Beklagte die von der Emittentin übernommenen Zertifikate nicht an ihre Kunden veräußern konnte, durfte sie das Zertifikat an die Emittentin zurückgeben und musste es nicht in den Eigenbestand nehmen. Der hierfür von der Emittentin zu zahlende Preis hätte jedoch einen Abschlag vom Einstandspreis der Beklagten enthalten.

Das streitgegenständliche Zertifikat, bei dem es sich rechtlich um eine Schuldverschreibung gemäß § 793 BGB handelt, funktioniert im Wesentlichen wie folgt:

Mit der Kapitalüberlassung wird am anfänglichen Bewertungsstichtag, das ist im vorliegenden Fall der 21.12.2006, der Stand des sog. "Lehman Brothers Deutschland Dividend Basket" festgestellt. Hierbei handelt es sich um einen virtuellen Aktienkorb, der aus den 10 möglichst dividendenstärksten Titeln des DAX 30 Index besteht. Sollte der Aktienkorb am ersten Feststellungstag, das ist der 23.06.2008, auf mindestens 100% des Startwerts notieren, so wird ein Bonus von 10% gezahlt und der Anleger erhält sein Kapital ohne Ausgabeaufschlag sofort zurück. Sollte der Basket unter 100% notieren, so wird die Laufzeit zunächst bis zum zweiten Bewertungsstichtag , dem 21.12.2009, fortgesetzt. Sollte der Aktienkorb am zweiten Bewertungsstichtag auf mindestens 100% des Startwerts notieren, so wird ein Bonus von 20% gezahlt und der Anleger erhält sein Kapital ohne Ausgabeaufschlag zur...

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