Entscheidungsstichwort (Thema)

Beseitigung

 

Verfahrensgang

AG Schwäbisch Gmünd (Urteil vom 17.01.2002; Aktenzeichen 2 C 778/01)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Schwäbisch Gmünd vom 17.01.2002 abgeändert wie folgt:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert für beide Instanzen: 4.000,00 EUR

 

Tatbestand

I.

Der Kläger, der mit seiner Klage die Entfernung einer Vielzahl von Bäumen auf dem Grundstück der Beklagten, seiner Nachbarin, begehrt (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 2) hat diese Klage vor Durchführung der aussergerichtlichen Streitschlichtung erhoben (die Klage wurde am 9.8.2001 zugestellt, siehe Bl. 8). Während des Rechtsstreits am 9.11.2001 wurde die Schlichtung nachgeholt (vgl. die zwar nicht unterschriebene Erfolglosigkeitsbescheinigung der Rechtsanwältin Graf-Schilk vom 22.11.2001, Bl. 31 a/Anl. 2).

Das Amtsgericht Schwäbisch Gmünd hat hierauf am 17.01.2002 ein Zwischenurteil erlassen und darin festgestellt, dass das Schlichtungsverfahren durchgeführt worden sei mit der Begründung, dieses Verfahren könne nachgeholt werden bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 47/49).

Gegen dieses dem Beklagtenvertreter am 21.1.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.01.2002 Berufung einlegen lassen und vertritt die Ansicht, die Streitschlichtung müsse vor Erhebung der Klage stattfinden, weshalb die Klage unzulässig sei (vgl. Bl. 53/54).

Der Kläger hält die Klage für zulässig und beantragt deshalb die Berufung zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige, insbesondere rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unzulässig.

Bei dem Klageanspruch handelt es sich um einen solchen aus dem Nachbarrecht gem. § 15 a Abs. 1 Ziff. 2 EGZPO und § 1 Abs. 1 Ziff. 2 e des Schlichtungsgesetzes des Landes Baden Württemberg (SchlG.). Deshalb bedarf es nach diesen Vorschriften der Durchführung einer obligatorischen aussergerichtlichen Streitschlichtung. Nach Ansicht der Kammer ist diese vor Klageerhebung durchzuführen, was sich sowohl aus dem Wortlaut des § 15 a Abs. 1 EGZPO als auch aus dem des § 1 Abs. 1 SchlG. ergibt. Beide Vorschriften besagen nämlich, dass die Erhebung der Klage erst nach Durchführung des Schlichtungsverfahrens zulässig ist. Daraus ergibt sich, dass es sich bei der Durchführung der Schlichtung nicht um eine einfache Prozessvoraussetzung handelt, die erst am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung gegeben sein muss. Dies folgt auch daraus, dass nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SchlG. der Kläger die Bescheinigung über den erfolglosen Einigungsversuch mit der Klage einzureichen hat.

Da Zweck der aussergerichtlichen Streitbeilegung zum einen die Entlastung der Gerichte 1. Instanz bewirken und zum anderen die Möglichkeit für die Parteien eröffnet werden soll, eine aussergerichtliche Streitvermittlung zu erreichen, ist es auch unbedingt erforderlich, die Streitschichtung vor Klageerhebung durchzuführen. Wenn dieses obligatorische Streitschlichtungsverfahren überhaupt seinen Sinn erfüllen soll, kann dies nicht dadurch erreicht werden, dass man nach Klageerhebung den Parteien die Möglichkeit eröffnet, das zunächst vergessene Schlichtungsverfahren nachzuholen. Dadurch wäre nämlich die Erfolgsaussicht für diese Streitbeilegung von vornherein wesentlich geringer, weil der Kläger stets geneigt wäre, die Schlichtung schon deshalb scheitern zu lassen, um nicht seine Klage zurücknehmen oder mit der für ihn nachteiligen Kostenfolge für erledigt erklären zu müssen (vgl. dazu i.ü. auch AG Nürnberg NJW 01, 3489 und auch die der Entscheidung des Landgerichts Baden Baden WUM 201, 560 zugrundeliegende Amtsgerichtsentscheidung; das Landgericht Baden Baden hat im dort zu entscheidenden Fall die Klage nur deshalb für zulässig erachtet, weil eine Klageerweiterung auf über 1.500,00 DM vor Klageerhebung stattgefunden hat). Soweit Gummer (in Zöller, ZPO, 22. Aufl, § 15 a EGZPO RdZiff. 25) die nicht näher begründete Ansicht vertritt, die Zulässigkeit der Klage könnte durch Ruhen des Verfahrens und Nachholung des Schlichtungsverfahrens erreicht werden, vermag dem die Kammer nicht zu folgen.

Die vom Amtsgericht angesprochenen Fragen der Prozessökonomie sprechen ebenfalls nicht für die Zulässigkeit der Klage, weil das vom Amtsgericht gewählte Verfahren keine Entlastung darstellt, weil auch dort zwei Urteile erforderlich werden. Auch aus dem Blickwinkel der Prozessökonomie für die Parteien (Ersparung eines weiteren Rechtsstreits für den Kläger) ist deshalb keine Erleichterung zu erwarten, weil durch dieses Verfahren der Sinn der Streitschlichtung – wie oben dargestellt – zunichte gemacht würde. Die Klage war daher als unzulässig abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt den §§ 708 Ziff. 11, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da...

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