Verfahrensgang

AG Dresden (Beschluss vom 06.05.2008; Aktenzeichen 546 IN 273/02)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 03.12.2009; Aktenzeichen IX ZB 247/08)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dresden – Insolvenzgericht – vom 6. Mai 2008 und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden zurückgewiesen.

II. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 8 400 EUR.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Schuldnerin wendet sich gegen die Anordnung der Zusammenrechnung zweier Hinterbliebenen- und einer Altersrente.

Die Schuldnerin hat am 1. Februar 2002 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen sowie Restschuldbefreiung beantragt und ihre pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den vom Gericht in diesem Verfahren zu bestellenden Treuhänder abgetreten. Mit Beschluss vom 28. Februar 2002 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren zum 1. März 2002 eröffnet und den Beschwerdegegner zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin erhält von der L. eine Alters- und eine Hinterbliebenenrente von monatlich ca. 650 EUR bzw. 620 EUR sowie von der G. eine weitere Witwenrente von monatlich ca. 420 EUR. Den pfändbaren Teil aus den Renten der L. hat der Verwalter während des laufenden Insolvenzverfahrens vereinnahmt. Die Witwenrente der G. wurde bis Juni 2007 auf Grund ausdrücklicher Einverständniserklärung der Schuldnerin auf das Verwalteranderkonto überwiesen. Seit August 2007 zahlt die G. Hinterbliebenenrente auf Anweisung der Schuldnerein auf ein Konto deren Tochter.

Am 3. April 2008 hat der Verwalter beantragt, nach § 850e Nr. 2 ZPO anzuordnen dass die drei Renten zur Berechnung des monatlichen Gesamteinkommens zusammen zu rechnen seien. Dies hat das Amtsgericht antragsgemäß mit Beschluss vom 6. Mai 2008 ausgesprochen.

Der Beschluss wurde der Schuldnerin am 9. Mai 2008 zugestellt. Dagegen richtet sich die am 23. Mai 2008 beim Beschwerdegericht eingegangene sofortige Beschwerde, mit der die Schuldnerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antrag des Beschwerdegegners abzuweisen

sowie im Wege der einstweiligen Anordnung der L. zu untersagen, aus dem festgestellten Gesamteinkommen in Höhe von 1 688,23 EUR einen pfändbaren Teil des Einkommens der Schuldnerin an den Beschwerdegegner zu überweisen.

Sie steht insbesondere auf dem Standpunkt, dem Verwalter fehle seit März 2008 ein Rechtsschutzbedürfnis, weil nach Ablauf der sechsjährigen Laufzeit der Abtretungserklärung nach Erwerb der Schuldnerin ohnehin nicht mehr vom Insolvenzbeschlag erfasst sei.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 794 ZPO statthafte und auch im Übrigen nach §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht die Zusammenrechnung der drei Renten nach § 850e Abs. 2 ZPO angeordnet.

1. Der Antrag ist zunächst zulässig, insbesondere hat der Verwalter ein Rechtschutzbedürfnis an dem begehrten Ausspruch.

Auch nach Ablauf der Laufzeit der Abtretungserklärung unterliegen die fortlaufenden Bezüge der Schuldnerin grundsätzlich dem Insolvenzbeschlag des Nacherwerbs nach § 35 Altn. 2 InsO.

a) Zwar ist der Schuldnerin darin zuzustimmen, dass die sechsjährige Laufzeit der Abtretung nach dem Willen des Gesetzgebers des InsOÄndG 2001 auch zu einer Beendigung des Insolvenzbeschlages des Neuerwerbs führen soll, wenn das Insolvenzverfahren noch andauert. Der Gesetzgeber des Änderungsgesetzes hat die Laufzeit der Abtretungserklärung und damit die Zeit, die ein Schuldner auf einen schuldenfreien „Neustart” warten muss, gegenüber der ursprünglichen Fassung der Insolvenzordnung in zweierlei Hinsicht verkürzt: Zum einen wurde die absolute Laufzeit von 7 auf 6 Jahre herabgesetzt, zum anderen beginnt die Laufzeit bereits mit Eröffnung und nicht erst mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Insbesondere aus der zweitgenannten Änderung ergibt sich deutlich der Wille des Gesetzgebers, den Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung von der Dauer des eröffneten Verfahrens zu entkoppeln.

Das entspricht zweifelsohne auch der Billigkeit: Die Dauer des eröffneten Verfahrens ist von mannigfaltigen Faktoren bis hin zur Bonität der Schuldner des Schuldners abhängig, die nicht notwendig einem der Beteiligten des Insolvenzverfahrens zuzurechnen sind. Wenn dann –wie auch im vorliegenden Fall– die Dauer des eröffneten Verfahrens die Laufzeit der Abtretungserklärung überschreitet, spricht letztlich nichts dagegen, dem Willen des Gesetzgebers durch eine vorgezogene Entscheidung über die Erteilung der Restschuldbefreiung und teleologische Einschränkung des Insolvenzbeschlages des Nacherwerbs nach § 35 Altn. 2 InsO zu folgen.

b) Das führt allerdings vorliegend ...

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