Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenz. Offenbarungspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

Ist über das Vermögen eines Mietinteressenten das Insolvenzverfahren eröffnet, ist er verpflichtet, vor Abschluss eines Mietvertrages den potentiellen Vermieter ungefragt darüber aufzuklären, wie auch darüber, dass das Vormietverhältnis wegen Nichtzahlung des Mietzinses gekündigt und er deshalb zur Räumung verurteilt ist.

 

Normenkette

BGB § 123

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Urteil vom 22.09.2005; Aktenzeichen 6 C 411/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Verfügungskläger vom 20.10.2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 17.10.2005, durch den Prozesskostenhilfe über die mit Beschluss vom 23.08.2005 erfolgte Bewilligung hinaus versagt worden ist, wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Verfügungskläger gegen das am 22.09.2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bonn –6 C 411/05– wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Kammer bezieht sich zunächst auf die Hinweisverfügung (die Hinweisverfügung befindet sich nachfolgend am Ende dieses Beschlusses) des Kammervorsitzenden vom 26.10.2005, die sowohl die sofortige Beschwerde als auch die Berufung betrifft und der sie sich in vollem Umfang anschließt.

Die hiergegen mit Schriftsatz der Beklagten vom 11.11.2005 erhobenen Einwendungen rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Zur sofortigen Beschwerde ist lediglich nochmals hervorzuheben, dass es auf die Frage der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung in erster Instanz nicht ankommt, da die formellen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in erster Instanz nicht erfüllt waren. Die Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse waren nicht unterschrieben und sind es bis heute nicht.

Hinsichtlich der fehlenden Begründetheit der Berufung verbleibt es dabei, dass der Mietinteressent über ein gegen ihn eröffnetes und noch laufendes Insolvenzverfahren sowie die erheblichen Mietrückstände aus dem vorangegangenen Mietverhältnis und die dort erfolgte Verurteilung zur Räumung wegen Mietzinsrückständen ungefragt aufklären muss wegen der sich daraus ergebenden wesentlich erhöhten Gefahr für den Vermieter, seine Ansprüche im Falle der nicht freiwilligen Erfüllung endgültig nicht realisieren zu können. Die Möglichkeiten der §§ 551, 562 ff BGB stehen angesichts ihres ohnehin eingeschränkten Umfangs dem nicht entgegen. Es kommt auch nicht darauf an, ob und inwieweit der Vermieter sich vor Vertragsschluss anderweit Kenntnis verschaffen könnte; er muss darauf vertrauen können, dass der Mietinteressent über eine objektiv bestehende Gefährdungslage für Vermieteransprüche pflichtgemäß ungefragt aufklärt. Dabei geht es nicht etwa darum, ob diese Gefährdungslage die Kündigung eines bereits abgeschlossenen Mietvertrages rechtfertigen könnte, sondern darum, ob der Mietinteressent vor Abschluss eines solchen Vertrages verpflichtet ist, ungefragt hierüber aufzuklären, damit der potentielle Vermieter sich frei entscheiden kann, ob er gleichwohl den Vertrag abschließen will. Das ist angesichts der eröffneten Insolvenzverfahren und der in der Hinweisverfügung bereits behandelten Vorgeschichte zu bejahen. Hinsichtlich der Beschwerdeentscheidung ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Zurückweisung der Berufung beruht auf § 97 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.800,- € (= 1/4 einer Jahresnettomiete)

Hinweisverfügung:

Es wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Das Urteil des Amtsgerichts ist ausführlich begründet und dürfte jedenfalls im Ergebnis zutreffend sein. In der vorliegenden Fallkonstellation waren die Verfügungskläger verpflichtet, ungefragt zu offenbaren, dass das Insolvenzverfahren eröffnet ist, im vorherigen Mietverhältnis erhebliche Mietrückstände bestanden und sie zur Räumung verurteilt waren. Abzustellen ist hinsichtlich der Offenbarungspflicht darauf, ob eine Lage besteht, in der der Mietzinsanspruch des neuen Vermieters als gefährdet anzusehen ist. Das ist bei bloßer Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung etwa ein Jahr zurückliegend zumindest in der Regel noch nicht der Fall, weil sich daraus allein eine Gefährdung der Mietzinsansprüche des neuen Vermieters noch nicht ergibt. Das eröffnete Insolvenzverfahren hat indessen eine gänzlich andere Qualität. Es führt nämlich dazu, dass das gesamte pfändbare Vermögen zur Insolvenzmasse gehört und dem Schuldner im wesentlichen nur nicht pfändbare Einkommensteile zur Verfügung verbleiben. Neugläubiger stehen dabei vor der Situation, dass im Falle der Nichterfüllung von vornherein kein pfändbares Vermögen verbleibt, auf das sie zugreifen könnten, so dass sie ein ungleich höheres Ausfallrisiko tragen müssen, als dies üblicherweise ohnehin der Fall ist. Das Risiko der Nichterfüllung der Mietzinsverpflichtung liegt dabei vorliegend auf der Hand. Nicht substantiiert bestritten bestehen Mietzinsrückstände aus dem Vormietverhältnis für 10 Monate, ohne dass die Nichtzahlu...

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