Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 05.12.2019; Aktenzeichen 107 C 224/19)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 05.12.2019 – 107 C 224/19 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Räumung aus § 546 BGB gegen die Beklagte zu.

Die Kündigung vom 26.07.2018 hat das Mietverhältnis nicht beendet.

Entgegen der Auffassung der Klägerin unterfällt das vorliegende Mietverhältnis nicht dem Anwendungsbereich des § 549 Abs. 2 BGB als Ausnahmevorschrift.

In Betracht kommt lediglich der Ausnahmetatbestand des § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Sofern die Klägerin jedoch meint, das Wohnraummietverhältnis bestehe wegen der Nutzung als Zweitwohnung „nur zum vorübergehenden Gebrauch”, ist dies unzutreffend. Die Parteien haben ein unbefristetes Wohnraummietverhältnis begründet, wie sich aus dem Mietvertrag ergibt. Ob die Beklagte die streitgegenständliche Wohnung nur als Zweitwohnung zeitweise nutzt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Der „vorübergehende Gebrauch der Mietsache” i.S.d. vorzitierten Norm setzt die zeitliche Begrenzung der Nutzungsabsicht der Mietsache bei Vertragsschluss voraus, nicht – wie bei einer Zweitwohnung – die dauerhafte temporäre Nutzung. Der Wegfall des Sonderbedarfs muss in zeitlicher Hinsicht sicher feststehen. Dies ist bei unbefristeten Wohnraummietverhältnissen -auch lediglich als Zweitwohnung zur gelegentlichen Nutzung nicht der Fall (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 549 Rn. 4).

Im Übrigen haben sich die Parteien ungeachtet der tatsächlichen Nutzung der Wohnung zumindest konkludent auf die Anwendbarkeit der Wohnraummietrechtsvorschriften geeinigt.

Maßgebend für eine Vereinbarung ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), bei dessen Ermittlung neben dem Erklärungswortlaut die beiderseits bekannten Umstände wie insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, deren Zweck sowie die Interessenlage der Vertragsparteien heranzuziehen sind (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 11. Mai 2014 – VI ZR 18/14, NJW 2015, 1246 Tz. 9). Gemessen daran haben sich die Vertragsparteien zumindest konkludent auf die Geltung des Wohnraummietrechts und die damit verbundenen gesetzlichen Kündigungsmöglichkeiten geeinigt.

Das folgt zunächst aus dem Erklärungswortlaut der Mietvertragsurkunde, in welcher angekreuzt ist, dass die Vermietung als „Wohnung ausschließlich zu Wohnzwecken” erfolgt. Die Bezeichnung des Mietverhältnisses im verwandten Vertragsformulars ist nicht nur für die Frage des vorherrschenden Vertragszweckes bei einem Mischmietverhältnis von Bedeutung (vgl. dazu BGH, Urt. v. 9. Juli 2014 – VIII ZR 376/13, NJW 2014, 2864 Tz. 37), sondern auch für die Ermittlung des Parteiwillens hinsichtlich der Anwendung der Vorschriften des Wohnraummietrechts auf ein bestehendes Mietverhältnis (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 29. Oktober 1997 – 4 U 61/97, NZM 1998, 407; KG, Urt. v. 27. August 2015 – 8 U 192/14, juris Tz. 32). Ferner haben die Parteien ausdrücklich im Vertrag geregelt, dass eine Kündigung lediglich unter Angabe der (dann notwendigen) Kündigungsgründe möglich ist, und Bezug auf die im Wohnraummietrecht geltenden Kündigungsfristen genommen. Mithin haben die Parteien ausdrücklich die Anwendbarkeit der Wohnraumschutzvorschriften vereinbart (vgl. auch LG Berlin, Urteil vom 15. Oktober 2015 – 67 S 187/15 –, Rn. 21, juris, nachgehend BGH, 30. Juni 2016, XII ZR 121/15 zu einem vergleichbaren Vertrag).

Auch eine analoge Anwendung des § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB kommt nicht in Betracht.

Zum einen spricht gegen eine analoge Anwendung bereits der Ausnahmecharakter der Norm, der nach dem Wortlaut eine abschließende Aufzählung der Ausnahmen enthält; zum anderen fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke, die eine Analogie geböte. Die Ausnahmen haben ihren Sinn und Zweck in der mangelnden Schutzbedürftigkeit eines Mieters in einem zeitlich begrenzten Mietverhältnis, das kein Zeitmietvertrag ist, weil seine Interessen durch den Entzug des Mietgebrauchs nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 549 Rn. 4).

Die Klägerin hat kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses i.S.d. § 573 BGB.

Das Nichtnutzen der Wohnung durch die Beklagte, das zugunsten der Klägerin unterstellt werden kann, stellt auch angesichts der Wohnungsknappheit in Berlin und dem Zweckentfremdungsverbot kein berechtigtes Interesse i.S.d. § 573 BGB dar.

Hierbei handelt es sich um öffentliche Interessen, deren Durchsetzung nicht dem Vermieter obliegt. Ein eigenes berechtigtes Interesse der Klägerin ist nicht ersichtlich. Insofern kann diesbezüglich auf die zutreffenden Grün...

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