Entscheidungsstichwort (Thema)

Beiordnung eines Rechtsanwalts im Falle der Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens gemäß § 4a Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO). Erforderlichkeit einer Beiordnung eines Rechtsanwalts trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge

 

Normenkette

InsO § 4a Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Lichtenberg (Entscheidung vom 05.06.2009; Aktenzeichen 39 IK 38/09)

BGH (Beschluss vom 24.07.2003; Aktenzeichen IX ZB 539/02)

BGH (Beschluss vom 04.07.2002; Aktenzeichen IX ZB 221/02)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 08.07.2010; Aktenzeichen IX ZA 12/10)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss dem Amtsgerichts Lichtenberg vom 05.06.2009 – 39 IK 38/09 – wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Das Amtsgericht Lichtenberg hat dem Schuldner mit Beschluss vom 20.03.2009 die Kosten des Verfahrens gestundet und mit Beschluss vom 31.03.2009 das Verbraucherinsolvenzverfahren über dessen Vermögen eröffnet.

Mit Schriftsatz vom 19.02.2009 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners beantragt, dem Schuldner für das gesamte Insolvenzverfahren Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung als Verfahrensbevollmächtigter zu bewilligen (Bl. 52- 53 d.A.). Zur Begründung des Antrags führte der Verfahrensbevollmächtigte an, dass der Schuldner an einer Persönlichkeitsstörung leide und eine geringe Frustrationstoleranz aufweise, weshalb er ohne anwaltliche Betreuung den Anforderungen, die das Verbraucherinsolvenzverfahren an den Schuldner stellt, nicht gerecht werden könne. Dies belege das beigefügte Gutachten für den Medizinischen Dienst der Bundesagentur für Arbeit vom 30.07.2007. Im Hinblick auf die Einzelheiten dieses Gutachtens wird Bezug genommen auf Blatt 61 bis 62 der Akte.

Mit Beschluss vom 05.06.2009 hat das Amtsgericht Lichtenberg den Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen (Bl. 98 d.A.). Gegen den dem Schuldner am 12.06.2009 zugestellten Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners mit Fax- Schreiben vom 12.06.2009 sofortige Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, dem Schuldner für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung zu gewähren (Bl. 101-102 d.A.). Das Insolvenzgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 16.06.2009 nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht Berlin zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 105-106 d.A.).

Der Schuldner erhielt in der Beschwerdeinstanz Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme und vertiefte die Begründung seiner sofortigen Beschwerde mit Schreiben vom 05.07.2009 (Bl. 118- 121 d.A.). Der Verfahrensbevollmächtigte führte darin u.a. aus, dass ohne die Hilfe eines Rechtsanwalts, der den Sinn gerichtlicher Aufforderungen erkläre, der Schuldner völlig überfordert sei, weil er nicht in der Lage sei die Zielrichtung des Insolvenzverfahrens überhaupt zu begreifen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 6 Abs. 1, 4d Abs. 1 InsO statthaft und auch im übrigen gemäß §§ 4 InsO, 567, 569 Abs. 1 und 2 ZPO zulässig.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Grundsätzlich kommt zwar bei einer wie hier erfolgten Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens gemäß § 4a Abs. 2 InsO die Beiordnung eines Rechtsanwalts in Betracht. Dies setzt jedoch gemäß § 4a Abs. 2 InsO voraus, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Schuldner im Verbraucherinsolvenzverfahren unter der Fürsorge des Insolvenzgerichts, die ggf. eine ausführliche Beratung erforderlich machen kann, seine Rechte selbst wahrnehmen kann. Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen einer Beiordnung in § 4a Abs. 2 InsO damit bewußt enger gefasst, als dies im Rahmen der hier nicht anwendbaren Regelung für die Prozesskostenhilfe nach § 121 ZPO erfolgt ist. Vor diesem Hintergrund soll die Beiordnung eines Rechtsanwalts nur dann zulässig sein, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich erscheint (vgl. BT-Drucks. 14/5680, S. 21). Schwierigkeiten, die im Einzelfall eine Beiordnung erforderlich machen können, liegen z.B. vor, wenn der Schuldner in einem quasi-kontradiktorischen Verfahren um seine Restschuldbefreiung kämpft oder eine Entscheidung über die Zweckmäßigkeit eines Widerspruchs gegen die Anmeldung einer Forderung aus Delikt treffen muss, bei der das Insolvenzgericht den Schuldner auf Grund seiner Neutralitätspflicht nicht beraten darf (vgl. HambKo/Nies, 3.Aufl., § 4a Rn 20).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze scheidet eine Beiordnung im vorliegenden Fall aus. Denn es ist bereits nicht ersichtlich, dass das vorliegende Insolvenzverfahren Schwierigkeiten im Hinblick auf die Sach- und Rechtslage aufweist. Vielmehr stellt dieses an den Schuldner und die Wahrnehmung seiner Rechte nur gewöhnliche Anforderungen. Wesentliche Verfahrensentscheidungen, wie die Eröffnung des ...

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