Leitsatz (amtlich)

1. Die vom BGH in seiner Entscheidung v. 14.7.2010 - VIII ZR 45/09 - dargestellten Grundsätze sind auch auf die eigenmächtiger Inbesitznahme einer Garage durch den Vermieter ohne gerichtlichen Titel anwendbar.

2. Die nicht durch einen gerichtlichen Titel gedeckte eigenmächtige Inbesitznahme einer u.a. mit Reifen, Motor- und Getriebeteilen und Werkzeug vollgestellten Garage und deren eigenmächtiges Ausräumen durch einen Vermieter stellt eine unerlaubte Selbsthilfe dar, für deren Folgen der Vermieter verschuldensunabhängig nach § 231 BGB haftet.

3. Der Vermieter, der eine Garage in Abwesenheit des Mieters ohne Vorliegen eines gerichtlichen Titels durch verbotene Eigenmacht in Besitz nimmt, hat sich aufgrund der ihn treffenden Obhutspflicht nicht nur zu entlasten, soweit ihm die Herausgabe nachweislich vorhandener Gegenstände unmöglich wird oder nachweislich eine Verschlechterung an herauszugebenden Gegenständen eintritt. Er muss aufgrund seiner Obhutspflicht die Interessen des an einer eigenen Interessenwahrnehmung verhinderten Mieters auch dadurch wahren, dass er bei der Inbesitznahme ein aussagekräftiges Verzeichnis der geräumten Gegenstände aufstellt und deren Wert schätzen lässt. Kommt er dem nicht nach, hat er zu beweisen, in welchem Umfang Bestand und Wert der der Schadensberechnung zugrunde gelegten Gegenstände von den Angaben des Mieters abweichen, soweit dessen Angaben plausibel sind.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 23.09.2010; Aktenzeichen 25 O 198/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.9.2010 verkündete Urteil der Zivilkammer 25 des LG Berlin - 25 0 198/10 - teilweise abgeändert und der Tenor zu 3) wie folgt neu gefasst:

3. a) Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 53.435 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.5.2007 zu zahlen.

3. b) Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 1.761,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.1.2010 zu zahlen.

3. c) Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 23 September 2010 verkündete Urteil des LG, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Zur Begründung ihrer Berufung, mit der sie ihre Widerklage weiter verfolgt, wiederholt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie verweist auf die Entscheidung des BGH v. 14.7.2010 - VIII ZR 45/09 -, die sie vor einschlägig hält.

Die Beklagte beantragt, die Klägerin unter Abänderung des angefochtenen Urteils auf die Widerklage hin zu verurteilen, an die Beklagte 53.435 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.5.2007 zu zahlen; an die Beklagte weitere 1.761,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.1.2010 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung, die sie für zutreffend erachtet. Das Urteil des BGH vom 14.7.2010 hält sie nicht für einschlägig. Auf den Hinweis des Senats vom 4.5.2001, der in Bezug genommen wird, trägt die Klägerin vor, sie sei weiterhin der Auffassung, dass die Erstellung eines Inventarverzeichnisses nicht geschuldet gewesen sei, weil sich die vorgenannte Entscheidung des BGH nur auf verwahrte Gegenstände beziehe, nicht aber auf "wertlosen Müll". In der Garage habe sich aber - neben dem Schreibtisch und der Hebebühne - nur Müll befunden, nämlich alte Autoreifen und alte Motor- und Getriebeteile.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

II. Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache vollen Erfolg. Das LG hat die Auf Schadensersatz gerichtete Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin ist der Beklagten wegen der eigenmächtigen Räumung der Garagen ohne Vollstreckungstitel gem. § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1 und 2 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Die Beklagte kann als Mieterin von der klagenden Vermieterin aus abgetreten Rechten ihres Ehemannes Schadensersatz für die von der Klägerin nach der Räumung vernichteten Gegenstände verlangen. Das Berufungsgericht macht sich die Entscheidung des BGH v. 14.7.2010 - VIII ZR 45/09 - vollumfänglich zu Eigen. Hieraus ergibt sich für den vorliegenden Fall das Folgende:

1. Die auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 53.435 EUR gerichtete Widerklage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

a) Die Klägerin hat die Garagen eigenmächtige in Besitz genommen und ausgeräumt, obwohl die Beklagte den Besitz an den Garagen nicht erkennbar aufgegeben hatte. Für diese verbotene Eigenmacht i.S.v. § ...

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