Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 22.06.2006; Aktenzeichen 27 O 1126/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 01.07.2008; Aktenzeichen VI ZR 243/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.6.2006 verkündete Urteil des LG Berlin - 27 O 776/05 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an einem der Vorstandsmitglieder, zu unterlassen, Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in "B.d.F." Nr. ... vom 15.8.2005 auf S. 49 geschehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des ersten Rechtszuges zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000 EUR vorläufig vollstreckbar und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Fernsehjournalistin und -moderatorin. Die Beklagte veröffentlichte in der von ihr verlegten Zeitschrift "B.d.F." ein Foto, welches die Klägerin mit ihrer Putzfrau beim Einkaufen in P.A. auf M. zeigt. Foto und dazu gehöriger Text befanden sich auf einer bebilderten Seite mit der Überschrift "Was jetzt los ist auf M.".

Auf die Klage hat das LG der Beklagten untersagt, "Bildnisse aus dem privaten Alltag der Klägerin zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, wie in B.d.F. Nr. ... vom 15.8.2005 auf der S. 49 geschehen".

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung und rügt, das ihr auferlegte Unterlassungsgebot sei unbestimmt. Ferner macht sie geltend, die Klägerin habe ihr Leben den Medien weithin geöffnet und habe keine berechtigte Hoffnung auf Privatsphäre, wenn sie auf M. öffentlich einkaufen gehe. Das streitgegenständliche Bild erfülle ein Informationsinteresse, da es eine Menge über die Klägerin aussage.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Berlin vom 22.6.2006 abzuändern und die Klage - auch hinsichtlich des Hilfsantrages - abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise der Beklagten unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel zu untersagen, Fotos der Klägerin zu veröffentlichen wie in der "B.d.F." Nr. ... vom 15.8.2005 auf S. 49 geschehen, hilfsweise das in "B.d.F." Nr. ... vom 15.8.2005 auf S. 49 veröffentlichte Foto zu veröffentlichen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung durch das LG hat Erfolg. Dem in zweiter Instanz gestellten (ersten) Hilfsantrag der Klägerin ist dagegen zu entsprechen. Der Senat hält an seiner Entscheidung vom 28.7.2006 im vorausgegangenen Verfügungsverfahren der Parteien - 9 U 226/05 - fest:

1. Der Senat hat bereits erhebliche Bedenken, ob der Hauptantrag zulässig, nämlich i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt ist.

a) Ein Unterlassungsantrag - wie auch eine darauf beruhende Verurteilung, § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO - muss so deutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind, sich der Beklagte umfassend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was ihm verboten ist, nicht im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH NJW 2005, 2550, 2551; NJW 2003, 3046, 3047; WRP 1992, 560, 561). Der Einschüchterungseffekt, der sich bei einem Verbot mit unklarer Reichweite aus den gem. § 890 ZPO bei einem (schuldhaften) Verstoß drohenden Ordnungsmitteln ergibt, stellt einen unzumutbaren Eingriff in die Freiheit der Berichterstattung dar (vgl. BVerfG NJW 2004, 1942 zu II. 2. b. aa; s. a. Urteil des Senats vom 22.6.2004 - 9 U 87/04).

Allerdings sind bei der Formulierung eines Unterlassungsantrages dennoch im Interesse eines hinreichend wirksamen Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig, weil eine Verletzungshandlung die Vermutung der Begehungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform begründet, sondern auch für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen (vgl. BGH NJW 2000, 2195, 2196; s. z.B. auch Beschluss des Senats vom 22.4.2003 - 9 W 7/03). Dabei kann es unter Umständen bei der Fassung des Verfügungs- bzw. Klageantrags und des entsprechenden Urteilsausspruchs hinzunehmen sein, dass das Vollstreckungsgericht bei der Beurteilung behaupteter Verstöße gegen das Unterlassungsgebot auch Wertungen vornehmen muss (vgl. BGH NJW 2005, 1050 zu II. 4. a). Es muss aber stets auch in dieser verallgemeinerten Form das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommen (vgl. BGH WRP 2000, 1258, 1260).

b) Der Hauptantrag der Klägerin geht deutlich über die konkrete Verletzungshandlung hinaus. Nach dem Wortlaut des Antrages und dem Vorbringen der Klägerin will sie einer Verbreitung von...

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