Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit von Teillieferungs- und Teilabrechnungsklauseln; Informationspflichten als Marktverhaltensregelung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die AGB-Klausel "Teillieferungen und Teilabrechnungen sind zulässig" ist ggü. Verbrauchern unwirksam, § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 309 Nr. 2a BGB.

2. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und § 309 Nr. 2a BGB enthalten - soweit sie wie vorliegend Leistungsverweigerungsrechte des Verbrauchers und Rücktrittsrechte desselben nach einem Verzug des Schuldners sicherstellen - Regelungen, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, § 4 Nr. 11 UWG. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Unwirksamkeit der AGB-Regelung zugleich zu einem Verstoß gegen die Informationspflichten des § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB, § 1 Abs. 1 BGB-InfoV führt (Bestätigung vom KG NJW 2007, 2266; gegen OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 287 und OLG Köln WRP 2007, 1111).

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 11; BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 309 Nr. 2a, § 312c Abs. 1 S. 1; BGB-InfoV § 1 Abs. 1 Nr. 9

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 26.10.2007; Aktenzeichen 15 O 806/07)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Zivilkammer 15 des LG Berlin vom 26.10.2007 - 15 O 806/07 - teilweise geändert:

Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt, im geschäftlichen Verkehr bei Fernabsatzverträgen über Latexkleidung mit privaten Endverbrauchern im Internet die folgende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden:

"Teillieferungen und Teilabrechnungen sind zulässig".

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

2. Die weitergehende sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Verfahrens beider Instanzen haben die Antragstellerin 2/3 und die Antragsgegnerin 1/3 zu tragen.

4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 7.000 EUR.

 

Gründe

A. Die gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist teilweise begründet, §§ 935, 940 ZPO.

I. Die Verwendung der Klausel "Teillieferungen und Teilabrechnungen sind zulässig" in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin stellt eine unlautere Wettbewerbshandlung dar, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 309 Nr. 2a, § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB, § 1 Abs. 1 Nr. 9 BGB-InfoV.

1. Die Teillieferungs- und Teilabrechnungsklausel ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen (§ 323 Abs. 1, Abs. 4 BGB) unvereinbar und sie verstößt gegen das Klauselverbot in § 309 Nr. 2a BGB.

a) Soweit § 266 BGB grundsätzlich dem Schuldner das Recht zu Teilleistungen abspricht, mag eine abweichende Regelung für sich noch nicht eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers bedeuten. Denn § 266 BGB will nur verhindern, dass der Gläubiger durch mehrfache Leistungen und deren jeweilige Entgegennahme belästigt wird (RGZ 79, 361; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 266 Rz. 1). Die bloße Lästigkeit aus einer AGB-Regelung muss noch keine wesentliche Benachteiligung des Verbrauchers darstellen (OLG Stuttgart NJW-RR 1995, 116, juris Rz. 15). Dies kann hier aber dahingestellt bleiben.

b) Vorliegend hat sich die Antragsgegnerin nicht mit der Vereinbarung von Teilleistungen begnügt, sondern weitergehend damit auch eine Berechtigung zur Abrechnung dieser Teilleistungen in ihren AGB geregelt. Diese Teillieferung und Teilabrechnung soll uneingeschränkt zulässig sein, also ohne Beschränkung auf dem Gläubiger (dem Verbraucher) zumutbare Teillieferungen.

aa) Dann können Teillieferungen und Teilabrechnungen die Verzugsfolgen zu Lasten des Käufers auslösen, ohne dass dieser sein Interesse an der Zurückhaltung des Kaufpreises bis zur Gesamtlieferung geltend machen kann, § 320 BGB (OLG Stuttgart, a.a.O., juris Rdnnr. 16, 18; Bedenken auch bei OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 287, juris Rz. 20).

(1) Ein schutzwürdiges Interesse an einer Gesamtlieferung (vgl. § 320 Abs. 2 BGB) kann auch in den vorliegend denkbaren Fällen der Bestellung einer Mehrheit von einzelnen Waren in Betracht kommen, wenn die Produkte - etwa nach Farbe, Material oder Form - aufeinander abgestimmt sein sollen. Auch gibt die Einrede des nicht erfüllten Vertrages bei einem Ausstehen größerer Teile der Bestellung ein wirksames Druckmittel zur beschleunigten Lieferung der ausstehenden Ware.

(2) Gemäß § 309 Nr. 2a BGB sind Regelungen in AGB schlechthin unwirksam, wenn das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB ausgeschlossen oder auch nur eingeschränkt wird. Dies bezieht sich auf jede Einschränkung durch AGB (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 309 Rz. 12).

bb) Darüber hinaus schränkt die Teillieferung- und Teilabrechnungsklausel nach der hier maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung auch das Recht des Verbrauchers ein, im Fall einer - auch Nachfristsetzung - pflichtwidrig nicht rechtzeitig erbrachten Restl...

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