Leitsatz (amtlich)

Die Notarkammer verweigert gegenüber dem Geschädigten die treuhänderische Geltendmachung des Anspruchs wegen notarieller Amtspflichtverletzung bei dem Vertrauensschadenversicherer zu Recht mit der Begründung, dass die gem. § 4 Ziff. 2 der Bedingungen einzuhaltende Meldefrist von vier Jahren abgelaufen sei, wenn die vom Geschädigten mit der Geltendmachung seines Schadenersatzsanspruchs beauftragten Rechtsanwälte die Frist schuldhaft versäumt haben, da sich der Geschädigte deren Verschulden bei der Fristversäumnis zurechnen lassen muss (§ 278 BGB).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 24.06.2010; Aktenzeichen 9 O 392/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Berlin vom 24.6.2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abzuwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % leistet.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die treuhänderische Geltendmachung eines Anspruchs auf Versicherungsleistung aus der Vertrauensschadenversicherung, die die Beklagte für Schäden aufgrund vorsätzlicher Pflichtverletzungen der Notare im Rahmen ihrer Amtstätigkeit bei der H.K.- AG unterhält.

Das LG hat mit seinem am 24.6.2010 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Wegen des Sach- und Streitstandes der Parteien im Einzelnen sowie wegen der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das den Prozessbevoll-mächtigten des Klägers am 6.7.2010 zugestellte Urteil (Bd I Bl. 114 - 123 d.A.) Bezug genommen.

Mit seiner am 6.8.2010 eingegangenen und -nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 6.10.2010 - am 30.9.2010 begründeten Berufung greift der Kläger die Klageabweisung an und verfolgt sein Klagebegehren weiter.

Er ist -unter Hinweis auf eine nach Erlass des angefochtenen Urteils ergangene Entscheidung des OLG Frankfurt zum Az. 4 U 22/10 - der Ansicht, das LG hätte die Klageabweisung nicht auf das Nichteinhalten der Meldefrist gem. § 4 Ziff. 2. der im Rahmen der Vertrauensschadenversicherung vereinbarten AVB stützen dürfen, weil diese Regelung den durch eine vorsätzliche Amtspflichtverletzung des Notars Geschädigten unangemessen benachteilige.

Der Kläger beantragt, das Urteil des LG zu 9 O 392/09 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, als Versicherungsnehmerin den Versicherungsanspruch wegen des Anspruchs des Klägers gemäß dem Versäumnisurteil des LG Berlin vom 14.4.2006 zum Az. 20 O 319/05 i.H.v. 20.877,77 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.2.2005 treuhänderisch gegenüber dem Vertrauensschadensversicherer der Beklagten geltend zu machen, diese Forderung einzuziehen und die Leistung an ihn durch Überweisung auf ein noch zu benennendes Konto auszukehren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie stellt zwar den Zugang des Schreibens der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28.8.2006 nunmehr unstreitig, ist aber weiterhin der Ansicht, die Klage sei unbegründet. Sie meint, der Kläger habe schon eine wissentliche Pflichtverletzung des Notars G...als Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Vertrauensschadenversicherers nicht dargelegt und bewiesen, jedenfalls ergebe sich diese nicht aus einer Bindungswirkung des im Deckungsprozess ergangenen Versäumnisurteils vom 14.4.2006, weil der Grad des Verschuldens dort nicht zur Entscheidung gestanden habe. Weiter ist die Beklagte der Ansicht, das LG habe zutreffend festgestellt, dass der Anspruch auf die Versicherungsleistung jedenfalls gem. § 4 Ziff. 2. der AVB ausgeschlossen wäre; denn entgegen der Ansicht des Klägers sei die Vereinbarung dieser Klausel als objektive Risikobegrenzung wirksam und in Vertrauensschadenversicherungsbedingungen zudem allgemein üblich.

Der Senat hat die Parteien mit Beschluss vom 12.4.2011 darauf hingewiesen, dass er die Anspruchsvoraussetzungen nach dem vorgetragenen Sachverhalt grundsätzlich für gegeben erachtet und es deshalb für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblich auf die Rechtsfrage ankäme, ob die Regelung zu § 4 Ziff. 2. der AVB des Vertrauensschadenversicherers wirksam vereinbart worden sei. Anschließend hat er den Rechtsstreit im Einverständnis mit den Parteien bis zur Entscheidung des BGH -Az. IV ZR 180/10 - über die Revision gegen das Urteil des OLG Frankfurt ausgesetzt. Nach Verkündung der Entscheidung des BGH am 20.7.2011 (abgedruckt in VersR 2011, 1173 - 1177) ist das Verfahren wieder aufgenommen worden.

II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Berlin vom 24.6.2010 ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 517, 519 ZPO) und -nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 6.10.2010 - begründ...

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