Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung. Richtlinien 72/166/EWG, 84/5/EWG und 90/232/EWG. Den Insassen eines Fahrzeugs entstandene Schäden. Für die Beförderung von Insassen nicht eingerichteter Teil eines Fahrzeugs

 

Beteiligte

Farrell

Elaine Farrell

Alan Whitty

Minister for the Environment

Irland, Attorney General

Motor Insurers Bureau of Ireland (MIBI)

 

Tenor

1. Art. 1 der Dritten Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung die Haftung für Personenschäden von Einzelpersonen nicht deckt, die in einem Teil eines Kraftfahrzeugs mitfahren, der mit Sitzgelegenheiten für Mitfahrer weder konstruiert noch gebaut ist.

2. Art. 1 der Dritten Richtlinie 90/232 erfüllt alle Voraussetzungen, um unmittelbare Wirkung zu entfalten, und verleiht demzufolge Einzelpersonen Rechte, auf die sie sich vor den nationalen Gerichten berufen können. Es obliegt jedoch dem nationalen Gericht, zu prüfen, ob diese Vorschrift gegenüber einer Einrichtung wie dem Motor Insurers Bureau of Ireland (MIBI) geltend gemacht werden kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom High Court (Irland) mit Entscheidung vom 30. Juli 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 23. September 2005, in dem Verfahren

Elaine Farrell

gegen

Alan Whitty,

Minister for the Environment,

Irland, Attorney General und

Motor Insurers Bureau of Ireland (MIBI)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter), J. N. Cunha Rodrigues, K. Schiemann und E. Levits,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 2006,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Elaine Farrell, vertreten durch E. McCullough, SC, C. McCarthy, BL, und C. Murphy, Barrister, beauftragt durch M. O'Shea, Solicitor,
  • des Ministers für Umwelt, Irlands und des Attorney General, vertreten durch E. Fitzsimons, K. McMeel, D. Maloney und D. O'Hagan als Bevollmächtigte,
  • des Motor Insurers Bureau of Ireland (MIBI), vertreten durch E. Gleeson, SC, beauftragt durch P. Boyd, Solicitor,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch N. Yerrell als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 5. Oktober 2006

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 der der Dritten Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (ABl. L 129, S. 33, im Folgenden: Dritte Richtlinie).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits von Frau Farrell gegen Herrn Whitty, den Minister for the Environment (Minister für Umwelt), Irland und den Attorney General (im Folgenden: Irland) sowie das Motor Insurers Bureau of Ireland (MIBI).

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Gemäß Art. 1 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 103, S. 1) in der durch die Dritte Richtlinie geänderten Fassung (im Folgenden: Erste Richtlinie) ist im Sinne dieser Richtlinie unter „Fahrzeug” Folgendes zu verstehen: „Jedes maschinell angetriebene Kraftfahrzeug, welches zum Verkehr zu Lande bestimmt und nicht an Gleise gebunden ist, sowie die Anhänger, auch wenn sie nicht angekoppelt sind”.

4 Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie bestimmt:

„Jeder Mitgliedstaat trifft … alle zweckdienlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Haftpflicht bei Fahrzeugen mit gewöhnlichem Standort im Inland durch eine Versicherung gedeckt ist. Die Schadensdeckung sowie die Modalitäten dieser Versicherung werden im Rahmen dieser Maßnahmen bestimmt.”

5 Art. 1 Abs. 4 Unterabs. 1 und 3 der Zweiten Richtlinie 84/5/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherung (ABl. 1984, L 8, S. 17) in der durch die Dritte Richtlinie geänderten Fassung (im Folgenden: Zweite Richtlinie) lautet:

„Jeder Mitgliedstaat schafft eine Stelle oder erkennt eine Stelle an, die für Sach- oder Personenschäden, welche durch ein nicht ermitteltes oder nicht im Sinne des Absatzes 1 versichertes Fahrzeug verursacht worden sind, zumindest in den Grenzen der Versicherungspflicht Ersatz zu leisten hat. Das Recht der Mitgliedstaaten, Bestimmungen zu erlassen, durch die der Einschaltung dieser Stelle subsidiärer Charakter verliehen wird oder durch die der Rückgriff dieser Stelle auf den oder die für de...

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