Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbrauchsgüterkauf und Garantien für Verbrauchsgüter. Eigenschaft des Käufers. Eigenschaft als Verbraucher. Vertragswidrigkeit der gelieferten Ware. Obliegenheit zur Unterrichtung des Verkäufers. Vertragswidrigkeit, die binnen sechs Monaten nach der Lieferung der Ware offenbar geworden ist. Beweislast

 

Normenkette

Richtlinie 1999/44/EG

 

Beteiligte

Faber

Froukje Faber

Autobedrijf Hazet Ochten BV

 

Tenor

1. Die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass in einem Rechtsstreit über einen Vertrag, der möglicherweise in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fällt, das mit dem Rechtsstreit befasste nationale Gericht, sofern es über die dafür nötigen rechtlichen und tatsächlichen Anhaltspunkte verfügt oder darüber auf ein einfaches Auskunftsersuchen hin verfügen kann, die Frage zu prüfen hat, ob der Käufer als Verbraucher im Sinne dieser Richtlinie eingestuft werden kann, selbst wenn er sich nicht ausdrücklich auf diese Eigenschaft berufen hat.

2. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass er als eine Norm anzusehen ist, die einer nationalen Bestimmung, die im innerstaatlichen Recht zwingend ist, gleichwertig ist, und dass das nationale Gericht von Amts wegen jede Bestimmung seines innerstaatlichen Rechts anwenden muss, die seine Umsetzung in innerstaatliches Recht sicherstellt.

3. Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass er nicht einer nationalen Bestimmung entgegensteht, nach der der Verbraucher für die Inanspruchnahme seiner Rechte aus dieser Richtlinie den Verkäufer rechtzeitig über die Vertragswidrigkeit unterrichten muss, vorausgesetzt, dass der Verbraucher für diese Unterrichtung über eine Frist von nicht weniger als zwei Monaten ab dem Zeitpunkt seiner Feststellung der Vertragswidrigkeit verfügt, dass sich diese Unterrichtung nur auf das Vorliegen dieser Vertragswidrigkeit erstrecken muss und dass sie nicht Beweisregeln unterliegt, die dem Verbraucher die Ausübung seiner Rechte unmöglich machen oder diese übermäßig erschweren.

4. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass die Regel, wonach vermutet wird, dass die Vertragswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestand,

  • zur Anwendung gelangt, wenn der Verbraucher den Beweis erbringt, dass das verkaufte Gut nicht vertragsgemäß ist und dass die fragliche Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar geworden ist, d. h., sich ihr Vorliegen tatsächlich herausgestellt hat. Der Verbraucher muss weder den Grund der Vertragswidrigkeit noch den Umstand beweisen, dass deren Ursprung dem Verkäufer zuzurechnen ist;
  • von der Anwendung nur dadurch ausgeschlossen werden kann, dass der Verkäufer rechtlich hinreichend nachweist, dass der Grund oder Ursprung der Vertragswidrigkeit in einem Umstand liegt, der nach der Lieferung des Gutes eingetreten ist.
 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Gerechtshof Arnhem-Leeuwarden (Niederlande) mit Entscheidung vom 10. September 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 16. September 2013, in dem Verfahren

Froukje Faber

gegen

Autobedrijf Hazet Ochten BV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter S. Rodin und A. Borg Barthet, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) sowie des Richters F. Biltgen,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Autobedrijf Hazet Ochten BV, vertreten durch W. van Ochten, advocaat,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman, C. Schillemans und J. Langer als Bevollmächtigte,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch T. Materne und J.-C. Halleux als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 27. November 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a und Art. 5 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. L 171, S. 12).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Faber und der Autobedrijf Hazet Ochten BV (im Folgenden: Autohaus Hazet) wegen einer Klage auf Ersatz des Schadens, der durch eine behauptete Vertragswidrigkeit eines von Frau Faber beim Autohaus Hazet gekauften Gebrauchtfahrzeugs verursacht worden sein soll.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 Abs...

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