Entscheidungsstichwort (Thema)

Art und Weise der Nachbesserung bei Mängelbeseitigung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist die Mängelbeseitigung nur auf eine bestimmte Weise möglich, ist der Unternehmer verpflichtet, diese vorzunehmen. Der Besteller kann ein dieser Verpflichtung nicht entsprechendes und damit untaugliches Angebot von vornherein zurückweisen (Bestätigung von BGH, Urt. v. 13.12.2001 - VII ZR 27/00, BGHZ 149, 289, 293).

 

Normenkette

BGB § 633

 

Verfahrensgang

OLG Bamberg (Urteil vom 21.01.2010; Aktenzeichen 1 U 124/09)

LG Aschaffenburg (Entscheidung vom 16.07.2009; Aktenzeichen 1 O 459/04)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des OLG Bamberg vom 21.1.2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aus einem Vertrag über den Einbau einer Treppe.

Rz. 2

Der Beklagte hatte für den Kläger in dessen Haus im Jahre 1996 eine Buchenholztreppe vom Erdgeschoss zum ersten Obergeschoss errichtet. Im Jahre 2002 führte der Beklagte die Treppe vom ersten Obergeschoss zum Spitzboden weiter. Zwischen den Parteien ist streitig, welcher Werklohn vereinbart wurde. Nach der Grobmontage machte der Kläger Mängel geltend, verweigerte eine geforderte Abschlagszahlung und verlangte Mängelbeseitigung. Der Beklagte verlangte im Oktober 2002 für den vereinbarten Werklohn Sicherheit gem. § 648a BGB. Der Kläger übergab dem Beklagten deswegen eine Bankbürgschaft i.H.v. 6.648 EUR.

Rz. 3

In einem selbständigen Beweisverfahren stellte der Sachverständige Mängel an der Treppe fest, die im eingebauten Zustand nicht zu beheben seien. Er hielt deswegen eine Wertminderung von 15 % für angemessen. In einem Ergänzungsgutachten stellte der Sachverständige weitere Mängel fest, für deren Beseitigung er einschließlich Ansätzen für Wertminderung einen Betrag von 1.762,04 EUR für angemessen hielt.

Rz. 4

Der Kläger verlangt die Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 11.900 EUR, Herausgabe der Bürgschaft über 6.648 EUR und Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, die zukünftig entstehenden Kosten im Zusammenhang mit dem Ein- und Ausbau der Treppe zu tragen.

Rz. 5

Der Beklagte verlangt mit seiner Widerklage Zahlung von Restwerklohn i.H.v. 9.400 EUR Zug um Zug gegen Übergabe der Treppenanlage und der Originalbürgschaft sowie Feststellung des Annahmeverzugs des Klägers. Nach Erhebung der Widerklage erweiterte der Kläger die Klage auf Rückzahlung einer angeblichen Überzahlung i.H.v. 1.850,16 EUR.

Rz. 6

Das LG hat die Klage abgewiesen und der Widerklage i.H.v. 8.847,27 EUR stattgegeben.

Rz. 7

Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers, mit der dieser sein Klagebegehren weiterverfolgt und die Abweisung der Widerklage begehrt hat, zurückgewiesen.

Rz. 8

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger dieses Ziel weiter.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 9

Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Rz. 10

1. Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet.

Rz. 11

Der Kläger habe den Werkvertrag mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten am 15.1.2004 gem. § 649 Satz 1 BGB gekündigt. Er bleibe daher verpflichtet, dem Beklagten in den Grenzen des § 649 Satz 2 BGB die vereinbarte Vergütung zu bezahlen. Ein außerordentliches Kündigungsrecht wegen unberechtigter Verweigerung der Nacherfüllung durch den Beklagten habe dem Kläger nicht zugestanden. Aus dem zwischen den Parteien vorgelegten Schriftverkehr ergebe sich, dass der Beklagte grundsätzlich zur Mängelbeseitigung bereit gewesen sei. Zur Nachbesserung sei es deswegen nicht gekommen, weil der Kläger auf einem Ausbau der Treppe zur Mängelbeseitigung bestanden habe. Dem Unternehmer stehe ein Wahlrecht zu, ob er die geschuldete Nacherfüllung durch eine bloße Mängelbeseitigung oder durch Neuherstellung des Werkes erbringe. Er bestimme grundsätzlich auch die Art und Weise der Nachbesserung. Der Beklagte sei daher berechtigt gewesen zu entscheiden, auf welche Art und Weise er die vom Sachverständigen festgestellten Mängel beseitige. Der Kläger habe ihm durch sein Verhalten diese Möglichkeit genommen.

Rz. 12

2. Die Widerklage des Beklagten hält das Berufungsgericht i.H.v. 8.847,27 EUR für begründet.

Rz. 13

Da die Parteien keine Einigung über die Höhe der Vergütung erzielt hätten, habe der Beklagte Anspruch auf angemessene Vergütung gem. § 632 Abs. 2 BGB. Nach den Feststellungen des Sachverständigen beliefen sich die Herstellungskosten der Treppenanlage einschließlich des Geländers auf 16.577,32 EUR. Anhaltspunkte für die Anrechnung ersparter Aufwendungen oder anderweitigen Erwerbs i.S.v. § 649 Satz 2 BGB bestünden nicht. Von diesem Betrag habe das Erstgericht zutreffend eine Vorschusszahlung i.H.v. 3.068,01 EUR sowie eine Teilzahlung von 2.900 EUR und Mängelbeseitigungskosten von 1.762,04 EUR abgezogen, so dass sich eine Restforderung von 8.847,27 EUR ergebe. Weitere Abzüge kämen nicht in Betracht. Auf der Auftragsbestätigung des Beklagten finde sich zwar ein Vermerk, wonach der Kläger am 15.2.2000 eine Zahlung von 2.644,61 EUR (= 5.172,44 DM) geleistet habe. Eine weitere Abschlagszahlung sei jedoch nicht vermerkt. Unabhängig davon, dass der Vortrag des Klägers bezüglich dieser Zahlung nicht schlüssig sei, habe der Beklagte diese auch bestritten und der Kläger hierfür keinen Beweis angeboten. Weitere Zahlungsansprüche wegen der Mangelhaftigkeit der Treppe habe der Kläger schon deswegen nicht, weil er keine wirksame Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe. In sämtlichen Schreiben habe er zum Ausdruck gebracht, dass er nur eine Nachbesserung akzeptiere, bei der die Treppenanlage ausgebaut werde.

II.

Rz. 14

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Rz. 15

1. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, der Kläger sei zu einer außerordentlichen Kündigung des Vertrages nicht berechtigt gewesen.

Rz. 16

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Sachverständige in seinem Erstgutachten zusammenfassend festgestellt, dass die von ihm erkannten Mängel der Treppe im eingebauten Zustand nicht zu beheben seien. In der Revision ist mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass dies der Fall ist. Auf dieser Grundlage sind die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, dass der Beklagte die Mängelbeseitigung nicht endgültig verweigert und dem Kläger daher eine Fortsetzung des Vertrags nicht aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten unzumutbar gewesen sei, rechtsfehlerhaft.

Rz. 17

Wenn die Mängel der Treppe im eingebauten Zustand nicht zu beheben waren, war der Beklagte - so er nicht aus anderen Gründen zur Leistungsverweigerung berechtigt war - verpflichtet, die Treppe zum Zweck der Mängelbeseitigung auszubauen. Es ist zwar grundsätzlich Angelegenheit des Unternehmers, wie er den vertragsgerechten Zustand herstellt. Ist die Mängelbeseitigung jedoch nur auf eine bestimmte Weise möglich, so ist er dazu verpflichtet, diese vorzunehmen. Der Besteller kann ein dieser Verpflichtung nicht entsprechendes und damit untaugliches Angebot von vornherein zurückweisen (BGH, Urt. v. 13.12.2001 - VII ZR 27/00, BGHZ 149, 289, 293; v. 24.4.1997 - VII ZR 110/96, BauR 1997, 638 = ZfBR 1997, 249).

Rz. 18

Soweit das Berufungsgericht eine Vertragsverletzung des Beklagten verneint, weil der Kläger durch sein Verhalten dem Beklagten die Möglichkeit genommen habe, die Mängel zu besichtigen, fehlt es schon an Feststellungen dazu, wie der Kläger sich verhalten hat und warum dem Beklagten, der beim Ortstermin des Sachverständigen anwesend war, nochmals die Möglichkeit der Besichtigung hätte eingeräumt werden müssen. Der Senat kann deshalb nicht beurteilen, inwieweit ein vertragswidriges Verhalten des Klägers dazu geführt hat, dass der Beklagte seiner Verpflichtung, den Mangel durch Ausbau der Treppe zu beseitigen, nicht nachgekommen ist, und inwieweit sich dieses Verhalten bei der Beurteilung der Frage, ob dem Kläger ein außerordentliches Kündigungsrecht zustand, auswirkt.

Rz. 19

Dass der Beklagte die Mängelbeseitigung wegen unverhältnismäßig hoher Kosten gem. § 635 Abs. 3 BGB verweigern konnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Deswegen hat es auch keine Wertminderung ausgeurteilt. Die Feststellungen des LG, auf die das Berufungsgericht nicht Bezug nimmt, sind unvollkommen. Sie lassen unberücksichtigt, dass eine nicht geringe Anzahl von Mängeln vorliegt, an deren Beseitigung der Kläger u.a. auch wegen der Störung des optischen Gleichklangs mit der bereits vorhandenen Treppe ein erhebliches Interesse haben kann. Die Einordnung des Sachverständigen, der weitgehend nur einen Minderwert angesetzt hat, ist nicht maßgeblich. Sie lässt nicht erkennen, dass sie sich an dem Maßstab des Gesetzes orientiert.

Rz. 20

2. Die Verurteilung des Klägers zur Zahlung von 8.847,27 EUR Werklohn kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Vergütung nach § 649 Satz 2 BGB ausgeurteilt worden ist. Handelt es sich - wovon in der Revision nach Vorstehendem zugunsten des Klägers auszugehen ist - um eine außerordentliche Kündigung, so steht dem Beklagten nur ein Anspruch auf Vergütung der erbrachten Leistungen zu. Zudem können dem Kläger die Rechte wegen Mängeln dieser Leistung aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht deshalb aberkannt werden, weil er den Ausbau der Treppe verlangt hat. Soweit das Berufungsgericht ausführt, der Kläger habe eine Mängelbeseitigung in dem tatsächlich von dem Beklagten geschuldeten Umfang abgelehnt, fehlen jegliche Feststellungen, welche Mängelbeseitigung der Beklagte nach Auffassung des Berufungsgerichts schuldet.

Rz. 21

a) Die Revision beanstandet darüber hinaus zu Recht die Auffassung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten keine wirksame Einigung über die vom Kläger zu zahlende Vergütung getroffen und daher sei die übliche Vergütung geschuldet. Das Berufungsgericht verweist insoweit auf die Ausführungen des LG. Dieses hat gemeint, die Auftragsbestätigung vom 28.6.2002 könne nicht zur Bemessung der Vergütung herangezogen werden, weil sie nach Beginn der Arbeiten erstellt worden sei und keine vertragliche Vereinbarung bezüglich der Höhe der streitgegenständlichen Treppe darstelle (richtig: Höhe der Vergütung für die streitgegenständliche Treppe).

Rz. 22

Eine Auftragsbestätigung verliert nicht allein deshalb ihre rechtliche Bedeutung, weil sie nach Beginn der Arbeiten erteilt worden ist. Im Übrigen werden die besonderen Umstände der Auftragsbestätigung, die in der Anknüpfung an den bereits erledigten Auftrag und der erst Jahre später erfolgten Aufnahme des Anschlussauftrages liegen, unberücksichtigt gelassen. Das Schreiben vom 28.6.2002 kann, wenn es keine Bestätigung eines bereits geschlossenen Vertrages und auch keine Annahme eines zuvor erteilten Angebots beinhaltete, im Übrigen als Angebot zur Erbringung der darin aufgeführten Leistungen zum dargestellten Preis zu verstehen sein. Ein solches Angebot könnte konkludent angenommen worden sein. Letztlich berufen sich beide Parteien nunmehr auf die Gültigkeit der im Schreiben vom 28.6.2002 bestätigten Auftragserteilung. Dass der Kläger dazu zunächst eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, steht einer rechtlichen Würdigung, wonach der Vertrag mit dem Inhalt des Schreibens vom 28.6.2002 zustande gekommen ist, nicht entgegen.

Rz. 23

b) Zu Recht beanstandet die Revision weiter, dass die Berechnung des Berufungsgerichts auch insofern fehlerhaft ist, als es eine vom Kläger behauptete weitere Abschlagszahlung von 5.144,61 EUR unberücksichtigt lässt. Das Berufungsgericht führt insoweit aus, auf der Auftragsbestätigung vom 28.6.2002 sei nur ein Betrag von 2.644,61 EUR (= 5.172,41 DM) vermerkt. Dabei hat das Berufungsgericht verkannt, dass auf der Auftragsbestätigung ein Betrag von 2.644,61 EUR sowie ein weiterer Betrag von 2.500 EUR ausgewiesen ist, woraus sich ein Gesamtbetrag von 5.144,61 EUR ergibt. Auf diesen Abzugsbetrag hat sich der Kläger, gestützt auf den Vermerk des Beklagten in der Auftragsbestätigung, bereits im Schriftsatz vom 19.7.2007 in erster Instanz berufen und dies in der Berufungsbegründung wiederholt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist dieser Vortrag schlüssig. Ein Beweisantritt war nicht erforderlich, weil die Zahlung vom Beklagten erst nach der Verhandlung vom 17.12.2009 beim Berufungsgericht in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz bestritten worden ist.

III.

Rz. 24

Danach hat das Urteil keinen Bestand. Es wird aufgehoben und die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch und verweist die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2705101

DB 2011, 8

NJW 2011, 1872

NJW 2011, 6

BauR 2011, 1336

IBR 2011, 398

JurBüro 2011, 554

NZM 2011, 555

WM 2011, 1718

ZAP 2011, 912

DAR 2011, 465

MDR 2011, 782

NJ 2011, 6

ZfBR 2011, 550

BauSV 2011, 80

NJW-Spezial 2011, 366

NZBau 2011, 413

UBB 2011, 10

ZGS 2011, 296

BBB 2011, 61

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