Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusatzversorgung. Anwartschaft. Ausgleich durch Quasi-Splitting. Versicherungszeitpunkt. Eisenbahn

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Bahnversicherungsanstalt Abt. B begründete Anwartschaften auf Zusatzversorgung sind jedenfalls dann im Wege des analogen Quasi-Splittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG auszugleichen, wenn der versicherte Ehegatte im Zeitpunkt der Neuordnung des Eisenbahnwesens am 1.1.1995 in der Zusatzversicherung bei der Bahnversicherungsanstalt Abt. B versichert war (§ 15 Abs. 1 S. 2, 3 Bundeseisenbahnneugliederungsgesetz).

 

Normenkette

VAHRG § 1 Abs. 3; BEZNG § 15

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches OLG (Beschluss vom 31.03.2004; Aktenzeichen 10 UF 37/04)

AG Bad Oldesloe (Urteil vom 29.01.2004)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1) werden der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des OLG Schleswig in Schleswig v. 31.3.2004 aufgehoben und das Verbundurteil des AG - FamG - Bad Oldesloe v. 29.1.2004 hinsichtlich des Ausgleichs der Versorgung des Ehemannes bei der Bahnversicherungsanstalt, Abteilung B, Versicherungsnummer R. ... (betriebliche Anwartschaften) dahin abgeändert, dass der dort angegebene Betrag von "100,34 EUR" durch den Betrag "34,61 EUR" ersetzt wird.

Beschwerdewert: 500 EUR.

 

Gründe

I.

Die am 12.10.1989 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den der Ehefrau (Antragsgegnerin) am 6.10.2003 zugestellten Antrag des Ehemannes (Antragstellers) durch Verbundurteil des AG - FamG - v. 29.1.2004 geschieden (insoweit rechtskräftig am selben Tag) und der Versorgungsausgleich geregelt.

Während der Ehezeit (1.10.1989 bis 30.9.2003, § 1587 Abs. 2 BGB) erwarben die Parteien Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung, und zwar die am 9.1.1966 geborene Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein (weitere Beteiligte zu 3), LVA) i.H.v. 192,82 EUR und der am 31.12.1957 geborene Ehemann bei der Bahnversicherungsanstalt Abt. A (weitere Beteiligte zu 2); BVA/A) i.H.v. 398,52 EUR, jeweils monatlich und bezogen auf den 30.9.2003. Außerdem hat der Ehemann in der Ehezeit bei der Bahnversicherungsanstalt Abt. B (weitere Beteiligte zu 1), BVA/B) eine Anwartschaft auf Zusatzversorgung in monatlicher Höhe von 200,68 EUR, bezogen auf den 30.9.2003, erworben.

Das AG hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es bei der BVA/A bestehende Rentenanwartschaften des Ehemannes i.H.v. (398,52 EUR - 192,82 EUR = 205,70 EUR: 2 =) 102,85 EUR, bezogen auf den 30.9.2003, im Wege des Splittings auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA übertragen hat. Die bei der BVA/B bestehenden Anrechte des Ehemannes auf Zusatzversorgung hat es als volldynamisch angesehen und zu Lasten dieser Anrechte für die Ehefrau Rentenanwartschaften bei der LVA i.H.v. 100,34 EUR begründet.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der BVA/B hat das OLG die Entscheidung des AG abgeändert und - zum Ausgleich der für den Ehemann bei der BVA/B begründeten Anrechte auf Zusatzversorgung - im Wege des erweiterten Splittings nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG Rentenanwartschaften des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BVA/A in monatlicher Höhe von 34,61 EUR, bezogen auf den 30.9.2003, auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA übertragen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die BVA/B gegen die Ausgleichsform.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Nach Auffassung des OLG sind die für den Ehemann bei der BVA/B begründeten Anrechte auf Zusatzversorgung als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium volldynamisch anzusehen. Sie seien dementsprechend gem. § 1587a Abs. 3 BGB i.V.m. Tabelle 1 zu § 2 Abs. 1 BarwertVO umzurechnen und mit dem sich daraus ergebenden Wert eines volldynamischen Anrechts i.H.v. 69,22 EUR in die Ausgleichsbilanz einzustellen (200,68 EUR x 12 Monate x 3,8 [Barwertfaktor Alter bei Ehezeitende 45] x 165 % [Anmerkung 2 zu Tabelle 1 BarwertVO] = 15.099,16 EUR [Barwert] x 0,0001754432 [Umrechnungsfaktor EPe] x 26,13 EUR [aktueller Rentenwert] = 69,22 EUR). Der sich ergebende Ausgleichsanspruch i.H.v. insgesamt (398,52 EUR + 69,22 EUR - 192,82 EUR = 274,92 EUR: 2 =) 137,46 EUR sei i.H.v. (398,52 EUR - 192,82 EUR = 205,70 EUR: 2 =) 102,85 EUR im Wege des Splittings (§ 1587b Abs. 1 BGB) zu erfüllen. Der verbleibende Ausgleichsbetrag i.H.v. (137,46 EUR - 102,85 EUR =) 34,61 EUR sei an sich (gem. § 2 VAHRG) schuldrechtlich auszugleichen. An die Stelle des schuldrechtlichen Ausgleichs trete jedoch nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bis zur Höhe des dort genannten Höchstbetrags (hier: 47,60 EUR) ein erweitertes Splitting nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG i.V.m. § 1587b Abs. 1 BGB, so dass Rentenanwartschaften des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BVA/A i.H.v. weiteren 34,61 EUR auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA zu übertragen seien.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

Richtig ist, dass die bei der BVA/B bestehenden Anrechte des Ehemannes auf Zusatzversorgung im Anwartschaftsstadium als statisch und im Leistungsstadium als volldynamisch zu beurteilen sind (BGH, Beschl. v. 6.10.2004 - XII ZB 133/04, BGHReport 2005, 163 = MDR 2005, 149 = FamRZ 2004, 1959). Für die Zwecke des Versorgungsausgleichs ist deshalb der Wert dieser Anrechte in den Wert volldynamischer Anrechte umzurechnen. Dies hat das OLG zutreffend getan; auch die Rechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts.

Nicht richtig ist jedoch, dass das OLG diese Anrechte gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG i.V.m. § 1587b Abs. 1 BGB im Wege des erweiterten Splittings ausgeglichen hat. Einem Ausgleich im Wege des erweiterten Splittings sind, wie schon der Wortlaut des § 3b Abs. 1 VAHRG verdeutlicht, nur solche Anrechte zugänglich, die nicht bereits nach § 1 Abs. 2 oder Abs. 3 VAHRG ausgeglichen werden können und die, gäbe es die Möglichkeit eines Ausgleichs nach § 3b VAHRG nicht, deshalb gem. § 2 VAHRG schuldrechtlich ausgeglichen werden müssten. Das ist hier nicht der Fall. Die BVA/B ist, worauf sie im Beschwerdeverfahren selbst zutreffend hingewiesen hat, ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsträger mit der Folge, dass die bei ihr begründeten Anrechte nach § 1 Abs. 3 VAHRG im Wege des analogen Quasi-Splittings auszugleichen sind. Dies ergibt sich aus der Weiteranwendungsklausel des § 15 Abs. 1 S. 1, 2 Bundeseisenbahnneugliederungsgesetz (BEZNG, v. 27.12.1993 BGBl. I, 2378, berichtigt 1994, 2439). Diese Regelung sieht für den Versichertenbestand im Zeitpunkt der Neuordnung des Eisenbahnwesens am 1.1.1995 weiterhin eine Zusatzversorgung durch die als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Funktion einer Pensionskasse ausgestaltete BVA/B vor. Ob für die Anrechte derjenigen Beschäftigten, für die die Weiteranwendungsklausel des BEZNG nicht zur Anwendung gelangt und für die die Deutsche Bahn AG deshalb zwar selbst Träger der ihnen zugesagten Versorgung ist, sich bei deren technischer Abwicklung aber (bis zum 31.12.2003) im Wege eines Auftrags der BVA bedient (Erman/Klattenhoff, BGB, 11. Aufl., § 1 VAHRG Rz. 7), etwas anderes gilt, kann hier dahinstehen; denn diese Voraussetzungen - Einstellung bei der Deutschen Bahn AG nach 1994 - liegen hier nicht vor. Dementsprechend waren zum Ausgleich der bei der BVA/B bestehenden Anrechte des Ehemannes auf Zusatzversorgung nicht Rentenanwartschaften des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BVA/A i.H.v. 34,61 EUR auf die Ehefrau zu übertragen, sondern - gem. § 1 Abs. 3 VAHRG - zu Lasten der bei der BVA/B bestehenden Anrechte des Ehemannes auf Zusatzversorgung für die Ehefrau Anrechte bei der LVA in dieser Höhe zu begründen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1346239

BGHR 2005, 1058

FamRZ 2005, 1464

NJW-RR 2005, 1017

DÖD 2006, 37

MDR 2005, 1055

FamRB 2005, 229

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge