Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz. Nachträgliches Verhalten einer Vertragspartei. Auslegung eines Vertrags. Tatsächlicher Vertragswille. Rechtsbeschwerde. Rechtsfehler. Zulässigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Auslegung eines Vertrags ist das nachträgliche Verhalten einer Vertragspartei nicht von Bedeutung.

 

Normenkette

LwVG § 24

 

Verfahrensgang

Thüringer OLG (Beschluss vom 19.09.2002)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Senats für Landwirtschaftssachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 19. September 2002 wird auf Kosten der Antragsgegnerin, die der Antragstellerin auch etwaige außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin macht als früheres Mitglied der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz geltend. Das Landwirtschaftsgericht hat dem auf Zahlung von 22.526,28 DM (11.517,50 EUR) nebst Zinsen gerichteten Antrag stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der – nicht zugelassenen – Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Abweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor (dazu näher BGHZ 89, 149 ff.).

Die Rechtsbeschwerde macht geltend, das Beschwerdegericht habe „entscheidungserheblich verkannt”, daß das nachträgliche Verhalten einer Vertragspartei von Bedeutung ist, wenn es Anhaltspunkte für den tatsächlichen Vertragswillen enthält. Dies begründet keinen Abweichungsfall im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG. Das Beschwerdegericht hat keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der einem Rechtssatz entgegenstünde, der sich aus der von der Rechtsbeschwerde zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ergibt. Das Beschwerdegericht ist, im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, davon ausgegangen, daß für die Auslegung eines Vertrages allein die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von Bedeutung sind (BGH, Urt. v. 16. Oktober 1997, IX ZR 164/96, NJW-RR 1998, 259; Urt. v. 24. Juni 1988, V ZR 49/87, NJW 1988, 2878). Was die Rechtsbeschwerde dagegensetzt, hat mit der Frage der Auslegung eines Vertrages nichts zu tun, sondern betrifft die Feststellung des übereinstimmenden Willens der Parteien, der, wenn er festgestellt werden kann, jeder Auslegung vorgeht und für den ein nachvertragliches Verhalten einer Partei Bedeutung erlangen kann (vgl. BGH, Urt. v. 26. November 1997, XII ZR 308/95, NJW-RR 1998, 801, 803; Urt. v. 24. Juni 1988, V ZR 49/87, NJW 1988, 2878). Über die Frage, ob die Parteien des Abfindungsvertrages einen übereinstimmenden Willen des Inhalts hatten, wie ihn die Antragsgegnerin dem Vertrag beimessen will, verhält sich die angefochtene Entscheidung nicht. Das Beschwerdegericht hat daher auch keinen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zuwiderlaufenden Rechtssatz aufgestellt. Ob die Prüfung eines übereinstimmenden Willens geboten gewesen wäre (setzt entsprechenden Sachvortrag voraus) und ob die Prüfung das von der Antragsgegnerin gewünschte Ergebnis erbracht hätte, ist ohne Belang. Falls die Entscheidung insoweit Defizite aufweisen sollte, läge darin nur ein Rechtsfehler, der die Rechtsbeschwerde – für sich genommen – nicht statthaft macht (st. Senatsrspr., vgl. schon Beschl. v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328).

Soweit die Rechtsbeschwerde weiter geltend macht, das Beschwerdegericht habe den Grundsatz der Amtsermittlung verletzt, so fehlt es für die Statthaftigkeit gleichfalls an der Darlegung eines abstrakten Rechtssatzes, den das Beschwerdegericht gegen einen eben solchen Rechtssatz des Bundesgerichtshofs aufgestellt hätte. Das Beschwerdegericht hat nicht die Auffassung vertreten, der Amtsermittlungsgrundsatz gelte nicht. Es hat allenfalls – so man der Rechtsbeschwerde folgt – den Anforderungen dieses Grundsatzes nicht genügt. Darin liegt keine Abweichung im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

 

Unterschriften

Wenzel, Krüger, Lemke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI929647

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