Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beklagte ist seit dem 16.11.1999 Mieterin einer im Hause … in Berlin-Neukölln belegenen Wohnung. Die Klägerin ist Vermieterin.

Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 08.09.2004 fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 31.12.2004 und forderte die Beklagte auf, die Wohnung herauszugeben. Die Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach.

Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Räumung der an diese vermieteten Wohnung in Anspruch.

Die Klägerin behauptet:

die Beklagte störe den Hausfrieden. Sie beschimpfe die Ehefrau und die Tochter des Hauswarts … Dies habe sie zum Beispiel am 09.04.2004 und 04.05.2004 getan. Am 21.04.2004 habe die Tochter der Beklagten die Ehefrau des Hauswarts in einer Filiale der Firma … tätlich angegriffen.

Die bei an ihr angestellte Frau … habe die Beklagte im zweiten Quartal 2004 mündlich abgemahnt und ihr die Kündigung des Mietverhältnisses angedroht.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die in Berlin-Neukölln, …, im Erdgeschoss gelegene Wohnung, bestehend aus 1 Zimmer, 1 Küche, 1 Toilette mit Bad, 1 Korridor, 1 Balkon und 1 Kellerraum … zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, die Familie des Hauswartes beschimpft zu haben und bestreitet auch in irgendeiner Form abgemahnt worden zu sein.

Die Beklagte behauptet:

in der Filiale der Firma … habe es am 21.08.2004 lediglich eine verbale Auseinandersetzung zwischen ihrer Tochter und der Ehefrau des Hauswarts gegeben. Die Auseinandersetzungen mit dem Hauswart seien unter anderem darauf zurückzuführen, dass der Hauswart gern ihre Wohnung für einen guten Freund habe reservieren wollen und auch ihre offene Lebensweise beanstandet, die nicht seinen strengen islamischen Glaubensanforderungen gerecht werde.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist abzuweisen.

Sie ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf § 546 BGB auf Herausgabe der Wohnung.

Die fristlose Kündigung vom 08.09.2004 ist gemäß § 543 Abs. 3 BGB unwirksam, denn dieser Kündigung ging keine wirksame Abmahnung voraus. Unstreitig hat die Klägerin die Beklagte nie schriftlich abgemahnt. Zwar kann eine Abmahnung auch mündlich ausgesprochen werden, jedoch ist hier weder vorgetragen wann genau diese Abmahnung ausgesprochen worden sein soll, noch welchen Inhalt diese Abmahnung genau hatte. Eine Abmahnung muss das beanstandete Verhalten des Mieters so genau bezeichnen, dass dieser sein Verhalten darauf einstellen kann und erkennen kann, welche Folgen die Nichtbeachtung der Abmahnung hat (Sternel Mietrecht, 3. Auflage, IV, 393, 394).

Ob die Abmahnung durch die Frau …, die irgendwann zwischen dem 01.04.2004 und dem 30.06.2004 ausgesprochen worden sein soll, einen entsprechenden Inhalt hatte, ist nicht ersichtlich. Wollte man die Frau … zu dieser Frage als Zeugin vernehmen, käme dies einem im Zivilprozess unzulässigen Ausforschungsbeweis gleich.

Darüber hinaus ist auch nicht dargelegt, dass die Beklagte nach der angeblichen Abmahnung dieser zuwider gehandelt hat. Die Beschimpfungen der Hauswartsfrau sollen am 09.04.2004 und 04.05.2004 stattgefunden haben, während die Abmahnung im 2. Quartal 2004, also auch zwischen dem 04.05.2004 und 30.06.2004 ausgesprochen worden sein kann.

Der behauptete Angriff der Tochter der Beklagten auf die Hauswartsfrau, der am 21.08.2004 stattgefunden haben soll, ist für die Kündigung des Mietverhältnisses und damit für den vorliegenden Rechtsstreit irrelevant. Selbst wenn die Tochter der Beklagten die Hauswartsfrau in der Filiale der Firma … angegriffen haben sollte, brauchte die Beklagte sich dieses nicht zurechnen zu lassen. Auch wenn Familienangehörige von Mietern als Erfüllungsgehilfen der Mieter anzusehen sind, begründet deren Fehlverhalten kein Verschulden des Mieters, denn die schuldhafte Pflichtverletzung setzt grundsätzlich ein eigenes Schulden des Mieters voraus (KG, GE 2000, 1103).

Die Kündigung vom 08.09.2004 ist auch nicht als ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB wirksam, obwohl diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach eine Abmahnung nicht voraussetzt. Jedoch ist auch vor einer ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 grundsätzlich eine Abmahnung zu verlangen. Sogar eine sehr viel weniger einschneidende Unterlassungsklage nach § 541 BGB setzt zwingend eine Abmahnung voraus. Ebenso ist für die stärkere Sanktion der außerordentlichen fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 3 BGB eine...

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