Leitsatz (amtlich)

1. Ein im Grundbuch nicht eingetragenes Nutzungsrecht an einem Grundstück nach dem Zivilgesetzbuch der DDR besteht nach deren Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland fort, sofern der Eintragungsantrag vor dem 1.1.2001 gestellt worden ist.

2. Ein solches Mitbenutzungsrecht gilt als altrechtliche Dienstbarkeit und bleibt im Zwangsversteigerungsverfahren bestehen, auch wenn es nicht in das geringste Gebot aufgenommen gewesen ist, falls die Zwangsversteigerung vor dem 1.1.2001 angeordnet wurde.

3. Ein solches Grundstücksrecht erlischt nicht infolge der vollständigen Wiederherstellung des Öffentlichen Glauben des Grundbuchs durch bloßen Zeitablauf, falls es der Eigentümer des dienenden Grundstücks anerkannt und eine entsprechende Berichtigung des Grundbuchs bewilligt oder der Berechtigte von ihm die Bewilligung der Berichtigung in einer Weise verlangt hat, die zur Unterbrechung der Verjährung geeignet ist.

 

Normenkette

EGBGB Art. 233 § 5 Abs. 2; ZGB-DDR § 321 Abs. 1, § 297 Abs. 2; EGZVG § 9; ZVG §§ 52, 91 Abs. 1; GBBerG §§ 8, 13; SachenR-DVO a.F. § 209

 

Verfahrensgang

LG Gera (Aktenzeichen 2 O 475/06)

 

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger sind je hälftige Miteigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in A, C 5 (Flurstück- Nr. 273/4 der Gemarkung M mit C). Dieses Grundstück wird inselartig von dem im Eigentum eines Dritten stehenden Flurstück 273/3 umschlossen.

Der Beklagte ist Rechtsanwalt.

Die Kläger werfen dem Beklagten vor, seine anwaltlichen Pflichten aus einem zwischen den Parteien von September 1999 bis Februar 2003 bestehenden Anwaltsvertrag verletzt zu haben. Denn er habe es versäumt, ein zu ihren Gunsten bestehendes Wege- und Zufahrtsrecht an dem Flurstück-Nr. 273/3 rechtzeitig durch die Eintragung einer entsprechenden Dienstbarkeit in das Grundbuch oder auf andere Weise abzusichern. Infolgedessen sei das Recht erloschen.

In erster Instanz haben die Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 57.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab Klagezustellung zu zahlen und ihnen ferner sämtliche weitergehende künftige Schäden zu ersetzen, die darauf beruhen, dass bezüglich des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in A, C 5, Flurstück-Nr. 273/4 der Gemarkung M mit C auf dem Flurstück-Nr. 273/3 ein dinglich abgesichertes Wegerecht nicht besteht.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass den Klägern der behauptete Schaden nicht entstanden sei. Gemäß § 332 Abs. 1 ZGB-DDR sei den Klägern von der PGH "Energie" A ein Mitbenutzungsrecht an dem Grundstück mit dem Flurstück-Nr. 273/3 eingeräumt worden. Dieses sei gem. Art. 233 § 5 Satz 1 EGBGB auf die Rechtsnachfolger, die IHS GmbH, übergegangen. Die Vorschrift des Art. 233 § 5 Abs. 2 Satz 3 EGBGB verweise für diesen Sachverhalt auf § 9 EGZVG. Danach bleibe in der Zwangsversteigerung ein gegen Dritte bestelltes Mitbenutzungsrecht bestehen, auch wenn es - wie hier - nicht im Grundbuch eingetragen und auch nicht im geringsten Gebot berücksichtigt worden sei. Mithin sei das Wege- und Nutzungsrecht der Kläger durch den Zuschlag zugunsten des jetzigen Eigentümers des Grundstücks mit der Flurstücks-Nr. 273/3 nicht erloschen. Diese könnten nach wie vor die Eintragung eines solchen Rechts im Grundbuch verlangen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger.

Sie rügen, dass das Urteil auf einer Verletzung materiellen Rechts beruhe.

Es treffe nicht zu, dass es ihnen heute noch möglich sei, das streitgegenständliche Wegerecht gegen den Eigentümer des Grundstücks mit der Flurstücks-Nr. 273/3 geltend zu machen und durchzusetzen. Der Hinweis des LG auf § 9 ZVG greife nicht, da das Wege- und Zufahrtsrecht bereits durch bloßen Zeitablauf nach dem 31.12.2000 erloschen sei. Dies hätte der Beklagte verhindern können und müssen.

Unter Wiederholung ihrer erstinstanzlichen Anträge beantragen die Kläger, das Urteil des LG Mühlhausen vom 10.1.2007 - 2 O 475/06, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,

I. an die Kläger 57.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab Klagezustellung zu zahlen,

II. den Klägern sämtliche weitergehende künftige Schäden zu ersetzen, die darauf beruhen, dass bezüglich des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in A, C 5, Flurstück-Nr. 273/4 der Gemarkung M mit C auf dem Flurstück-Nr. 273/3 ein dinglich abgesicherte Wegerecht...

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