Leitsatz (amtlich)

Die befristete Wiederinvollzugsetzung einer Unterbringung nach § 67h StGB führt in Verfahren nach dem JGG nicht zur dauerhaften Zuständigkeit des Jugendrichters als Vollstreckungsleiter für die weitere Überwachung der Bewährung. Das Gericht, das die Maßregel zur Bewährung ausgesetzt hat, bleibt für die Bewährung nach Abschluss der Maßnahme nach § 67h StGB zuständig.

 

Normenkette

JGG § 58; StGB § 67h

 

Verfahrensgang

LG Mühlhausen (Entscheidung vom 03.07.2009; Aktenzeichen 203 Js 41893/08 - 1 KLs jug.)

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass die große Strafkammer - Jugendkammer - beim Landgericht Mühlhausen derzeit für die Entscheidungen zuständig ist, die in Folge der Aussetzung der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung notwendig werden.

 

Gründe

I. Am 1.9.2008 verurteilte das Landgericht Mühlhausen den Verurteilten, der jetzt 17 Jahre alt ist, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 16 Fällen zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. Außerdem ordnete das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, setzte aber auch deren Vollstreckung zur Bewährung aus.

Neben dem Urteil erging ein entsprechender Bewährungsbeschluss, in dem die Bewährungszeit auf 3 Jahre bestimmt und ein Bewährungshelfer bestellt wurde.

In der Folge gestaltete sich der Bewährungsverlauf schwierig. Mit Beschluss des Senats vom 11.3.2009 wurde - auf sofortige Beschwerde gegen einen von der Jugendkammer beschlossenen Bewährungswiderruf hin - die Anordnung der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus für die Dauer von höchstens 3 Monaten nach § 67h StGB in Vollzug gesetzt.

Diese Unterbringung wurde im Ö Klinikum in M vollstreckt. Die Akten wurden an die Jugendrichterin beim Amtsgericht Mühlhausen als Vollstreckungsleiterin gesandt, nachdem die Einleitung der Vollstreckung durch den Jugendrichter beim Amtsgericht Nordhausen erfolgt war.

Die Jugendrichterin beim Amtsgericht Mühlhausen hob die Unterbringung nach § 67h StGB mit Beschluss vom 26.6.2009 auf.

Sie übersandte die Akten sodann der 3. großen Strafkammer als Jugendkammer beim Landgericht Mühlhausen, das als bewährungsaufsichtsführendes Gericht weiterhin zuständig sei. Die "Zwischenvollstreckung" nach § 67h StGB sei eine Vollstreckung eigener Art und führe nicht zur Zuständigkeit des Vollstreckungsleiters auch für das Bewährungsverfahren.

Die 3. große Strafkammer beim Landgericht Mühlhausen ist demgegenüber der Auffassung, es sei nunmehr eine bereits vollzogene Maßregel ausgesetzt, so dass die Strafvollstreckungskammer zuständig sei, deren Aufgaben im Jugendgerichtsverfahren vom Jugendrichter als Vollstreckungsleiter wahrgenommen werden.

Sie hat deswegen mit Beschluss vom 3.7.2009 die Akten dem Thüringer Oberlandesgericht zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.

II. Zuständig für die Entscheidungen, die infolge der Aussetzung der Maßregel zur Bewährung notwendig werden - ebenso wie für diejenigen bezüglich der zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe - ist die Jugendkammer beim Landgericht Mühlhausen als dasjenige Gericht, das die Bewährung angeordnet hat.

Das folgt aus § 58 Abs. 3 Satz 1 JGG, der bei einer Aussetzung einer Maßregel entsprechend anzuwenden ist.

Die Zuständigkeitsregelung in § 58 JGG hat entsprechend in den Fällen von Bewährungsentscheidungen zu gelten, die nicht ausdrücklich in § 58 Abs. 1 Satz 1 JGG genannt werden (Ostendorf, JGG, 8. Aufl., § 58 Rn. 3). Ein Auseinanderfallen der Zuständigkeit für verschiedene Entscheidungen im Rahmen der Bewährung kann nicht gewollt sein. Das muss auch dann gelten, wenn in einem Urteil sowohl eine Jugendstrafe wie auch eine Maßregel zur Bewährung ausgesetzt worden sind. Dass über die Bewährung hinsichtlich der Jugendstrafe und hinsichtlich der Maßregel verschiedene Gerichte entscheiden sollten, wäre nicht tragbar.

Regelungen über das Verfahren bei Verhängung von Maßregeln der Besserung und Sicherung und deren Vollstreckung trifft das JGG nur in wenigen Ausnahmefällen. Diese machen aber deutlich, dass auch bei Maßregeln nicht grundsätzlich das allgemeine Strafrecht bzw. Strafvollstreckungsrecht eingreifen und Regelungslücken schließen soll. Wenn etwa §§ 39 ff. JGG die Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus durch das Jugendschöffengericht - und somit das Amtsgericht - ermöglichen und § 85 Abs. 4 JGG die Zuständigkeit für die Vollstreckung der Unterbringungsmaßregel wie die Vollstreckung von Jugendstrafe regelt, wird damit deutlich, dass im Zweifel allgemeine Regelungen des Jugendgerichtsgesetzes gegenüber allgemeinen Regelungen des Maßregelvollstreckungsrechts vorrangig sind. Stets sind die besonderen Grundsätze des Jugendgerichtsgesetzes auch bei Maßregeln der Besserung und Sicherung zu berücksichtigen (Eisenberg, JGG, 12. Aufl., § 7 Rn. 6).

Der Vollstreckungsleiter ist für die im Rahmen der Bewährungsüberwachung zu treffenden Entscheidungen nur dann zuständig, wenn er selbst nach § 88 JGG eine Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt hat (BGHSt 19, 170,...

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