Verfahrensgang

LG Kiel (Aktenzeichen 12 O 562/17)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. Juni 2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Berufungsstreitwert wird auf EUR 28.170,00 festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Erstattung zweier von ihm nicht autorisierter Überweisungen von seinem Konto bei der Beklagten.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage in der zuletzt geltend gemachten Hauptsache - abgesehen von einer geltend gemachten Verzinsung - stattgegeben und die Beklagte verurteilt, das Konto des Klägers wieder auf den Stand zu bringen, den es ohne die beiden streitgegenständlichen Belastungsbuchungen vom 31. August 2017 gehabt hätte.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Rechtsstreit sei ohne Beiziehung der strafrechtlichen Ermittlungsakte entscheidungsreif. Eine solche sei nicht vorzunehmen, da die Beklagte sie nicht zum Beweis einer konkreten Tatsache beantragt und im Übrigen ein eigenes Akteneinsichtsrecht habe.

Gemäß § 675u BGB aF könne der Kläger von der Beklagten verlangen, sein Konto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die streitgegenständlichen nicht autorisierten Zahlungsvorgänge vom 31. August 2017 befunden hätte. Das Vorliegen der Voraussetzungen der genannten Norm sei zwischen den Parteien nicht streitig.

Der Beklagten stehe auch kein Schadensersatzanspruch gemäß § 675v BGB aF zu, den sie dem genannten Anspruch des Klägers entgegenhalten könnte.

Die nicht autorisierten Zahlungsvorgänge beruhten nicht auf der Nutzung eines verloren gegangenen, gestohlenen oder sonst abhanden gekommenen Zahlungsauthentifizierungsinstruments (§ 675v Abs. 1 Satz 1 BGB aF). Fraglich sei bereits, ob es sich beim Mobiltelefon im smsTAN-Verfahren um ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument handele oder nur der Einsatz auf diese Weise erhaltener Transaktionsnummern ein solches sei. Jedenfalls sei dem Kläger weder sein Mobiltelefon noch seine SIM-Karte verloren gegangen, gestohlen worden oder sonst abhandengekommen. Das Nichtfunktionieren der SIM-Karte stelle kein Abhandenkommen dar. Darüber hinaus wäre es für den Nutzer eines Mobiltelefons unzumutbar, jede Funktionsstörung sämtlichen Anbietern der über das Telefon zugänglichen Dienste melden zu müssen. Dem Kläger gemäß § 278 BGB ein Verschulden seines Mobilfunkanbieters zuzurechnen, scheitere schon an § 675m Abs. 2 BGB, welcher die Gefahr der Versendung personalisierter Sicherheitsmerkmale dem Zahlungsdienstleister zuweise. Im Übrigen liege auch in der Person der Streitverkündeten kein Fall des § 675v Abs. 1 Satz 1 BGB aF vor, da ihr die für die nicht autorisierten Zahlungsvorgänge genutzte SIM-Karte weder verloren gegangen, gestohlen oder sonst abhandengekommen sei.

Auch liege kein Fall vor, in dem der Schaden infolge einer sonstigen missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments entstanden sei und der Zahler die personalisierten Sicherheitsmerkmale nicht sicher aufbewahrt habe (§ 675v Abs. 1 Satz 2 BGB aF). Ein unsicheres Aufbewahren durch den Kläger sei nicht nachgewiesen, vielmehr sei schon nicht dargelegt, dass der Kläger seine Online-Banking-PIN überhaupt (außerhalb seines Gedächtnisses) aufbewahrt habe. Selbst die - vom Kläger bestrittene - vermeintliche Verwendung der korrekten PIN lasse nicht darauf schließen, dass der Kläger sie nicht sicher aufbewahrt habe, da es allgemein bekannt technische Möglichkeiten des Abfangens gebe. Eine Umkehr der Beweislast ergebe sich nicht daraus, dass die Aufbewahrung der Sicherheitsmerkmale ausschließlich in der Sphäre des Zahlers erfolge. Der Beklagten kämen zwar die Grundsätze der sekundären Beweislast zugute, der Kläger habe allerdings in der mündlichen Verhandlung ausreichend zu den von ihm getroffenen Sicherheitsvorkehrungen vorgetragen. Dem Zahlungsdienstleister sei es auch zumutbar, das verbleibende Restrisiko der Unaufklärbarkeit der Schadensursache zu tragen. Eine Zurechnung eines Verschulden des Mobilfunkanbieters des Klägers scheitere schon an § 675m Abs. 2 BGB. Im Übrigen sei der Anbieter nicht Erfüllungsgehilfe hinsichtlich der Pflicht zur sicheren Aufbewahrung der personalisierten Sicherheitsmerkmale.

Der Kläger habe die nicht autorisierten Zahlungsvorgänge auch nicht durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung einer oder mehrerer Pflichten gemäß § 675l BGB herbeigeführt (§ 675v Abs. 2 Nr. 1 BGB aF). Ein Unterlass...

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