Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 17.08.2000; Aktenzeichen 4 O 410/99)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 17. August 2000 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken – 4 O 410/99 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Klägerin und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 17.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

(abgekürzt gemäß § 543 ZPO)

Der Beklagte ist Miteigentümer eines in Heppenheim gelegenen Anwesens, das eine Diskothek beherbergt. Im Auftrag des früheren Betreibers der Diskothek, der einer behördlichen Anordnung nachkam, baute die Klägerin in dem Gebäude ein Notstromaggregat ein. Wegen Zahlungsrückständen kündigte der Beklagte das Pachtverhältnis zu dem früheren Betreiber der Diskothek und schloß mit der Firma A. GmbH einen Pachtvertrag über die Nutzung der Diskothek.

Die Klägerin teilte dem Beklagten mit, mangels Zahlung durch den früheren Betreiber der Diskothek sei sie berechtigt, auf der Grundlage eines zu ihren Gunsten vereinbarten Eigentumsvorbehalts das Notstromaggregat wieder zu entfernen. Anläßlich einer am 20. April 1999 geführten Besprechung erklärte sich der Beklagte bereit, zur Abwendung einer Demontage an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 17.000 DM zu leisten.

Mit vorliegender Klage verlangt die Klägerin, die das Notstromaggregat in der Diskothek beließ, von dem Beklagten Zahlung in Höhe von 17.000 DM. Durch Schriftsatz vom 28. Februar 2000 hat der Beklagte die mit der Klägerin getroffene Vereinbarung wegen widerrechtlicher Drohung angefochten. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung des Beklagten ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Einen Zahlungsanspruch über 17.000 DM kann die Klägerin aus der am 20. April 1999 getroffenen Vereinbarung gegen den Beklagten nicht herleiten, weil der Beklagte die Übereinkunft durch Schriftsatz vom 28. Februar 2000 zu Recht wegen widerrechtlicher Drohung (§ 123 Abs. 1 BGB) innerhalb der Jahresfrist des § 124 BGB angefochten hat und der Vertrag mithin als nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB) anzusehen ist. Die von dem Beklagten erklärte Anfechtung ist begründet, weil er durch die widerrechtliche Drohung der Klägerin, andernfalls das in dem Anwesen befindliche Notstromaggregat zu zerlegen, zur Übernahme der vertraglichen Zahlungsverpflichtung in Höhe von 17.000 DM veranlaßt wurde. Die als Vergleich einzustufende Absprache der Parteien unterliegt ohne Einschränkung der Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung (Staudinger/Marburger, BGB, 13. Bearbeitung, § 779 Rdn. 82 mit Hinweis auf BGH NJW 1981, 811, 813).

I.

Die am 20. April 1999 bekundete Äußerung der Klägerin, wegen des erlittenen Zahlungsausfalls das Notstromaggregat auszubauen, stellt eine Drohung dar.

1. Drohung ist die Ankündigung eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt oder Nichteintritt der Drohende einwirken zu können behauptet, und das verwirklicht werden soll, wenn der Bedrohte nicht die von dem Drohenden gewünschte Willenserklärung abgibt. Die Drohung muß nicht ausdrücklich ausgesprochen werden, kann vielmehr auch versteckt (z. B. durch eine Warnung oder einen Hinweis auf nachteilige Folgen) oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen (BGH NJW 1988, 2599, 2600 f).

2. Die Klägerin hat, wie sie selbst schriftsätzlich einräumt und alle vernommenen Zeugen bestätigt haben, den Beklagten auf die Möglichkeit hingewiesen, das Notstromaggregat wieder auszubauen, sofern er keine Zahlung leiste. Als Miteigentümer und Mitverpächter des Gebäudes war der Beklagte sowohl kraft behördlicher Anordnung als auch vertraglich gegenüber seinem neuen Pächter zwecks Aufrechterhaltung des Diskothekenbetriebs zur Einrichtung eines Notstromaggregats verpflichtet. Nach Entfernung dieser Anlage hätte das Gebäude nicht mehr als Diskothek genutzt werden können. Darum hatte der Beklagte ein vitales Interesse, den Verbleib des Notstromaggregats in dem Anwesen sicherzustellen. Mit der Erklärung, das Notstromaggregat im Falle fehlender Zahlung auszubauen, hat die Klägerin dem Beklagten folglich einen Nachteil in Aussicht gestellt und ihn in eine Zwangslage gebracht (vgl. BGH NJW 1982, 2301).

II.

Die Drohung, mangels Zahlung das Notstromaggregat aus dem Gebäude zu entfernen, ist sowohl im Blick auf das angewendete Mittel als auch den angestrebten Erfolg als widerrechtlich zu erachten.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Drohung in drei Fällen widerrechtlich, und zwar wenn das angedrohte Verhalten schon für sich allein widerrechtlich ist (Widerrechtlichkeit des Mittels), wenn der erstrebte Erfolg schon für sich allein widerrechtlich ist (Widerrechtlichkeit des Zwecks) oder wenn Mittel und Zweck zwar für sich allein betrachtet nicht widerr...

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