Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Schadensersatzpflicht aufgrund fehlerhafter Sonderprüfung (Vertrag zwischen BaFin und Prüfgesellschaft)

 

Leitsatz (amtlich)

Die BaFin hat keine Schadensersatzansprüche, die sie an die EdW abtreten kann, da sie für ein Fehlverhalten Dritten gegenüber nicht haftet, also keinen Schaden hat. Ein Drittschadensliquidation scheidet hier aus.

 

Normenkette

KWG § 44; FinDAG § 4; ESAEG §§ 3-4; BGB §§ 328, 839; GG Art. 34

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 01.08.2007; Aktenzeichen 27 O 4/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.05.2009; Aktenzeichen III ZR 277/08)

 

Tenor

1. Der Beitritt der Nebenintervenientinnen wird zugelassen.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 1.8.2007 - 27 O 4/07 - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die durch die Nebeninterventionen verursachten Kosten tragen die Nebenintervenientinnen selbst.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 30 Mio. EUR.

 

Tatbestand

A.I. Die Klägerin macht gegen die beklagte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einer gem. § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG durchgeführten Sonderprüfung der P. K. GmbH (P.), einem Wertpapierhandelsunternehmen, geltend.

Die Klägerin ist eine Entschädigungseinrichtung gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (im Folgenden: ESAEG). Ihr ist die Gruppe derjenigen Institute i.S.d. § 1 Abs. 1 ESAEG zugeordnet, die keine Einlagenkreditinstitute sind (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ESAEG). Wenn bei einem der Klägerin zugeordneten Institut der Entschädigungsfall festgestellt wird, obliegt es dieser, die Gläubiger dieses Instituts für nicht zurückgezahlte Einlagen oder für nicht erfüllte Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften zu entschädigen. Die Mittel hierfür sind von den ihr zugeordneten Instituten aufzubringen, zu denen sowohl die Nebenintervenientinnen als auch P. gehören. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben sind der Klägerin ggü. den ihr zugeordneten Instituten u.a. gesetzliche Prüfungsbefugnisse zur Einschätzung der Gefahr des Eintritts des Entschädigungsfalles eingeräumt. Prüfungen können nach Satz 1 der Ziff. 5.1 der Prüfungsrichtlinien der Klägerin - über deren Geltung vor dem Jahr 2004 Streit besteht - in der Regel alle drei Jahre durchgeführt werden, bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen (vgl. Ziff. 5.1 Satz 2, Ziff. 5.2) auch in kürzeren Abständen. Soweit die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFin) Prüfungen durchführt oder anordnet, sieht Ziff. 5.3 vor, dass eine Prüfung über denselben Gegenstand frühestens etwa zwei Jahre nach dem Stichtag der Prüfung der BaFin vorgenommen wird, sofern nicht Ziff. 5.2. eingreift. Wegen der Einzelheiten wird auf die Prüfungsrichtlinien (Anlage K14) Bezug genommen.

Mit Blick auf die Möglichkeit, ihre Prüfungsbefugnisse einem geeigneten Dritten zu übertragen, wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 8.3.2002 (Anlage K18; nach Bl. 190 d.A.) unter Übersendung ihrer Prüfungsrichtlinien an die Beklagte und bat diese, bei Bereitschaft zur Durchführung entsprechender Prüfungen ein Angebot zu unterbreiten. In Antwort auf diese allgemein gehaltene, d.h. keine konkrete Prüfung betreffende Anfrage bekundete die Beklagte mit von den Zeugen H. und M. unterzeichnetem Schreiben vom 12.3.2002 (Anlage K19, nach Bl. 190 d.A.) ihr Interesse und teilte ihre Konditionen mit.

Seit 1992 bot P. die zum Finanzkommissionsgeschäft und zur Finanzportfolioverwaltung berechtigt, aber kein Einlagenkreditinstitut war, zumindest schwerpunktmäßig das Produkt P. (PMA) an. Hierbei wurden Zahlungen der Anleger in einer Kollektiveinlage vermischt, die P. als Gemeinschaftstreuhandkonten für gemeinsame Rechnung aller Kunden gesondert von ihrem übrigen Vermögen und anderen Kundengeldern führte, ohne jedoch jedem Anleger ein eigenes Konto zuzuweisen. Die Führung dieser sog. "Omnibuskonten" hatte das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel als Verstoß gegen das Gebot der getrennten Verwahrung von Kundengeldern gem. § 34a WpHG gewertet und P. mit Bescheid vom 21.3.2000 aufgegeben, die Verwendung von Kundengeldern im Rahmen des PMA im eigenen Namen für fremde Rechnung einzustellen und künftig zu unterlassen, soweit die Kundengelder nicht unverzüglich getrennt von den Geldern des Unternehmens und von anderen Kundengeldern auf Treuhandkonten bei entsprechenden Einlagekreditinstituten verwahrt werden. Die gegen diesen Bescheid ergriffenen Rechtsbehelfe blieben erfolglos; mit Urteil vom 24.4.2002 (ZIP 2002, 1569) wies das BVerwG die Sprungrevision gegen das klagabweisende Urteil des VG F. zurück.

Wenige Monate nach der Entscheidung des BVerwG...

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