Leitsatz (amtlich)

1. Ist eine ärztliche Befunderhebung selbst nicht fehlerhaft, sondern beanstandet der Patient lediglich, dass der Arzt weitere Befunde nicht erhoben hat, so kann der Arzt für die durchgeführten Befunderhebungen auch Honorar beanspruchen.

2. Der Schmerzensgeldanspruch steht gem. § 253 Abs. 2 BGB nur dem Verletzten zu. Einen indirekten Schmerzensgeldanspruch der nicht selbst vom Behandlungsfehler betroffenen Mutter des Patienten, die gleichsam als Reflex mit ihrem Kind mitgelitten hat, kennt das Gesetz dagegen nicht.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 19.12.2007; Aktenzeichen 9 O 2734/05)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten und Widerklägerin gegen das am 19.12.2007 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000 EUR nicht.

 

Gründe

A. Von der Wiedergabe der tatsächlichen Feststellungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

B. Die Berufung ist zulässig, hat jedoch im Ergebnis keinen Erfolg.

I. Die Berufung ist ohne weiteres unbegründet, soweit sie sich auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Arzthonorar i.H.v. 54,55 EUR und weiteren 53,09 EUR nebst Mahnkosten und Zinsen richtet.

1. Die zugrunde liegende Klageforderung als solche ist unstreitig. Die Beklagte greift die Verurteilung nur insoweit an, als sie meint, wegen der von ihr behaupteten unzureichenden Diagnosemaßnahmen könne die Klägerin keine Vergütung für die erbrachte Leistung verlangen. Der Honoraranspruch für die fehlerhafte Leistung müsse entfallen, ohne dass es der Aufrechnung mit einem konkreten Schadensersatzanspruch bedürfe.

2. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.

a) Der Beklagten ist zwar zuzustimmen, dass ein Arzt nach der Rechtsprechung für eine mangelhafte Leistung als solche unter bestimmten Voraussetzungen kein Honorar beanspruchen kann (vgl. OLG Zweibrücken, MedR 2002, 201; OLG Köln VersR 1987, 620 f.; OLG Düsseldorf VersR 1985, 456). Dies setzt aber voraus, dass die in Rechnung gestellte Leistung selbst fehlerhaft ist. Denn der Ersatzanspruch ist darauf gerichtet, wegen der festgestellten Behandlungsmängel für diese Dienstleistung keine Vergütung zahlen zu müssen. Der Schaden des Patienten besteht in einem solchen Fall nach der zitierten Rechtsprechung darin, dass er für eine unbrauchbare ärztliche Behandlung eine Vergütung zahlen soll.

b) Das trifft für die hier abgerechneten Untersuchungen aber nicht zu. Sowohl die körperliche Untersuchung, die Gegenstand der Rechnung Nr. 92408647 ist, als auch die Sonographie, abgerechnet unter Nr. 92409279, waren notwendige oder zumindest sinnvolle Untersuchungsmaßnahmen. Die Sonographie hat die Beklagte sogar ausdrücklich verlangt, wie sie selbst betont. Diese Untersuchungen wurden auch nicht fehlerhaft durchgeführt, wie die erstinstanzliche Beweisaufnahme klar ergeben hat. Soweit die Beklagte dies indirekt bezweifelt und nunmehr Beweis anbietet für ihre Behauptung, eine Volvulus, d.h. eine Achsdrehung des Darms, sei in 50 % der Fälle schon im Sonogramm sichtbar, besteht keine Veranlassung, den angebotenen Beweis zu erheben. Vielmehr kann diese Behauptung als wahr unterstellt werden, bedeutet sie doch nichts anderes, als dass in den übrigen 50 % der Fälle die Achsdrehung eben nicht sichtbar ist.

c) Auch die Beklagte verlangt von den Ärzten nicht, dass sie allein auf Grund der Sonographie und der körperlichen Untersuchung den von der Beklagten von Anfang an vermuteten Darmverschluss hätten erkennen müssen. Sie wirft ihnen nur vor, es bei der Sonographie belassen, und nicht noch eine Röntgenuntersuchung o. Ä. angeordnet zu haben. Der Kernvorwurf der Beklagten gegen die Klägerin und den Drittwiderbeklagten zu 1) besteht gerade darin, dass nicht noch weitere diagnostische Maßnahmen durchgeführt wurden, mit deren Hilfe die Notwendigkeit einer Operation wegen eines bestehenden Darmverschlusses eventuell früher hätte erkannt werden können. Selbst wenn man der Beklagten hierin folgen wollte, wäre damit aber die tatsächlich durchgeführte Untersuchung nicht als fehlerhaft, sondern allenfalls als unvollständig anzusehen.

d) Ist aber die in Rechnung gestellte Leistung selbst nicht fehlerhaft, bleibt der Honoraranspruch des Arztes bestehen. Er könnte allenfalls im Wege der Aufrechnung mit einem anderen Schadensersatzanspruch zu Fall gebracht werden. Hiervon hat die Beklagte aber ausdrücklich Abstand genommen.

II. Die Widerklage ist ebenfalls unbegründet. Auch insoweit kommt es auf die Frage eines Behandlungsfehlers letztlich nicht an, weil die Beklagte keinen ersatzfähigen Schäden geltend macht.

1. Bei der Beklagten handelt es sich nicht um die Patientin. Die streitgegenständliche ärztliche Behandlung betraf nur ihren Sohn. Die Beklagte macht auch nicht etwa aus fremdem Recht Schmerzensgeldansprüche ihres Kindes geltend, sondern hat diese ausdrücklich vorbehalten u...

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