Leitsatz (amtlich)

1. Der gute Glaube an die Wirksamkeit der Vollmacht zur Abgabe der Erklärung über die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung unterfällt nicht dem Schutz §§ 171 ff. BGB.

2. Denn Vertrauensschutz gem. § 172 BGB genießt sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes nur derjenige Geschäftsgegner oder Vertragspartner, an den die Willenerklärung gerichtet ist bzw. zu dem eine Rechtsbeziehung hergestellt werden soll.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 9 O 508/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Halle vom 17.5.2002 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde des Notars Dr. S.Z. in K. vom 23.9.1992 – UR-Nr. … für 1992 – Grundschuldbestellung – wird für unzulässig erklärt, soweit sie in das persönliche Vermögen der Klägerin betrieben werden kann.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreck-baren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin wendet sich gegen die drohende Zwangsvollstreckung der Beklagten aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde, soweit die Vollstreckung ihre persönliche Haftung für ein Darlehen betrifft.

Die Beklagte finanzierte der Klägerin im Rahmen eines Treuhandmodells den Erwerb einer Eigentumswohnung. Dies stand vor folgendem Hintergrund:

Im Juli 1992 wurde die Klägerin von der Mitarbeiterin eines Finanzdienstleistungsunternehmens „Z.” angerufen. Bei einem daraufhin vereinbarten Termin in der Wohnung der Klägerin wies die Mitarbeiterin die Klägerin auf die Möglichkeit des Erwerbs einer vollfinanzierten Eigentumswohnung in der noch zu errichtenden „Studentenwohnanlage A., B.-Straße/M.-Straße” hin. In einem weiteren Gespräch mit der Klägerin erfragte der Mitarbeiter V. des Finanzdienstleisters die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin und bildete ein sogenanntes persönliches Berechnungsbeispiel. Die Klägerin unterzeichnete sodann einen Auftrag zur Vermittlung einer vollfinanzierten Wohnung zu einem Gesamtkaufpreis von 154.916 DM zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr von 5.298,14 DM.

Am 4.8.1992 fand ein Notartermin am Arbeitsplatz der Klägerin statt, in dem der Notar das Angebot zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit der C. GmbH (im Folgenden: C. GmbH) sowie eine in der selben Urkunde enthaltene Vollmacht zu Gunsten der C. GmbH als Abwicklungsbevollmächtigte beurkundete. Das Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrages nahm Bezug auf eine Stammurkunde des Notars Dr. Z. aus K. vom 27.5.1992, UR-Nr. …, die nicht zur Akte gereicht worden ist. Die beurkundete Vollmacht lautet auszugsweise wie folgt:

„II. Vollmacht

1. Der Erwerber erteilt hiermit dem Abwicklungsbevollmächtigten die unwiderrufliche Vollmacht, ihn bei der Vorbereitung, Durchführung – undggf. bei der Rückabwicklung – des in Ziffer I dieser Urkunde bezeichneten Erwerbsvorgangs im vorgesehenen Umfang zu vertreten.

Die Vollmacht erstreckt sich vor allem auf die Vornahme aller Rechtsgeschäfte, Rechtshandlungen und Maßnahmen, insb. die Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen, welche für den Erwerb bzw. die Errichtung des Kaufgegenstandes, dessen Finanzierung und Vermietung erforderlich oder zweckmäßig sind oder dem Bevollmächtigten zweckmäßig erscheinen.

2. Der Abwicklungsbevollmächtigte wird insb. wie folgt bevollmächtigt:

e) Die Bestellung bzw. Übernahme von Grundpfandrechten und Grundpfandrechtsteilen im Rahmen der Finanzierung zu Lasten des Kaufgegenstandes mit Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung

(2) in persönlicher Hinsicht, einschließlich der Übernahme der persönlichen Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages, dessen Höhe dem Darlehensbetrag bzw. dem zu übernehmenden Grundpfandrecht (zuzüglich Nebenkostenleistungen und Zinsen) entspricht …”

Nr. IV.2 der Urkunde lautet:

„Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrages und/oder der vom Erwerber erteilten Vollmacht ganz oder teilweise unwirksam oder undurchführbar sein oder werden, so berührt dies die Gültigkeit der übrigen Abreden und Vollmachten nicht. Die Parteien sind alsdann verpflichtet, die unwirksame oder undurchführbare Regelung durch eine ihrem wirtschaftlichen Sinn und Zweck entsprechende wirksame zu ersetzen, die – soweit rechtlich zulässig – als von Anfang an vereinbart Geltung haben soll.”

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung der Urkunde Bezug genommen (s. Anl. K 12 – Bd. I Bl. 104 ff. d.A.).

Am 23.9.1992 schloss die C. GmbH namens der Klägerin unter Verwendung der Vollmacht mit der I. GmbH (im Folgenden: I. GmbH) einen notariell beurkundeten Kauf- und Werklieferungsvertrag über den hier in Rede stehenden M...

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