Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Kausalität einer unrichtigen Ad-hoc-Mitteilung für Anlageentschluss ("EM. TV")

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2, § 826; WpHG a.F. § 15; BörsG a.F. § 88; AktG § 400 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Kläger erwarb am 26.4.2000 70 Aktien der Beklagten zu 1) (EM. TV AG), deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2) und deren Finanzvorstand der Beklagte zu 3) war, zu einem Kurs von 79,20 EUR, am 11.5.2000 50 Aktien zum Kurs von 79,40 EUR, am 25.5.2000 50 Aktien zum Kurs von 71 EUR, am 23.6.2000 50 Aktien zum Kurs von 56,90 EUR, am 31.7.2000 50 Aktien zum Kurs von 59,30 EUR, am 3.8.2000 50 Aktien zum Kurs von 52 EUR und am 10.10. 2000 50 Aktien zum Kurs von 41,50 EUR.

Der Kurs der Aktie der Beklagten zu 1) lag am 30.10.1997 (Börseneinführung) bei 18,15 EUR, stieg bis Februar 2000 auf knapp 116 EUR und sank in der Folgezeit - von gewissen Spitzen abgesehen - bis Ende November 2000 auf ca. 20 EUR ab, ehe er nach einer von der Beklagten zu 1) am 1.12. 2000 herausgegebenen Gewinnwarnung auf deutlich unter 10 EUR abstürzte. Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz mit der Behauptung, Aktien der Beklagten zu 1) aufgrund bewusst falscher Ad-hoc-Mitteilungen und anderer öffentlicher Informationen der Beklagten zu 2) und 3) zu Geschäftsvorgängen der Gesellschaft erworben bzw. nicht verkauft zu haben. Die angeblichen Falschinformationen betreffen folgende Sachverhaltskomplexe:

Ad-hoc-Mitteilung vom 21.2.2000 über den Erwerb der He. Company (im Folgenden: HC), der als wichtigster Meilenstein in der Entwicklung des Unternehmens bezeichnet wurde.

  • Ad-hoc-Mitteilung vom 22.3.2000 zur Übernahme der S. Investment Ltd. (im Folgenden: Formel-1-Gruppe) für 1,8 Mrd. US-$, die der wichtigste Abschluss in der Geschichte des Unternehmens gewesen sei.
  • Als Ad-hoc-Mitteilung vom 24.8.2000 bekannt gegebener Quartalsbericht über die Halbjahreszahlen des Unternehmens, in die zu Unrecht Umsatz- und Ergebnisbeiträge der HC und der Formel-1-Gruppe eingestellt waren und die danach u.a. eine Steigerung des Konzernumsatzes um 195 % auswiesen; die diesbezügliche vor Börsenbeginn veröffentlichte Korrekturmeldung vom 9.10.2000 führte zu einem starken Kurssturz der Aktie.
  • Wiederholte öffentliche Prognosen der Beklagten zu 2) und 3) in der Zeit vom 8.5.2000 bis zum 28.11. 2000, nach denen für das Jahr 2000 ein Umsatz von ca. 1,6 Mrd. DM und ein Gewinn vor Steuern von ca. 600 Mio. DM zu erwarten sei.

In der Gewinnwarnung vom 1.12. 2000 wurde die Umsatzerwartung auf 1,38 Mrd. DM bei einem Fehlbetrag von 350 Mio. DM korrigiert. Am 2.5.2001 bezifferte der Vorstand der Beklagten zu 1) schließlich den Konzernverlust mit 2,8 Mrd. DM.

Das LG München I hat die Schadensersatzklage abgewiesen; dabei hat es - neben anderen Erwägungen - insb. darauf abgestellt, dass die (damals 59) Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Naturalrestitution, sondern allenfalls den Kursdifferenzschaden beanspruchen könnten, den sie jedoch nicht hinreichend dargelegt hätten. Der Senat hat die Berufungen der dann noch 55 in dieser Instanz beteiligten Kläger zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urt. v. 18.7.2002 - 19 U 5630/01, AG 2003, 105 = dazu EWiR 2003, 87 (Tilp)). Den dagegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerden hat der BGH nur insoweit stattgegeben, als den Klagen Aktienkäufe ab Anfang März 2000 zugrunde lagen (vgl. BGH, Beschl. v. 13.9.2004). Die danach am Revisionsverfahren noch beteiligten 42 Kläger verfolgten - im Umfang der Zulassung ihrer Rechtsmittel durch den BGH - ihre Klagebegehren weiter. Mit Urt. v. 9.5.2005 (II ZR 287/02, ZIP 2005, 1270 (m. Bespr. Fleischer, S. 1805), dazu EWiR 2005, 689 (Bayer/Weinmann)) wurde das Urteil des Senats vom 18.7.2002 aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung (auch über die Kosten des Revisionsverfahrens) an das OLG München, 19. Senat, zurückverwiesen.

Mit Beschluss vom 7.9.2006 wurde das Verfahren der noch verbliebenen 42 Kläger jeweils abgetrennt und das Verfahren des hiesigen Klägers unter dem obigen Aktenzeichen weitergeführt. Der Kläger beantragte zuletzt, das Urteil des LG München I vom 18.10.2001 aufzuheben und die als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger zu 50) 23.743,58 EUR Zug um Zug gegen Übertragung von 50 Aktien der EM. TV AG zu leisten.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch scheitert zum einen daran, dass die Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 21.2.2000 nicht falsch ist und er hinsichtlich der Ad-hoc-Mitteilung vom 22.3.2000 eine sittenwidrige Schädigungsabsicht nicht nachgewiesen hat. Darüber hinaus konnte der Kläger keinen Nachweis dafür erbringen, dass seine Kaufentscheidungen von durch fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 1) hervorgerufenen positiven Anlegerstimmungen veranlasst waren, was vor allem auch für seinen Kauf vom 10.10.2000 in Folge der Ad-hoc-Mitteilung vom 24.8.2000 gilt. Ein Vortrag des Klägers, er habe die Aktien im Hinblick auf Ad-hoc-M...

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