Leitsatz (amtlich)

1. Ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung kann Mitaktionären im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht untersagt werden, wenn sich der Antragsteller mit wirksamen Mitteln gegen einen Vollzug des befürchteten Beschlusses zur Wehr setzen kann.

2. Bedarf es zum Vollzug der Eintragung in das Handelsregister, so kann mittels einstweiliger Verfugung dem Vorstand einer Aktiengesellschaft die Anmeldung des Beschlusses untersagt oder die Rücknahme eines bereits gestellten Eintragungsantrags geboten werden mit der Folge, dass eine Eintragung gem. § 16 Abs. 2 HGB vorläufig unterbunden wird.

 

Normenkette

ZPO §§ 935 ff.; HGB § 16 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 06.10.2005; Aktenzeichen 5 HKO 19450/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Endurteil des LG München I vom 16.3.2006 abgeändert und erhält in Ziffern I und II. folgende Fassung:

I. Die einstweilige Verfügung des LG München I vom 6.10.2005 -5 HKO 19450/05 wird aufgehoben.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

III. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) erstrebt mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, Mitaktionären ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in einer Hauptversammlung der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagten zu 1)) zu untersagen.

Die Klägerin ist mit einem Anteil von 28.008 Aktien (das sind 27,01 %) zum Nennwert von 1 EUR am insgesamt 103.704 EUR ausmachenden Grundkapital der Beklagten zu 1) beteiligt. Die Beklagte zu 1) ist eine 1998 gegründete Aktiengesellschaft mit Sitz in P., deren Geschäftsgegenstand in der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von optischen Galvanometerscannern und Scannerköpfen liegt, die Beklagten zu 2) bis 9) sind Aktionäre der Beklagten zu 1).

In § 19 Abs. 4 (k) der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage ASt 4) ist geregelt, dass Einziehungsbeschlüsse zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung von 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals bedürfen.

Zeitgleich mit der formwechselnden Umwandlung der S. GmbH in die Beklagte zu 1) kam es am 18.12.1998 zum Abschluss einer Aktionärsvereinbarung (ASt 5), die u.a. eingehende Regelungen hinsichtlich der Übertragung von Aktien enthält und die durch zwei Zusatzvereinbarungen ergänzt wurde.

In der Zweiten Zusatzvereinbarung zur Aktionärsvereinbarung (Anlage ASt 7), deren Wirksamkeit zwischen den Parteien umstritten ist, findet sich eine sog. "Chan-ge-of-Control-Klausel". Dort heißt es u.a.:

"Sofern ein Aktionär keine natürliche Person, sondern eine in- oder ausländische Personen- oder Kapitalgesellschaft, gleich welcher Rechtsform, ist ("Gesellschaft"), dürfen die Gesellschaftsanteile an solchen Gesellschaften nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Aufsichtsrats der S. AG übertragen werden. ...

Im Falle der Verfügung über einen Geschäftsanteil ... ohne die erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats der S. AG ist die jeweilige Gesellschaft verpflichtet, ihre Aktien an der S. AG ohne Gegenleistung an einen oder mehrere von den sonstigen Aktionären der S. AG mit mindestens 75 % der von ihnen gehaltenen Aktien bestimmten/bestimmte Erwerber ... zu übertragen. Sollte eine solche Bestimmung eines oder mehrerer Erwerber durch die sonstigen Aktionäre nicht oder nicht hinsichtlich aller betroffenen Aktien bis spätestens drei Monate nachdem der Aufsichtsrat der S. AG von der Verletzung der vorbenannten Regelungen Kenntnis erlangt hat, erfolgt sein, ist die betroffene Gesellschaft verpflichtet, ihre Aktien an der S. AG ohne Gegenleistung zur Einziehung an die S. AG zu übertragen. ..."

Mit Schreiben vom 1.9.2005 lud die Beklagte zu 1) zu einer außerordentlichen Hauptversammlung am 12.10.2005 ein mit dem Beschlussvorschlag:

"(1) Das Grundkapital der Gesellschaft i.H.v. 103.704 EUR wird um 28.008 EUR auf 75.696 EUR durch Einziehung der voll eingezahlten, auf den Namen lautenden 28.008 Stück Stammaktien des Aktionärs E. N.V., eingetragen im Aktienregister der Gesellschaft unter den laufenden Nr. 14.861 bis 24.140, 64.289 bis 82.848 und 93.984 bis 94.151 mit einem auf sie entfallenden Anteil am Grundkapital der Gesellschaft i.H.v. 1 EUR je Aktie, d.h. insgesamt i.H.v. 28.008 EUR, unmittelbar nach deren Erwerb durch die Gesellschaft gem. § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG im Wege der Kapitalherabsetzung im vereinfachten Verfahren gem. § 237 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4, 5 AktG zum Zwecke der Beseitigung der Mitgliedsrechte des Aktionärs E. N.V. herabgesetzt.

Die weiteren Einzelheiten regelt der Vorstand. Der Vorstand wird ermächtigt, die einzuziehenden 28.008 Stück Stammaktien des Aktionärs E. N.V. bis zum 21.10.2005 zum Zwecke der Einziehung nach Maßgabe dieses Beschlusses für die Gesellschaft zu erwerben. Das Entgelt bemisst sich nach der Bewertung der von der E. N.V. gehaltenen Aktien an der S. AG im Rahmen der jüngsten Übertragung von Gesellschaftsantei...

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