Leitsatz (amtlich)

1. Gemäß § 726 BGB führt das Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks – zur unmittelbar wirkenden – Auflösung der Gesellschaft. Wegen des gravierenden Eingriffs in die Gesellschaftsstruktur sind an die Unmöglichkeit hohe Anforderungen zu stellen. Lehnen die Gesellschafter die für die Fortführung der Gesellschaft unerlässliche Zufuhr weiteren Kapitals ab, so liegt eine durch Kapitalmangel begründete, offenbare Unmöglichkeit vor.

2. Ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgelöst, so sind die früheren Gesellschafter grundsätzlich daran gehindert, ihre jeweiligen Ansprüche gegen die Ge-sellschaft oder gegeneinander isoliert geltend zu machen. Etwas anderes gilt aus-nahmsweise dann, wenn es nur noch um die Verteilung des letzten Aktivpostens geht oder bereits vor Abschluss der Auseinandersetzung feststeht, dass einem Gesellschafter ein bestimmter Betrag jedenfalls zusteht.

3. In dem wegen Fehlens der abschließenden Auseinandersetzungsrechnung ver-frühten und deswegen derzeit unbegründeten Leistungsbegehren ist als Minus ohne weiteres der Feststellungsantrag enthalten, dass eine bestimmte, derzeit nicht isoliert einklagbare Forderung zu Gunsten des auf Leistung klagenden Gesellschafters in die zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung eingestellt wird.

 

Normenkette

BGB § 726

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 4 O 35/99)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 29.01.2003; Aktenzeichen VIII ZR 92/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Aachen vom 15.8.2001 – 4 O 35/99 – abgeändert und wie folgt neugefasst:

Die Klage wird i.H.e. Teilbetrages von 3.130,38 DM (= 1.600,54 Euro) nebst anteiliger Zinsen abgewiesen.

Im Übrigen wird die Zahlungsklage als derzeit unbegründet abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass in die noch zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung der vormals zwischen den Parteien auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages vom 3.11.1997 bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts folgende Zahlungen des Klägers als unselbstständige Rechnungsposten einzustellen sind:

– 15.637,84 DM (= 7.995,50 Euro) – Zahlung im September 1998 –

– 687,29 DM (= 351,41 Euro) – Ausgleich Gesellschaftskonto –

– 1.025,80 DM (= 524,48 Euro) – Umsatzsteuer für 1998 –

– 5.347,83 DM (= 2.734,30 Euro) – Honorar Steuerberater –

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung hat in der Sache selbst teilweise Erfolg. Im Einzelnen gilt Folgendes:

I. 1. Der Senat tritt dem LG darin bei, dass die von den Parteien mit Gesell-schaftsvertrag vom 3.11.1997 (Bl. 4 ff. d. GA) gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts im September 1998 endigte, nachdem ihr die Erreichung des Gesellschafts-zwecks unmöglich geworden war (§ 726 2. Alt. BGB).

Der Zweck der unter dem Namen „B. Systeme Vertrieb” firmierenden BGB-Gesell-schaft war auf den Vertrieb und die Errichtung von Betonelementen gerichtet.

§ 2 des Gesellschaftsvertrages, der ausdrücklich nur den „Vertrieb von Betonelementen” umfasst, ist insoweit erweiternd auszulegen. Der Gesellschaftsvertrag ist ausdrücklich „in Ergänzung zu den bisherigen mündlichen Vereinbarungen” geschlossen worden. Unstreitig sollte aber neben dem Verkauf auch die Errichtung von Betonzäunen und ähnlichen Betonsystemen Gegenstand der Gesellschaft werden. Dabei lässt sich allerdings entgegen der Ansicht des Klägers der Gesellschaftszweck nicht einengend dahin auslegen, dass ausschließlich Betonsysteme der belgischen Lieferfirma BA. Betonbau N. V. vertrieben werden sollten. Allein der Umstand, dass die Betonelemente ausschließlich von der belgischen Firma bezogen wurden, vermag eine dahingehende Einschränkung nicht zu begründen.

Das Erreichen des vereinbarten Zwecks ist der Gesellschaft nach der Kündigung der belgischen Lieferantin vom 7.9.1998 (Bl. 8, 193 d. GA) unmöglich geworden, da die Parteien nicht bereit waren, weiteres Kapital in die Gesellschaft einzubringen, um eine Fortführung der Geschäftstätigkeit zu ermöglichen.

Gemäß § 726 BGB führt das Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks zur – unmittelbar wirkenden – Auflösung der Gesellschaft. Es bedarf weder einer einseitigen Kündigung noch eines gemeinsamen Beschlusses, um die Auflösung der Gesellschaft herbeizuführen. Allerdings werden wegen des gravierenden Eingriffs in die Gesellschaftsstruktur an die Unmöglichkeit hohe Anforderungen gestellt. Eine bloß zeitweilige, vorübergehende oder durch organisatorische Änderungen zu behebende Unmöglichkeit reicht dazu nicht aus. Vielmehr muss die Unmöglichkeit eine dauernde und überdies offenbar sein (vgl. BGH v. 12.7.1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 [381] = MDR 1982, 908; Erman-Westermann, BGB, 10. Aufl., § 726, Rz. 1; Ulmer in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 726, Rz. 4). Lehnen insbesondere die Gesellschafter die für die Fortführung der Gesellschaft unerlässliche Zufuhr weiteren Kapitals ab, so liegt eine durch Kapitalmangel begründete, offenbare Unmöglichkeit vor (grundlegend: RG JW 1938,...

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