Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 26.03.2003; Aktenzeichen 8 O 206/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 8. Zivilkammer – Einzelrichter – des LG Koblenz vom 26.3.2003 wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise einer an einem ihrer Mitglieder des Vorstandes zu vollziehenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es zu unterlassen, in Bezug auf Provider-Verträge die nachfolgende oder inhaltsgleiche Bestimmung in künftig abzuschließenden Verträgen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen, sowie sich auf diese Bestimmung bei der Abwicklung derartiger, nach dem 1.4.1977 geschlossener Verträge zu berufen, ausgenommen ggü. einer Person, die in ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer)

„6.4

… ist bei Verträgen, in denen für den Kunden eine Mindestlaufzeit gilt, berechtigt, den Vertrag mit einer Frist von vier Wochen zu kündigen.”

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der klagende Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt, wendet sich im Wege der Unterlassungsklage nach § 1 Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) gegen die Verwendung einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten.

Die Beklagte ist ein Provider, die dem Kunden entgeltlich Internet-Zugänge zur Verfügung stellt. In ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie den Verträgen zugrunde legt, heißt es unter Ziff. 6.4:

„… ist bei Verträgen, in denen für den Kunden eine Mindestlaufzeit gilt, berechtigt, den Vertrag mit einer Frist von vier Wochen zu kündigen.”

Für den Kunden gilt dies nicht. Er kann nach dieser Klausel mit einer Frist von vier Wochen zum Ende der Mindestlaufzeit kündigen.

Die Klägerin meint, die Klausel mit der asymmetrischen Kündigungsfrist benachteilige den Kunden unangemessen. Demgegenüber weist die Beklagte darauf hin, dass es sich nicht um unterschiedliche Kündigungs- sondern um unterschiedliche Bindungsfristen handele. Ein gesetzliches Leitbild, wonach ein Vertrag beide Parteien stets gleich lang binden müsse, existiere nicht.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die beanstandete Klausel verstoße nicht gegen § 307 BGB. Es liege weder ein Fall der gesetzlichen Regelbeispiele einer unangemessenen Benachteiligung noch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Die Klausel verstoße auch unter Berücksichtigung der Richtlinie 93/13/EWG nicht gegen die Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Vertragspartner der Beklagten werde durch die Klausel zwar eindeutig benachteiligt; dem stehe jedoch das schützenswerte Interesse der Beklagten ggü., ihr Unternehmen wirtschaftlich zu betreiben. Da sie Leitungen anmieten müsse, um ihren Kunden die Möglichkeit des Zugangs zum Internet gewähren zu können, müsse sie die Zahl ihrer Kunden kontrollieren können. Die Ungleichbehandlung verstoße noch nicht gegen Treu und Glauben.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt.

Sie betont, dass die Klausel, durch die der wirtschaftlich wesentlich Stärkere eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit habe, während der Verbraucher an einer einjährigen Vertragslaufzeit festhalten müsse, gegen Treu und Glauben verstoße. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Beklagte sich konsequenzlos aus dem Vertrag lösen könne, auch wenn sie vor Vertragsabschluss nicht geprüft habe, ob sie den Vertrag erfüllen könne. Das LG hätte auch berücksichtigen müssen, dass den Verbrauchern durch den vorzeitigen Wechsel Kosten entstünden.

Die Beklagte tritt dem entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die dabei überreichten Unterlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung ist begründet.

Entgegen der Auffassung des LG ist die Klausel infolge Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach der st. Rspr. des BGH ist eine AGB- oder Formularklausel unangemessen, in der der die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nehmende Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zugestehen (BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 [210 f.] = MDR 1984, 395).

Ein wesentliches Indiz dafür ist die Abweichung von dispositiven gesetzlichen Bestimmungen, soweit diese nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen, sondern dem Gerechtigkeitsgebot Ausdruck verleihen (BGH v. 21.12.1983 – VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 [210 f.] = MDR 1984, 395).

Das LG hat zutreffend ausgeführt, dass die beanstandete Klausel nicht gegen ein so...

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