Entscheidungsstichwort (Thema)

Verantwortlichkeiten für Brandschäden auf dem Nachbargrundstück

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Haftung des Mieters aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog kommt im Brand- und Schadensfall nur dann in Betracht, wenn die Brandursache seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen ist. Die ist bei Brandstiftung durch Dritte ohne Zutun des Mieters regelmäßig nicht der Fall.

2. Eine Haftung des Mieters aus §§ 836 Abs. 2, 837, 838 BGB scheidet dann aus, wenn die Ursache für die Bauteilablösung (hier Einsturz der Giebelwand) außerhalb seiner Besitzzeit gesetzt wurde. Wird durch den Brand die Mietsache völlig zerstört, so verliert der Mieter den Besitz. Dies gilt auch hinsichtlich der verbliebenen Brandruine. Die Verantwortlichkeit liegt bei dem Grundstückseigentümer.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 3 O 404/14)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 2.12.2016 (3 O 404/14) wird zurückgewiesen.

1. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Streithelfers der Beklagten. Der Streithelfer der Kläger trägt seine Kosten selbst.

3. Das angegriffene Urteil und das Senatsurteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Kläger verfolgen mit ihrer Klage Ansprüche auf Schadensersatz und Feststellung der Ersatzpflichtigkeit wegen behaupteter Beeinträchtigungen ihres Grundstückes durch Löscharbeiten auf dem Nachbargrundstück, durch den späteren Einsturz einer Giebelwand der verbliebenen Brandruine, sowie wegen der Zuführung von Oberflächenwasser über die verbliebene Bodenplatte des abgebrannten Gebäudes.

Die Kläger sind Eigentümer und Bewohner des Anwesens H. Die Beklagte zu 1) betrieb auf dem von ihr angemieteten Nachbargrundstück eine Farbenfabrik. In der Nacht vom 7.9.2013 auf den 8.9.2013 brannte das Fabrikgebäude bis auf die Grundmauern nieder.

Es gelangten Löschmittel sowie Brandrückstände auf das klägerische Grundstück.

Am 13.9.2013 stürzte ein Teil der verbliebenen Giebelwand des Fabrikgebäudes auf das Anwesen der Kläger, während der Zeuge M, ein Mitarbeiter der Beklagten zu 2), anlässlich einer Besichtigung der Brandstätte durch den Zeugen G als Brandsachverständigen mit einem Bagger im Einsatz war. Die Giebelwand war zuvor nicht abgesichert worden.

Nach den Aufräumarbeiten befindet sich auf dem Grundstück der vormaligen Fabrikhalle nurmehr eine Betonbodenplatte. Die Bodenplatte und das Kelleraußenmauerwerk des klägerischen Anwesens trennt ein Spalt.

Die Kläger haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 1) hafte ihnen nach §§ 836 ff. BGB auf Schadensersatz für den durch den Einsturz der Giebelwand entstandenen Schaden (15.341,42 EUR zzgl. MwSt). Die Einschaltung der Beklagten zu 2) könne die Beklagte zu 1) hinsichtlich ihrer Haftung als Grundstücksbesitzerin im Sinne von § 836 Abs. 1 S.2 BGB nicht exkulpieren. Der Aufgabenkreis der Beklagten zu 1) habe sich auch auf die Prüfung der Standsicherheit der nach dem Brand verbliebenen Mauern erstreckt. Die Beklagte zu 2) hafte insoweit gesamtschuldnerisch, und zwar nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sowie nach Deliktsrecht. Diese habe bei sach- und fachgerechte Durchführung ihrer Arbeiten auch die Standsicherheit der verbliebenen Mauer prüfen müssen.

Ferner haben die Kläger vorgetragen, seit der Zerstörung des Fabrikgebäudes fließe Oberflächenwasser von der auf dem Grundstück verbliebenen Bodenplatte auf ihr Grundstück, wodurch die Hauswand und der Keller ihres Anwesens, die vormals trocken gewesen seien, durchfeuchtet würden. Die Beklagte zu 1) sei zur Trockenlegung der Hauswand und des Kellers sowie zur Abdichtung der Immobilie in diesem Bereich verpflichtet. Die für diese Baumaßnahme voraussichtlich anfallenden Kosten haben die Kläger auf der Grundlage eines eingeholten Angebotes mit 7 309 EUR netto beziffert. Die Beklagte zu 1) sei verpflichtet, diese Kosten zu tragen, auf jeden Fall jedoch dazu verpflichtet, das weitere Zuführen von Oberflächenwasser zu unterlassen.

Schließlich haben die Kläger in erster Instanz vorgebracht, dass nicht auszuschließen sei, dass mit dem Löschwasser unwägbare Stoffe, etwa Farbchemikalien u.ä., in den Boden ihres Grundstückes eingetragen worden seien, die erst später in ihrer schädigenden Wirkung zutage treten und feststellbar sein könnten. Sie haben die Auffassung vertreten, insoweit einen Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten zu 1) zu haben.

Das auf Seiten der Kläger als Streithelfer beigetretene Land hat vorgetragen, dass von Seiten der Kriminalpolizei keine Anweisungen zum Umfang und zur Vorgehensweise bei den Räumungsarbeiten erteilt worden seien und bei den Arbeiten, in dere...

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