Leitsatz (amtlich)

1. Von den in § 37 Abs. 3 und 4 SVertO enthaltenen gesetzlichen Ermächtigungen, die Binnenschifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren einem Gericht zuzuweisen, haben die Landesregierungen bisher noch keinen Gebrauch gemacht (anders hinsichtlich der Zuständigkeit für Seerechtliche Verteilungsverfahren).

2. Der gesonderte, auf das Dreifache erhöhte Höchstbetrag nach § 5h Abs. 1 BinSchG gilt nur, wenn die Schäden durch gefährliche Güter verursacht wurden. Dies ist nicht der Fall, wenn der an einer Verladeanlage in einem Hafen entstandene Schaden nicht durch die gefährliche Ladung sondern durch den Schiffskörper herbeigeführt wurde.

3. In den Bereich der beschränkbaren Ansprüche fallen in jedem Falle auch solche wegen Ersatzes von Schäden, die bei Lade- und Löschvorgängen entstehen. Es ist nicht erforderlich, dass sich das Schiff in Bewegung befindet.

 

Normenkette

BinSchG § 5h; SVertO §§ 34, 37-38

 

Verfahrensgang

AG Mainz (Beschluss vom 29.06.2007; Aktenzeichen 77 H 68/06 BschRh)

 

Tenor

Die Sache wird zur Entscheidung über die Haftungssumme, die zur Errichtung des Fonds einzuzahlen ist sowie zur weiteren Sachbehandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Schifffahrtsgericht Mainz zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Am 13.9.2006 hat die Antragstellerin den Antrag auf Einleitung eines Verteilungsverfahrens gemäß der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung (SVertO) beim Schifffahrtsgericht Mainz gestellt. Mit Beschluss vom 29.6.2007 hat das Schifffahrtsgericht den Antrag auf Einleitung eines Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahrens zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde.

I. Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. §§ 3 Abs. 2, 34 Abs. 2 SVertO, §§ 567, 569 ZPO. Sie hat in der Sache auch Erfolg.

1. Keiner Beanstandung unterliegen die Ausführungen des Schifffahrtsgerichts zu seiner Zuständigkeit gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 SVertO. Von den in § 37 Abs. 3 und 4 SVertO enthaltenen gesetzlichen Ermächtigungen, die Binnenschifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren einem Gericht zuzuweisen, haben die Länder bzw. die Landesregierungen offensichtlich bisher noch keinen Gebrauch gemacht (anders hinsichtlich der Zuständigkeit für Seerechtliche Verteilungsverfahren, vgl. zu entsprechenden Zuständigkeitsübereinkommen: Rittmeister, Das Seerechtliche Haftungsbeschränkungsverfahren nach neuem Recht, S. 84 m.w.N.).

2. Soweit das Schifffahrtsgericht beanstandet hat, dass es an dem Antragserfordernis nach §§ 34 Abs. 2, 4 Abs. 1, Abs. 2 SVertO mangle, wonach die für die Berechnung der Haftungssummen notwendigen Angaben einerseits über Tonnentragfähigkeit des Schiffes, andererseits über Kilowattleistungsfähigkeit der Antriebsmaschinen zu belegen sind, hat dem die Antragstellerin jedenfalls im Beschwerdeverfahren entsprochen und zugleich ihre bisherigen Angaben entsprechend dem vorgelegten Dokument "Certificaat ..." geringfügig präzisiert. Danach beläuft sich die Tragfähigkeit des MTS "A." auf 1.491,168 T und die Hauptantriebsleistung auf 662 kw. Der aktuelle Wert des Sonderziehungsrechts beträgt per 20.8.2007 1,12947 EUR so dass sich zu diesem Zeitpunkt der Haftungshöchstbetrag des MTS "A." auf 860.442,29 EUR geteilt durch 2 = 430.121,14 EUR errechnete.

3. Die Antragstellerin hat auch alle weiteren, gem. § 38 SVertO erforderlichen Angaben gemacht und diese glaubhaft gemacht. Zu der gem. § 38 Abs. 1 Nr. 1 SVertO erforderlichen genauen Bezeichnung des Ereignisses, aus dem die Ansprüche entstanden sind, für welche die Haftung durch das Verteilungsverfahren beschränkt werden soll, hat sie vorgetragen:

Am 13.8.2004 gegen 15:30 Uhr erreichte MTS "A." den Hafen von G. und machte an der Steigeranlage der Firma "S." ordnungsgemäß mit Leinenverbindungen zu den Dalben und mit einem Draht an Land fest. Danach wurde gegen 16:20 Uhr wie üblich mit dem Löschvorgang begonnen. Beide verantwortlichen Schiffsführer wurden zur Freiwache eingeteilt und begaben sich in die Wohnung. Zuvor hatten Sie das Besatzungsmitglied N. als Löschwache eingeteilt und diesem Besatzungsmitglied die hierfür erforderlichen Instruktionen erteilt. Gegen 17:10 Uhr wurden die beiden Schiffsführer G. und R. durch ungewöhnliche Vibrationen und Geräusche vom Schiffspropeller aufmerksam und erkannten, als sie aus der Wohnung an Deck liefen, dass sich das Schiff voraus bewegte. Es wurde sodann unverzüglich der Notstopp für den Löschvorgang betätigt und Schiffsführer R. begab sich in das Steuerhaus, um die Vorwärtsbewegung des Schiffes abzustoppen. Währenddessen waren die vorderen Festmacher gerissen und die gemeinsame Verladeanlage der Firmen "S." und Sch. beschädigt worden. Der Unfall ist darauf zurückzuführen, dass von dem Besatzungsmitglied N. versehentlich der Steuerhausstuhl nach vorne geschoben und dabei unbemerkt der Getriebe- und Fahrstufenhebel auf "voraus" geschaltet wurde. Da sich die Hauptantriebsmaschine zu...

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