Leitsatz (amtlich)

Der grobe Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften rechtfertigt die Annahme eines groben Verschuldens.

Die Warnung vor Gefahrenquellen kann die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften nicht ersetzen.

 

Normenkette

BGB §§ 426, 823; SGB VII §§ 104 ff.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 13.03.2015; Aktenzeichen 1 O 82/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 4) wird das am 13.3.2015 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des LG Bielefeld teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten zu 1) bis 3) werden als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 4) mit diesen "wie" eine Gesamtschuldnerin haftend, verurteilt, 5.766,16 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, die Beklagten zu 1) - 3) seit dem 16.03.2013 und die Beklagte zu 4) seit dem 29.05.2014, an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagten zu 1) - 3) werden darüber hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, weitere 83.466,16 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2013 an die Klägerin zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 3) über Abs. 1 und 2 hinaus verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren und zukünftigen gem. § 110 f. SGB VII erstattungsfähigen unfallbedingten Aufwendungen zu ersetzen, die von ihr aufgrund des Unfalls gezahlt wurden und noch zu zahlen sein werden, der sich am 19.04.2011 in F, N-Straße, ereignete und bei dem ihr Versicherter T, geb. am ... 1965, schwer verletzt wurde.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 4) über Abs. 1 hinaus verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren übergangsfähigen unfallbedingten Aufwendungen in Höhe einer Haftungsquote von 50 % zu ersetzen, die von ihr aufgrund des Unfalls gezahlt wurden und noch zu zahlen sein werden, der sich am 19.04.2011 in F, N-Straße, ereignete und bei dem ihr Versicherter T, geb. am ... 1965, schwer verletzt wurde. Dabei haftet sie mit den Beklagten zu 1) bis 3) wie eine Gesamtschuldnerin.

Im Übrigen wird die Klage gegen die Beklagte zu 4) abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung der Beklagten zu 4) und die Berufungen der Beklagten zu 1) - 3) werden zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Parteien wie folgt:

Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 19 %, die Beklagten zu 1) - 3) zu 75 % als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 4) trägt 6 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens der Beklagten zu 4) trägt die Klägerin 78 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1) bis 3) 75 % als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 4) trägt 6 %.

Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen erstinstanzlichen Kosten selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien wie folgt:

Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 16 %, die Beklagten zu 1) bis 3) zu 81 % als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 4) trägt 3 %.

Von den außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1) bis 3) 81 % als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 4) trägt 3 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4) trägt die Klägerin 93 %.

Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen zweitinstanzlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 4) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 4) vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 100 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist eine Sozialversicherungsträgerin und macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche aufgrund eines am 19.04.2011 stattgefundenen Arbeitsunfalls geltend.

Die Firma B, ein Mitgliedsunternehmen der Klägerin, hatte den Geschädigten T (im Weiteren nur noch der Geschädigte) an die Beklagte zu 1) verliehen.

Die Beklagte zu 4) ist mit der Errichtung von Photovoltaikanlagen befasst.

Sie hat bereits mehrmals die Beklagte zu 1), eine Dachdeckerfirma, mit der Durchführung der erforderlichen Dachmontagearbeiten beauftragt.

Im vorliegenden Fall war die Beklagte zu 4) jedoch nicht als Generalunternehmerin, sondern in eigener Sache tätig. Die Beklagte zu 1) war beauftragt, eine Photovoltaikanlage auf einer von der Beklagten zu 4) angemieteten Lagerhalle zu montieren. Dabei verpflichtete sich die Beklagte zu 4), die erforderlichen Absicherungsmaßnahmen am Dach vor Beginn der Arbeiten durchzuführen. Tatsächlich waren zu Beginn der Arbeiten am 18.04.2011 diese Maßnahmen unstreitig größtenteils nicht erfolgt.

Nach den Feststellungen der zuständigen Ar...

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