Entscheidungsstichwort (Thema)

berechtigtes Interesse der Vollzugsbehörde. Verhältnis des Verfahrens nach § 119a Abs. 2 StVollzG zu dem Verfahren nach § 67c StGB

 

Leitsatz (amtlich)

Ein berechtigtes Interesse kann lediglich in den Fällen angenommen werden, in denen im Rahmen des gerichtlichen Feststellungsverfahrens auf Antrag der Vollzugsanstalt im Verhältnis zum Regelüberprüfungsverfahren gemäß § 119 a Abs. 1 StVollzG oder aber zum vollstreckungsrechtlichen Überprüfungsverfahren gemäß § 67 c StGB, in welchem ebenfalls über die Frage ausreichender Betreuung des Gefangenen gemäß § 66c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB zu befinden ist, eine zeitnähere Entscheidung in dem Sinn zu erwarten wäre, dass eine hierdurch früher mögliche Korrektur etwaiger vollzuglicher Mängel spätere vollstreckungsrechtliche Entscheidungen gemäß § 67 c StGB mit hoher Wahrscheinlichkeit noch beeinflussen würde.

 

Normenkette

StVollzG § 119a; StGB §§ 66c, 67c

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Aktenzeichen IV - 1 StVK 16/14)

 

Tenor

Die Beschwerde wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Landeskasse (§ 120 Abs. 1 StVollzG i.V.m. § 473 StPO).

 

Gründe

I.

Mit am 05.06.2014 beim Landgericht eingegangenem Antrag vom 23.05.2014 hat der Leiter der JVA X beantragt, gem. § 119a Abs. 2 StVollzG festzustellen, ob die im Vollzugsplan vom 19.03.2014 des Betroffenen vorgesehenen Maßnahmen im Falle ihres Angebots bei sich nicht wesentlich ändernder Sachlage eine dem § 66c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB entsprechende Betreuung darstellen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Antragsschrift verwiesen.

Der Betroffene verbüßt in der JVA X eine Freiheitsstrafe. Das Strafende ist auf den 17.11.2014 notiert. Anschließend ist der Vollzug der Sicherungsverwahrung notiert.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer - nach vorherigem entsprechendem Hinweis - den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung führt sie an, dass ein berechtigtes Interesse der Vollzugsbehörde i.S.v. § 119a Abs. 2 S. 1 StVollzG nicht vorliege. Es sei bereits ein Verfahren nach § 67c StGB eingeleitet, in dem überprüft werde, ob die Vollstreckung der Maßregel noch erforderlich sei. In diesem Verfahren sei bereits am 04.03.2014 ein Beweisbeschluss zur Einholung eines Sachverständigengutachtens ergangen, dessen Fertigung erfahrungsgemäß etwa vier bis sechs Monate dauere. In diesem Verfahren würde ebenfalls überprüft, ob dem Betroffenen eine ausreichende Therapie und Betreuung angeboten worden sei. Es bestehe daher an einer erneuten Überprüfung in dem vorliegenden Verfahren kein Anlass.

Gegen den am 08.09.2014 ihr zugestellten Beschluss wendet sich die Vollstreckungsbehörde mit ihrer am 09.10.2014 beim Landgericht eingegangenen Beschwerde vom 08.10.2014, der das Justizministerium Nordrhein-Westfalen beigetreten ist.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht fristgerecht eingelegt worden ist.

Die Beschwerde nach § 119a Abs. 5 StVollzG ist binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, einzulegen. Dies ergibt sich aus § 119a Abs. 6 StVollzG, der für das gerichtliche Verfahren (u.a.) auf die entsprechende Anwendbarkeit von § 118 Abs. 1 S. 1 StVollzG (der die Fristenregelung enthält) verweist (vgl. auch: BT-Drs. 17/9874 S. 29). Die Frist wurde nicht eingehalten. Nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung (ausweislich des Empfangsbekenntnisses mit Rechtsmittelbelehrung) am 08.09.2014 endete die Frist zur Beschwerdeeinlegung am 08.10.2014 (kein Sonn- oder Feiertag). Der Eingang der Beschwerde erst am 09.10.2014 war damit um einen Tag verspätet. Gründe für eine Wiedereinsetzung von Amts wegen liegen nicht vor.

III.

Die Beschwerde wäre aber auch unbegründet gewesen. Die Strafvollstreckungskammer hat für den vorliegenden Fall zutreffend ein berechtigtes Interesse der Vollstreckungsbehörde an der beantragten Feststellung verneint.

Die Voraussetzung, dass ein berechtigtes Interesse vorliegen muss, gilt nicht nur für die vergangenheitsgerichtete Feststellung i.S.v. § 119a Abs. 2 S. 1 StVollzG, sondern auch für die zukunftsgerichtete Feststellung i.S.v. § 119a Abs. 2 S. 2 StVollzG. Dies ergibt sich daraus, dass Absatz 2 S. 2 lediglich eine Erweiterung der vollzugsbehördlichen Antragsmöglichkeiten enthält und kein Grund ersichtlich ist, warum diese Feststellung, anders als die retrospektive, ohne jegliches berechtigtes Interesse möglich sein sollte.

Unter berechtigtem Interesse ist "jedes nach dem konkreten Sach- und Verfahrensstand anzuerkennende behördliche Interesse zu verstehen, sich vor der nächsten vom Gericht von Amts wegen durchzuführenden Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angebotenen Betreuung zu versichern" (BT-Drs. 17/9874 S. 28). In den Materialien führt der Gesetzgeber beispielhaft ein qualifiziertes Bestreiten der Rechtmäßigkeit der Betreuung durch den Gefangenen an (BT-Drs. 17/9874 S. 28). Das berechtigte Interesse ist vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber mit der Schaffung des § 119a StVollzG ...

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