Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrsfremder Eingriff in den Straßenverkehr. Schädigungsvorsatz

 

Leitsatz (amtlich)

Ein willkürliches Abbremsen aus hoher Geschwindigkeit, um den nachfolgenden Kraftfahrzeugführer zu einer scharfen Bremsung oder Vollbremsung zu zwingen, kann einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr durch Hindernisbereiten im Sinne des § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellen.

Die Vorschrift des § 315 b Abs. 1 StGB setzt in der Regel einen von außen in den Straßenverkehr hineinwirkenden verkehrsfremden Eingriff voraus. Eine Anwendung der Vorschrift bei Handlungen im fließenden Verkehr kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um einen verkehrswidrigen Inneneingriff handelt, d.h. der Täter als Verkehrsteilnehmer einen Verkehrsvorgang zu einem Eingriff in den Straßenverkehr pervertiert. Hierfür muss zu einem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrswidriger Absicht hinzukommen, dass es mit mindestens bedingtem Schädigungsvorsatz (z.B. als Waffe oder Schadenswerkzeug) missbraucht wird.

Diese Grundsätze gelten für alle Tatbestandsvarianten des § 315 b Abs. 1 StGB.

 

Normenkette

StGB § 315b Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 28 Ns 184/14)

 

Tenor

  1. Das angefochtene Urteil wird im Schuldspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verurteilt worden ist.

    Darüber hinaus wird das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung und zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt sowie gegen ihn eine Maßregel nach § 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB verhängt worden ist.

    Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

  2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
 

Gründe

I.

Das Amtsgericht - Strafrichter - Essen hat den Angeklagten mit Urteil vom 04. November 2014 (39 Ds - 16 Js 227/14 - 331/14) wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und mit Beleidigung in Tatmehrheit mit falscher Verdächtigung unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Essen vom 12. Juni 2014 (39 Ls - 42 Js 99/14 - 72/14) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Darüber hinaus hat das Amtsgericht dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von zwölf Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Mit Urteil vom 02. März 2015 hat das Amtsgericht - Strafrichter - Essen den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tatmehrheit mit falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und zudem angeordnet, dass dem Angeklagten vor Ablauf von einem Jahr und sechs Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Soweit der Angeklagte in dem Verfahren wegen einer weiteren Straftat nach § 21 Abs. 1 StVG angeklagt worden war, hat ihn das Amtsgericht aus tatsächlichen Gründen von dem Anklagevorwurf frei gesprochen. Das Amtsgericht hat davon abgesehen, das von dem Angeklagten geführte Fahrzeug (LKW E, letzte amtliche Zulassung # - # ####) als Tatmittel nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 StVG einzuziehen.

Der Angeklagte hat gegen beide Urteile des Amtsgerichts Essen Berufung eingelegt. Durch Beschluss der VIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 02. Juni 2015 sind beide Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung vor der Kammer verbunden worden. Seitdem führt das Verfahren 16 Js 227/14 StA Essen.

In der Berufungshauptverhandlung am 27. Juli 2015 ist das Verfahren hinsichtlich der beiden Tatvorwürfe wegen falscher Verdächtigung gem. § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden.

Mit Urteil vom 27. Juli 2015 hat das Landgericht die Berufung des Angeklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil vom 04. November 2014 mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und Beleidigung unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Essen vom 12. Juni 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden ist. Die Berufung des Angeklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil vom 02. März 2015 hat das Landgericht mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden ist. Das Landgericht hat darüber hinaus angeordnet, dass dem Angeklagten vor Ablauf von einem Jahr und sechs Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Im Übrigen ist der Angekl...

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