Entscheidungsstichwort (Thema)

vorbehaltene Sicherungsverwahrung. Heranwachsender. Sozialtherapie

 

Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Vollzugsbehörde - entgegen der vom erkennenden Gericht nach § 106 Abs. 5 S. 1 JGG getroffenen Anordnung - von einer (sofortigen) Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung absehen kann richtet sich nicht nach § 106 Abs.5 S. 3 JGG sondern nach § 106 Abs. 5 S. 5 JGG, §§ 66c Abs. 2, 67a Abs. 2 bis 4 StGB.

Zuständig hierfür ist die Strafvollstreckungskammer.

 

Normenkette

JGG § 105 Abs. 5; StGB § 66c Abs. 2, § 67a

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Entscheidung vom 31.01.2018; Aktenzeichen 8 KLs 36/17)

LG Arnsberg (Entscheidung vom 24.10.2018)

 

Tenor

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg ist im vorliegenden Verfahren zur Entscheidung nach § 106 Abs. 5 S. 5 JGG, §§ 66c Abs. 2, 67a Abs. 2 bis 4 StGB berufen. Der Beschluss der 1. kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 24. Oktober 2018 wird für gegenstandslos erklärt.

Die dem Verurteilten in diesem Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse.

 

Gründe

I.

Der Verurteilte wurde durch Urteil des Landgerichts Bochum - 8. große Strafkammer als Jugendstrafkammer - vom 31. Januar 2018 (Az. 8 KLs 36/17 LG Bochum) wegen Mordes in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub, sowie wegen einer besonders schweren Brandstiftung zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung wurde vorbehalten und ferner gem. § 106 Abs. 5 S. 1 JGG angeordnet, dass die Strafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen ist. Die Jugendkammer hat dabei ausweislich der Urteilsgründe auf den Verurteilten als zur Tatzeit Heranwachsenden i.S.d. § 1 Abs. 2 JGG allgemeines Strafrecht angewendet (§ 105 Abs. 1 JGG). Zur Anordnung nach § 106 Abs. 5 S. 1 JGG hat die Jugendkammer ausgeführt, dass die Strafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung zu vollziehen sei, da "der Angeklagte das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat und jedenfalls nicht feststeht, dass seine Resozialisierung dadurch nicht besser gefördert werden kann" (vgl. S. 56 UA). Das Urteil ist rechtskräftig seit dem 08. Februar 2018.

Nach Durchführung des Einweisungsverfahrens in der Justizvollzugsanstalt Hagen befindet sich der Verurteilte seit dem 03. Juli 2018 in der Justizvollzugsanstalt Werl, wo er auf einer Motivationsabteilung für Strafgefangene mit vorbehaltener oder angeordneter Sicherungsverwahrung (MoBASS) untergebracht ist. Diese Einweisung erfolgte vor dem Hintergrund, dass die Einweisungskonferenz der Justizvollzugsanstalt Hagen in ihrer Entscheidung vom 20. Juni 2018 unter Berücksichtigung eingeholter Stellungnahmen verschiedener Fachdienste - insbesondere einer Stellungnahme des Psychologischen Dienstes der Justizvollzugsanstalt Hagen vom 18. Juni 2018 - u.a. Folgendes festgestellt hatte:

"Die eigentliche und auch dramatische Problematik des Herrn I besteht darin, dass bei ihm eine dissoziale Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wurde, die durch deutliche narzisstische und dissozial-psychopathische und sadistische Züge geprägt ist. Dieser Feststellung der im Strafverfahren herangezogenen Sachverständigen Frau Prof. Dr. O hat sich auch die im Einweisungsverfahren zuständige Psychologin voll inhaltlich angeschlossen. Es besteht ebenfalls Einvernehmen darüber, dass zunächst mit einer psychotherapeutischen Bearbeitung begonnen werden soll, in der eine erste Auseinandersetzung mit persönlichkeitsbedingten Risikofaktoren, z.B. in Form einer Verbesserung der sozialen Kompetenzen und der Selbstreflektionsfähigkeit erfolgt. Dagegen ist insbesondere mangels Gruppenfähigkeit für Herrn I aktuell noch keine Indikation für eine Sozialtherapie zu stellen. Seine Resozialisierung kann dadurch keinesfalls besser gefördert werden, sondern diese Maßnahme wäre momentan kontraindiziert. Die Anordnung durch das erkennende Gericht gem. § 106 Abs. 5 JGG kann deshalb (noch) nicht umgesetzt werden."

Eine Einweisung bzw. Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung ist (bislang) nicht erfolgt. Dies teilte die Leiterin der Justizvollzugsanstalt Werl der Staatsanwaltschaft Bochum mit Stellungnahme vom 12. September 2018 unter Beifügung der Stellungnahme des Psychologischen Dienstes der Justizvollzugsanstalt Hagen vom 18. Juni 2018 mit und wies ergänzend darauf hin, dass (jedenfalls) das schriftliche Gutachten der im Strafverfahren herangezogenen Sachverständigen vom 28. August 2017 keine Ausführungen zu der Frage enthalte, ob der Verurteilte durch den Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung nicht besser gefördert werden könne. Ferner gehe vom Verurteilten die Gefahr der Fremdgefährdung aus, was näher begründet wird.

Mit Verfügung vom 08. Oktober 2018 hat die Staatsanwaltschaft Bochum die Akten zur Entscheidung gem. § 106 Abs. 5 S. 3 JGG an das Landgericht - Strafvollstreckung...

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