Normenkette

TMG § 6; UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3a, 5a Abs. 6

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 28.03.2019; Aktenzeichen 403 HKO 127/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.09.2021; Aktenzeichen I ZR 125/20)

 

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichtes Hamburg - 403 HKO 127/18 - vom 28.03.2019 wird abgeändert: Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichtes Hamburg vom 22.10.2018 wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites, mit Ausnahme der durch die Säumnis verursachten Kosten, die die Beklagte trägt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 30.000,00 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Hamburg, mit dem sie zur Unterlassung von Veröffentlichungen kommerzieller Inhalte in sozialen Medien ohne Verdeutlichung des kommerziellen Zwecks sowie die Zahlung von Abmahnkosten verurteilt worden ist.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, die sich aus der Anlage K 1 ergeben. Die Beklagte ist als Influencerin auf Instagram tätig und unterhält unter dem Namen "o...." einen Account, der von ihr überwiegend kommerziell genutzt wird und im Mai 2018 von 1,7 Millionen registrierten Nutzern dieser Internetplattform abonniert war (vgl. Anlagenkonvolut K 3, Seite 3). Dort veröffentlicht die Beklagte regelmäßig Bilder von sich selbst mit kurzen Begleittexten zu den Themen Beauty, Mode, Lifestyle und Reisen (vgl. Anlagenkonvolut K 3 - K 5).

Die Posts der Beklagten sind mit Hinweisen auf die Hersteller der im Bild getragenen Kleidung oder sonstiger abgebildeter Objekte versehen. Diese sind teilweise "getagt", d.h. die Beklagte hat durch Platzierung sogenannter Tap Tags ihr veröffentlichtes Bild mit anderen Nutzerprofilen von Unternehmen oder Marken auf Instagram verlinkt. Klickt man auf das Bild, so erscheinen die Herstellernamen am jeweils abgebildeten Kleid, Accessoire etc. Klickt man nunmehr auf den Namen des Unternehmens, so wird man auf dessen Instagram-Account weitergeleitet. Von dort gelangt man durch einen weiteren Klick auf dessen Internetseite.

In dem ersten der drei streitgegenständlichen Posts ist die Beklagte selbst in einem hellen Trägerkleid mit einem Blumenstrauß zu sehen. Im Hintergrund sieht man Gebäude. Im Begleittext zum Bild hat die Beklagte die Worte "Thank you for the good time Munich! And for my favorite flowers" geschrieben sowie die Verlinkungen "@k..." und "@r..." sowie die Hashtags "Hellip;p...", "Hellip;;R..." und "...M..." gesetzt (Anlage K 4). Ferner hat die Beklagte die hier streitigen Tap Tags in das Bild gesetzt. Klickt man das Bild an, erscheinen unmittelbar darin die Namen "o...", "k..." und "r..." (Anlage K 4 a). Mit einem weiteren Klick darauf wird man auf die Instagramseiten der getagten Nutzer weitergeleitet (Anlage K 4 b).

Der zweite und dritte streitgegenständliche Post sind nach dem gleichen Muster aufgebaut, folgen der gleichen Aufmachung auf Instagram und zeigen die Beklagte in ähnlichen Situationen. Wegen der näheren Einzelheiten des Auftritts der Beklagten auf Instagram wird Bezug genommen auf die Anlagenkonvolute K 3 bis K 5.

Ein Hinweis darauf, dass es sich bei diesen Tap Tags um Werbung handelt, erfolgte nicht.

Nachdem der Kläger von den Posts der Beklagten Kenntnis erlangt hatte, mahnte er sie im Mai 2018 erfolglos ab. Anschließend erwirkte der Kläger vor dem Kammergericht Berlin im Eilverfahren mit Beschluss vom 30.07.2018 (Anlage K 10) den Erlass der auch vorliegend begehrten Unterlassung.

Erstinstanzlich machte der Kläger geltend, dass er gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und gemäß §§ 2, 3 Abs. 1 Ziffer 2 UKlaG klagebefugt sei, da ihm eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden angehöre, die mit der Beklagten im Wettbewerb stünden. Insbesondere seien dies neben drei Werbeagenturen auch elf Verlage, die mit der Beklagten um Werbeaufträge konkurrierten. Ein unlauteres Verhalten der Beklagten gemäß § 5 a Abs. 6 UWG und gemäß § 6 Abs. 1 TMG liege vor, da es sich um getarnte Werbung handele, die nicht als solches kenntlich gemacht werde. Die Werbung verstoße zudem gegen § 58 RStV.

Die Beklagte bestritt die Klagebefugnis des Klägers, da es an der konkreten Mitbewerbereigenschaft von Mitgliedern des Klägers fehle. Bei der Beurteilung der Substituierbarkeit der angebotenen Ware komme es auf die Sichtweise des durchschnittlichen Mitglieds der betroffenen Verbrauchergruppe an. Die Beklagte behauptete und versicherte an Eides statt (Anlage B 13), dass sie für das Setzen der Tap Tags keine Gegenleistung erhalte. Jeder Post,...

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