Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksame Klauseln in Mobilfunkverträgen (Erhebung von Kostenpfand, Rücksendepflicht der SIM-Karte und pauschalierter Schadenersatz)

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.01.2013; Aktenzeichen 2-24 O 159/12)

BGH (Aktenzeichen III ZR 32/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.10.2014; Aktenzeichen III ZR 32/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 10.1.2013 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Mobilfunkverträge mit Verbrauchern einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1.4.1977, zu berufen:

[Allgemeine Geschäftsbedingungen der B. GmbH für Dienstleistungen im Bereich Mobilfunk

XII. Verpflichtung und Haftung des Teilnehmers/SIM-Karte und SIM-Kartenpfand/Plug-In]

"Für die Überlassung erhebt B. ein SIM-Kartenpfand i.H.v. EUR 29,65 inkl. MwSt. (z. Zt 19 %). Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer und bei Beendigung des Kundenverhältnisses hat der Kunde die SIM-Karte innerhalb von drei (3) Wochen in einwandfreiem Zustand an B. zurückzusenden. Verstößt der Kunde hiergegen, behält B. das Pfand i.H.v. EUR 29,65 inkl. MwSt. (z. Zt 19 %) als pauschalisierten Schadensersatz ein, falls B. keinen höheren oder der Kunde keinen geringeren Schaden nachweist."

sonstige Preise

Rechnung

"Papier-Rechnung, monatlicher Versand 1,50 EUR."

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene Dachverband der Verbraucherzentralen in den Bundesländern. Die Beklagte, die Mobilfunkverträge vertreibt, verwendet in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen u.a. folgende Klausel:

XII. Verpflichtung und Haftung des Teilnehmers/SIM-Karte und SIM-Kartenpfand/Plug-In

...

7. [Satz 1 und 2]...

Für die Überlassung erhebt B. ein SIM-Kartenpfand i.H.v. EUR 29,65 inkl. MwSt. (z. Zt 19 %). Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer und bei Beendigung des Kundenverhältnisses hat der Kunde die SIM-Karte innerhalb von drei (3) Wochen in einwandfreiem Zustand an B. zurückzusenden. Verstößt der Kunde hiergegen, behält B. das Pfand i.H.v. EUR 29,65 inkl. MwSt. (z. Zt 19 %) als pauschalisierten Schadensersatz ein, falls B. keinen höheren oder der Kunde keinen geringeren Schaden nachweist.

...

Die Beklagte stellt die Rechnungen online zur Verfügung. Im Internet unterhält die Beklagte unter der Bezeichnung "Servicepreise" ein Preisverzeichnis, in dem es u.a. heißt:

"Papier-Rechnung, monatlicher Versand 1,50".

Der Kläger sieht in dieser und der unter XII. 7. Satz 3 bis 5 aufgeführten Klausel eine unangemessene Benachteiligung der Kunden und hat mit seiner Klage die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung in Anspruch genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat der Klage hinsichtlich der Klausel unter XII. 7. Satz 3 bis 5 stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen und im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt:

Die Regelung unter Ziffer XII. 7. Satz 2 bis 4 sei kontrollfähig, da die Beklagte im Ergebnis einen verdeckten Nebenpreis verlange, dem keine Leistung der Beklagten gegenüber stehe. Die Klausel sei unangemessen, weil die Beklagte kein durchgreifendes eigenes Interesse an dem durch die Pfandhingabe gesicherten Anspruch auf Rückgabe der Karte habe. Die Klausel diene vielmehr ihrem Interesse, dass die Karte nicht, nicht fristgerecht oder nicht im einwandfreien Zustand zurückgegeben werde. Dann könne sie das Pfand mit einem Schadensersatzanspruch verrechnen und dieses behalten. Ein unmittelbares, materielles Interesse, durch ein hohes Pfand einen hohen Anreiz zur Rückgabe zu setzen, habe die Beklagte nicht. Sie verwerte die Karten nicht, sondern lasse diese durch ein Fachunternehmen entsorgen. Es sei aber nicht ihre, sondern Sache des Kunden, für die Sicherheit seiner auf der Karte gespeicherten Daten zu sorgen. Soweit sie ein Interesse anführt, ein Ansehensverlust im Falle eines Datenmissbrauchs zu vermeiden, sei ein derartiges Risiko unwahrscheinlich und im Übrigen ihrem Geschäftsmodell immanent. Statt die Möglichkeit anzubieten, die Karte in einem der Läden abzugeben, in denen sie ihre Leistung...

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