Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Regelungsgehalt einer Zwischenverfügung nach § 382 Abs. 4 FamFG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegenstand einer Zwischenverfügung nach § 382 Abs. 4 FamFG kann auch die Ergänzung einer unvollständigen Anmeldung sein (Präzisierung der Rechtsprechung des Senats aus 20 W 411/12).

2. Die nach § 12 Abs. 1 und 2 HGB elektronisch einzureichende Anmeldung kann nicht durch einen Patenanwalt unter Nutzung dessen qualifizierter Signatur erfolgen, da dieser nicht zur Fertigung einer elektronisch beglaubigten Abschrift befugt ist.

3. Bei der Anmeldung der Zweigniederlassung einer unter Geltung des Companies Act 2006 gegründeten englischen private company limited by share, die keine von den model articles nach englischem Recht abweichende articles of association beschlossen hat, für die also von Gesetzes wegen die model articles gelten, kann das Registergericht nicht die Vorlage des englischen Textes dieser model articles verlangen und damit auch keine entsprechende Übersetzung.

4. Das Registergericht kann aber die Vorlage einer beglaubigten Abschrift nebst Übersetzung in die deutsche Sprache des memorandum of association dieser Limited verlangen.

5. In der Anmeldung der betreffenden Zweigniederlassung ist als im deutschen Handelsregister der Zweigniederlassung einzutragendes Stammkapital das von den Gesellschaftern der Limited gezeichnete Kapital (issued shares capital) anzumelden.

6. In der Anmeldung der betreffenden Zweigniederlassung ist eine Versicherung nach § 8 Abs. 3 GmbH darüber abzugeben, wer im Falle einer erfolgten Belehrung über die unbeschränkte Auskunftspflicht diese Belehrung tatsächlich vorgenommen hat. Dabei reicht die Belehrung durch einen Rechtsanwalt aus. Das Erfordernis der Belehrung entfällt nicht für einen Patentanwalt; auf innere Kenntnisse eines zu Belehrenden oder gar eine "Selbstbelehrung" kann es dabei nicht ankommen.

 

Normenkette

FamFG § 382 Abs. 4; HGB §§ 12, 13g Abs. 2-3; GmbHG § 8 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 11.06.2014; Aktenzeichen 72 AR 692/14)

 

Tenor

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Registergericht entgegen Ziffer 2) der Zwischenverfügung vom 11.06.2014, soweit dort um die Vorlage einer öffentlich beglaubigten Abschrift des Gesellschaftervertrages nebst Übersetzung gebeten worden ist, nicht die Vorlage von unverändert von der Beschwerdeführerin als Satzung (constitution) übernommenen model articles nach den Companies (Model Articles) Regulations 2008 in beglaubigter Abschrift nebst Übersetzung verlangen kann.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Verfahrens der Beschwerde zu tragen.

Der Geschäftswert für das Verfahren der Beschwerde wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Erstanmeldung der Zweigniederlassung der Beschwerdeführerin vom 12.03.2014, auf die nebst Anlagen Bezug genommen wird (Bl. 65 ff der Akte). Am Ende der Anmeldung wird darauf hingewiesen, dass die Gesellschaft, also die Beschwerdeführerin, "unter Nutzung der Model Articles nach Maßgabe von Schedule 2 der Companies Model Articles 2008 errichtet worden" sei.

Ausweislich des eingereichten certificate of incorporation (Bl. 81 der Akte) handelt es sich bei der Beschwerdeführerin um eine privat company limited by shares nach englischem Recht.

Nach Eingang der Anmeldung hat das Registergericht zunächst unter dem 02.04.2014 (Bl. 3 der Akte) unter anderem darauf hingewiesen, dass gemäß § 13 g Abs. 2 HGB der Anmeldung der Gesellschaftsvertrag in öffentlich beglaubigter Abschrift und übersetzter Form beigefügt werden müsse; gemäß § 13 g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG fehle die Angabe der Höhe des Stammkapitals und der Tag des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages und des Weiteren fehle bei der Anmeldung der Signaturvermerk gemäß § 39 a Beurkundungsgesetz.

Mit Schriftsatz vom 09.05.2014 (Bl. 10 f der Akte) haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin demgegenüber im Wesentlichen dargelegt:

1. Nach einem Urteil des OLG Hamm vom 04.01.2011 (Az. 15 W 270/10) sei die Vorlage des Gesellschaftsvertrages in diesem Fall nicht erforderlich, weil in der hiesigen Anmeldung auf die Mustersatzung nach "Table A" der Companies Regulations 1985 Bezug genommen worden sei. Diese seien gesetzestechnisch dem englischen Gesellschaftsrecht vergleichbar einer Rechtsverordnung beigegeben. "Table A" enthalte mithin ausländische Rechtsvorschriften, deren Feststellung dem Registergericht im Rahmen seiner Amtspflicht obliege. Gerne werde das memorandum and articles of association vom 30.10.2013 zur Kenntnisnahme beigefügt.

2. Die Einbringung eines Stammkapitals sei nach englischem Recht im Falle einer Limited nicht erforderlich. Das Abschlussdatum des Gesellschaftsvertrages sei gleichzusetzen mit dem Tag der Eintragung in das Register des Companies House.

3. Die Dokumente seien mit einer qualifizierten Signatur übersandt worden. Ferner sei fraglich, inwieweit § 39 a Beurkundungsgesetz in di...

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