Leitsatz (amtlich)

1. Die Eintragung der ehemaligen Organisationen auf Kreis- und Ortsebene des Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) auf Kreis- und Ortsebene (§§ 1, 2 der Verordnung über das Kleingarten- und Siedlungswesen und die Kleintierzucht vom 3.12.1959 – GBL DDR I 1960, S. 1) als rechtsfähige Vereine nach § 22 Abs. 1 des Vereinigungsgesetzes der DDR vom 21.2.1990 (GBl. DDR I, S. 75) hat zu einem identitätswahrenden Formwechsel geführt. Die von den ehemaligen Verbänden mit den Räten der Kreise und Gemeinden abgeschlossenen Verträge über die Nutzung von Bodenflächen zur Erholung bestanden mit den Vereinen fort. Die Beschlussfassungen auf Verbandsebene, insb. die auf dem Hauptverbandstag des VKSK vom 27.10.1990, haben an dieser gesetzlichen Rechtsfolge nichts geändert.

2. Mit dem In-Kraft-Treten des SchuldRAnpG zum 1.1.1995 ist der Grundstückseigentümer nach § 8 Abs. 2 SchuldRAnpG in die zwischen den örtlichen Räten und den ehemaligen Kreis- oder Ortsverbänden des VKSK abgeschlossenen (Zwischenpacht-)Verträge eingetreten.

3. Die vom allgemeinen Miet- und Pachtrecht abweichende Bestimmung in § 30 Abs. 2 SchuldRBerG dient ausschließlich dem Schutz der unmittelbar Nutzungsberechtigten. Der gesetzlich angeordnete Eintritt des Grundstückseigentümers in den Vertrag mit den unmittelbar Nutzungsberechtigten nach § 30 Abs. 2 SchuldRAnpG tritt daher nicht ein, wenn die unmittelbar Nutzungsberechtigten die Nutzung der Bauwerke und der ihnen überlassenen Grundstücke seit langem aufgegeben haben und es sich bei den Bauwerken um halbfertige Ruinen handelt. Der Grundstückseigentümer kann in solch einem Fall bei Beendigung des Zwischenpachtvertrages nach § 556 Abs. 1 BGB a.F. die Herausgabe und Räumung vom Zwischenpächter verlangen.

 

Verfahrensgang

LG Bautzen (Urteil vom 31.07.2002; Aktenzeichen 4 O 920/01)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Bautzen vom 31.7.2002, Az.: 4 O 920/01, aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das von der Klägerin gepachtete Flurstück der Gemarkung … in einer Größe von 2,07 ha geräumt und in den alten Zustand versetzt an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt vom Beklagten unter Beseitigung von Aufbauten die Beräumung und Herausgabe des Grundstücks Flurstück … der Gemarkung … in einer Größe von 2,07 ha.

Die Klägerin ist die Tochter und alleinige Erbin des Erblassers J.F. (fortan: Erblasser), ehemals wohnhaft in …, der Eigentümer des o.g. Grundstücks war. Nachdem der Erblasser seine Zustimmung zum Abschluss eines Nutzungsvertrages (Anlage K 1 – Bl. 24, 25 d.A.) verweigert hatte, erklärte der Rat des Kreises … am 3.11.1987 den zwischen ihm und dem Erblasser geschlossenen Vertrag über die landwirtschaftliche Nutzung der streitgegenständlichen Bodenfläche gem. den Bestimmungen der GVVO für rechtswirksam. Anschließend übergab der Rat der Gemeinde … mit einer Vereinbarung ohne Datum (Anlage K 2 – Bl. 26, 26R d. A.), genehmigt am 18.3.1988 durch den Rat des Kreises …, Abteilung Land- und Nahrungsgüterwirtschaft, das Grundstück dem Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter Kreisvorstand … (fortan: VKSK) zur Errichtung von Kleingartenanlagen. Der VKSK überließ seinerseits das Grundstück an Mitglieder der Kleingartensparte …, die anschließend damit begannen, ohne Bauzustimmung des Rates der Gemeinde … Gartenlauben bzw. Wochenendhäuschen – zum Teil mit voller Unterkellerung – zu errichten. Die Mitglieder sind zwischenzeitlich unbekannt verzogen oder an einer Nutzung der auf dem streitbefangenen Grundstück befindlichen Baulichkeiten nicht mehr interessiert.

Mit Schreiben vom 3.7.1990 sprach der Rat der Gemeinde … einen Baustopp aus. Mit Schreiben vom 18.9.1990 verfügte das Landratsamt … einen Baustopp für alle auf dem streitgegenständlichen Grundstück begonnenen Vorhaben sowie ein Verbot der Nutzung für die fertig gestellten Vorhaben.

Im Jahre 1990 hat sich der Beklagte als Rechtsnachfolger der Fachrichtung „Kleingärtner der Kreisorganisation … des VKSK” im Vereinsregister nach dem Gesetz über Vereinigungen – Vereinigungsgesetz – vom 21.2.1990 (GBl. DDR I, S. 75), geändert durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Vereinigungen – Vereinigungsgesetz – vom 22.6.1990 (GBl. DDR I, S. 470 und S. 546) registrieren lassen. Im Bereich des Landkreises … war er der einzige Verein, der in diesem Jahr auf Kreisebene gegründet wurde. Aus der Kleingartensparte … ist der Verein Wochenendsiedlersparte … e.V. hervorgegangen. Mit Beschluss des außerordentlichen Verbandstages vom 27.10.1990 beschloss der Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (fortan: VKSK) seine eigene Auflösung, nachdem s...

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