Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlasspflegschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Stundensätze des § 1 Abs. 1 BVormVG haben den Charakter einer Orientierungshilfe und einer Mindestvergütung auch für die Vergütung des Nachlasspflegers bei vermögendem Nachlass (Anschluss an BGH, Beschluss vom 31.08.2000, NJW 2000, 3709 = M 2001, 91).

2. Sie sind jedoch als Mindestvergütung nicht im Regelfall angemessen, sondern nur im Falle der einfachen Nachlassabwicklung (Abgrenzung zu BGH, a.a.O.).

3. Im Falle eines nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG qualifizierten Nachlasspflegers eines vermögenden Nachlasses sind im Beitrittsgebiet Stundensätze von 54 DM (ab 01.01.2002 27,9 Euro) für die einfache, von 67,5 DM (ab 01.01.2002 34,2 Euro) für die mittelschwere und von 81 DM (ab 01.01.2002 41,4 Euro) für die schwierige Nachlassabwicklung regelmäßig angemessen.

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Höhe der Stundensätze ist unter Berücksichtigung der Kriterien aus § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen. Maßgeblich sind danach Umfang und Schwierigkeit der Pflegschaft. Der Umfang der Pflegschaft wird im Rahmen der Stundenvergütung wesentlich durch die Anzahl der zu vergütenden Stunden berücksichtigt. Die Schwierigkeit schlägt sich dagegen in erster Linie im Stundensatz nieder.

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 2, §§ 1915, 1960

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Beschluss vom 29.11.2001; Aktenzeichen 2-T-0938/01)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts Dresden, 2. Zivilkammer, vom 29.11.2001 (Az: 2 T 938/01) wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Geschäftswert wird auf 1.791,75 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Beteiligte zu 1) begehrt die Festsetzung einer höheren Vergütung für die von ihm ausgeführte Nachlasspflegschaft.

Am 29.02.2000 verstarb die am 01.07.1923 geborene Erblasserin I … G … F … geb. D … in F …. Sie hatte keine testamentarische Verfügung getroffen, war verwitwet, kinderlos und hatte keine Geschwister. Von den gesetzlichen Erben war zunächst nur die Beteiligte zu 2) bekannt, eine Cousine der Erblasserin. Die weiteren bekannten Informationen bezogen sich auf die Großeltern der Erblasserin mütterlicherseits, W … und B … J …, welche beide bereits vorverstorben waren. Diese hatten zwei Kinder, nämlich die Schwestern M … D …, die Mutter der Erblasserin, und E … F …, die Mutter der Beteiligten zu 2), welche beide bereits vorverstorben waren. Die Beteiligte zu 2) hatte einen Bruder, W … F …, der aber ebenfalls bereits vorverstorben war. Er hatte zwei Kinder hinterlassen, deren Aufenthalt allerdings unbekannt war.

Mit Beschluss vom 17.04.2000 ordnete das Amtsgericht – Nachlassgericht – Dippoldiswalde die Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie Ermittlung der Erben an und bestellte den Beteiligten zu 1) zum Nachlasspfleger. Der Beteiligte zu 1) löste die Konten der Erblasserin auf und erstellte am 11.05.2000 ein Nachlassverzeichnis. Der Nachlass hatte nach Abzug der Verbindlichkeiten einen Wert von 48.233,44 DM. Der Beteiligte zu 1) ermittelte ferner die Beteiligten zu 3) und 4), die Kinder von W … F …, als weitere Erben der Erblasserin. Über die Existenz weiterer Abkömmlinge der Großeltern der Erblasserin väterlicherseits, Friedrich W … A … und H … M … E … D …, neben dem Vater der Erblasserin, W … H … H … D …, wurde trotz der Nachforschungen des Beteiligten zu 1) nichts bekannt. Aufgrund Verfügung des Nachlassgerichtes vom 05.02.2001 erging deshalb eine öffentliche Aufforderung an mögliche Abkömmlinge der Großeltern der Erblasserin, sich beim Nachlassgericht zu melden, die am 14.02.2001 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Nachdem sich niemand meldete, hob das Nachlassgericht mit Beschluss vom 04.04.2001 die Nachlasspflegschaft auf und erteilte am selben Tage einen gemeinschaftlichen Erbschein, nach welchem die Erblasserin von der Beteiligten zu 2) zu 1/2 und von den Beteiligten zu 3) und 4) zu je 1/4 beerbt worden ist.

Mit Schriftsatz vom 29.05.2001 beantragte der Beteiligte zu 1) beim Nachlassgericht die Festsetzung einer Vergütung von 5.289,60 DM und einer Auslagenerstattung i.H.v. 271,32 DM, was einem Gesamtbetrag von 5.560,92 DM entspricht. Die beantragte Vergütungshöhe ergab sich aus einem Stundensatz von 160,00 DM bei 28,5 Stunden geleisteter Tätigkeit zzgl. Mehrwertsteuer. Das Nachlassgericht setzte die Vergütung und die Auslagenerstattung mit Beschluss vom 01.06.2001 antragsgemäß auf 5.560,92 DM fest. Gegen diesen Beschluss erhoben die Beteiligten zu 2) bis 4) mit am 21.06.2001 eingegangenem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 20.06.2001 sofortige Beschwerde, mit welcher sie sich gegen die festgesetzte Vergütung sowohl im Hinblick auf den zugrunde gelegten Zeitaufwand als auch bezüglich des angesetzten Stundensatzes wendeten.

Das Landgericht gab der Beschwerde nach Anhörung des Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 29.11.2001 überwiegend statt. Es setzte f...

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