Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollwertige, insolvenzfeste Sicherung einer Darlehensforderung durch sicherungsübereignete Gebrauchtfahrzeuge

 

Leitsatz (amtlich)

1. Behauptet der Anfechtungsgegner einer Insolvenzanfechtung, seine Forderungen auf Ratenzahlung gegen den Insolvenzschuldner seien vollwertig und insolvenzfest gesichert gewesen, weil die mit dem Darlehnsvertrag finanzierten Gebrauchtfahrzeuge an ihn sicherungsübereignet worden seien, so muss, wenn der Insolvenzverwalter für einen bestimmten Zeitpunkt den ihm obliegenden Beweis der Zahlungseinstellung geführt hat, der Anfechtungsgegner darlegen und beweisen, dass der Wert der sicherungsübereigneten Fahrzeuge zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlungen die Summe aus allen noch offenen Darlehensraten, der Pauschale gemäß § 171 InsO und der Umsatzsteuer erreicht hat. Ist die Sicherheit nicht vollwertig, kann es zu einer mittelbaren Benachteiligung weiterer Gläubiger kommen.

2. Der Anfechtungsgegner hat Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz eines Insolvenzschuldners, wenn dieser mit den Zins- und Tilgungsleistungen auf alle acht mit zwischen ihm und dem Anfechtungsgegner abgeschlossenen Darlehensverträge in einem Zeitraum von zwei Jahren fortlaufend und in der Höhe variierend, aber nie den Rückstand aufholend in Verzug ist und der Anfechtungsgegner weiß, dass der Insolvenzschuldner unternehmerisch tätig ist.

 

Normenkette

InsO § 17 Abs. 2, §§ 17, 133 Abs. 1; InsO a.F. § 133; InsO § 171

 

Verfahrensgang

LG Braunschweig (Urteil vom 15.06.2021; Aktenzeichen 8 O 5071/20)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 15.06.2021 - 8 O 5071/20 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 42.184,14 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.12.2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Rechtsstreits I. Instanz trägt die Beklagte.

Dieses und das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Braunschweig, soweit dieses aufrechterhalten worden ist, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des Berufungsrechtszuges wird auf 43.860,84 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn C. R. (im Folgenden: Insolvenzschuldner) von der Beklagten die Rückzahlung von Darlehensraten, die der Insolvenzschuldner an die Beklagte auf acht Darlehensverträge für den Zeitraum vom 11.07.2016 bis zum 16.04.2018 in Höhe von insgesamt 43.860,84 EUR geleistet hatte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands I. Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (S. 2 - 5 = Bl. 697R - 699 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage vollumfänglich abgewiesen. Dabei hat es die übrigen Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung des §§ 133 Abs. 2 InsO dahinstehen lassen, weil die Beklagte die Gläubigerbenachteiligung und einen etwaigen entsprechenden Vorsatz des Insolvenzschuldners jedenfalls nicht gekannt habe. Zweifelhaft sei bereits, ob überhaupt eine Gläubigerbenachteiligung des Insolvenzschuldners vorliege, weil der Insolvenzschuldner die finanzierten Fahrzeuge in seinem Fuhrpark benötigt habe, um sein Unternehmen fortzuführen. Ob der Insolvenzschuldner zu dem Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen gewusst habe, dass sein Unternehmen gegebenenfalls unrentabel gewesen sei, sei unklar.

In jedem Fall fehle es aber an der Kenntnis der Beklagten von einem etwaigen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Die Beklagte habe aufgrund der Sicherungsübereignung der acht Fahrzeuge an sie und die S. Bank von einer umfassenden insolvenzfesten Sicherung ihrer Forderungen ausgehen dürfen. Anhaltspunkte dafür, dass die Fahrzeuge deutlich weniger wert gewesen seien als die vereinbarten Kaufpreise, gebe es nicht. Zudem habe der Insolvenzschuldner regelmäßig die Darlehensraten gezahlt, sogar überwiegend pünktlich und nur teilweise verzögert. Dies jedoch häufig immer um einen Monat zeitversetzt und damit durchaus in einer gewissen Regelmäßigkeit, sodass letztlich häufig nur eine Rate gefehlt habe. Dadurch seien die offenen zurückzuzahlenden Beträge kontinuierlich geringer geworden, sodass den - sicher auch im Laufe der Zeit geringeren - Fahrzeugwerten geringere noch offene Forderungen der Beklagten und der S. Bank gegenübergestanden hätten. Die Beklagte und die S. Bank hätten die Zahlungen vom Insolvenzschuldner damit in dem Bewusstsein entgegennehmen können, diese ebenso durch die Verwertung des jeweils sicherungsübereigneten Fahrzeugs erzielen zu können.

Wegen der weiteren Einzelheiten de...

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